Bischof im Wahlkampf gegen den Unglauben

In Australien stehen am 21. August Parlamentswahlen bevor. Die regierende Australian Labor Party hat am 24. Juni 2010 ihre Führung gewechselt, statt Kevin Rudd ist nun Julia Gillard Premierministerin. Die Wahlen wurden von ihr initiiert, um für diesen Wechsel auch die Zustimmung der Wählerschaft einzuholen. Australien ist religiös vielfältig, aber hauptsächlich christlich. Etwas mehr als ein Viertel ist katholisch, je 20 % sind anglikanisch oder auf andere Weise protestantisch, knappe 4 % gehören anderen Religionen an und die relative Mehrheit von knappen 30 Prozent ist religiös ungebunden und/oder desinteressiert. Julia Gillard bekennt sich zu diesen Glaubenslosen: "Ich werde nicht vorgeben, einen Glauben zu haben, den ich nicht empfinde, ich meine, das größte Kompliment, das ich gläubigen Menschen machen kann, ist, die von ihnen für wahr gehaltenen Überzeugungen zu respektieren und nicht so zu tun, als hätte ich selbst welche." Ihr fehlt somit die christkatholische Grundtugend, denn sie heuchelt nicht!


das katholische Feindbild: die atheistische Julia Gillard

Das rief den Zorn des Herrn Erzbischofs Barry Hickey von der Diözese Perth in Westaustralien hervor. Im üblich katholisch-heuchlerischen Tonfall meinte er, dass er sich über die Zukunft Sorgen mache, wenn der Säkularismus in der Gesellschaft weiter zunähme. Gläubige Menschen sollten die Werte, d.h. die fundamentalen christlichen Werte bedenken, also gegen die Fristenlösung sein und für die "Heiligkeit der Ehe", außerdem auch für "soziale Gerechtigkeit" (das sind scheinbar die Sozialdemokraten nicht, zumindest nach katholischer Bischofsmeinung). In diesen Bereichen fühlen sich die Christen von beiden großen Parteien Australiens nicht angemessen vertreten, so dass der Erzbischof gläubige Menschen ermutigt, politisch aktiv zu werden und von ihrem Mitspracherecht in der Politik Gebrauch zu machen.

Bei den letzten Wahlen 2007 hatte die Labour Party 53 % der Stimmen erhalten, auf die vorher regierenden Koalitionsparteien entfielen 46 %. Der jetzige Oppositionsführer Tony Abbott von der Liberal Party ist praktizierender Katholik.

Da es auch in Australien nicht mehr üblich ist, die Pfarrer sonntags von der Kanzel Wahlempfehlungen predigen zu lassen, muss der Herr Erzbischof seine Wahlempfehlung als keine Wahlempfehlung präsentieren. Aber heucheln, das können sie ja, die katholischen Kleriker: Die derzeitige Premierministerin wolle er nicht angreifen, "weder ich noch die Priester sprechen mit den Menschen über die Bundeswahl, weil jede Andeutung der Bevorzugung einer bestimmten Partei die Gemeinden spalten würde. Es gibt kirchliche Lobbys, vor allem in Sydney und Canberra, welche beide großen Parteien mahnen, die Aktivitäten der Kirche zu schützen (..). Für viele Menschen wird die Religion jedoch ein Faktor sein. Viele Christen machen sich Sorgen, dass jemand, der nicht an Gott glaubt, den christlichen Traditionen nicht beipflichten könnte (..). Ich habe nicht die Absicht, die Stimmabgabe der Katholiken zu beeinflussen, doch es wird interessant werden, wie wichtig die Religion beim derzeitigen Klima sein wird."

Direkte Empfehlungen für heftig katholisch Eingestellte gibt's zusätzlich: "In den letzten Jahren sahen wir eine ausgeprägte politische Aktivität von Seiten christlicher Gruppen durch relative kleine Parteien, weil sie sehen, dass die großen Parteien ihre Belange hinsichtlich der Thematik des menschlichen Lebens, der menschlichen Sexualität, der Ehe und Gerechtigkeit nicht angemessen vertreten. Ich kann nur dazu raten, Menschen mit starken religiösen Überzeugungen nahe zu legen, politisch aktiv zu sein, um sicherzustellen, dass ihre Ansichten von allen Parteien ernst genommen werden. Gläubige Menschen haben genauso ein Mitspracherecht wie alle anderen Bürger."

Was also heißt, Katholiken sollten die Opposition wählen oder - noch besser - strengkatholische Kleinparteien. Aber Wahlempfehlung ist das keine. Man kann auf das Wahlergebnis gespannt sein, hat heutzuatge die Einmischung eines katholischen Bischofs einen Effekt? Und schadet es, wenn die Spitzenkandidatin einer Partei bekennende Ungläubige ist?