(erstellt am 17.1., am 18., 19.1. und 20.1. ergänzt, siehe unten)
Dublin - Der Vatikan soll sich laut einer neuen Dokumentation in den 90er Jahren direkt in Untersuchungen der Irischen Bischofskonferenz zu Kinderschändungsfällen eingeschaltet. Anzeigen gegen pädo-kriminelle Priester verhindert haben. Die Sendung von Irlands öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalt RTE, die an diesem Montagabend ausgestrahlt wird, berichtet über einen Brief aus dem Jahr 1997. Darin seien die irischen Bischöfe angehalten worden, Missbrauchstäter nicht der Polizei zu übergeben. Laut Meldung der RTE enthält dieser Brief eine Drohung, dass sich Rom auf die Seite der Angeklagten stellen werde, falls die Bischöfe ihre Kinderschutzrichtlinien durchsetzten und sich der betroffene Priester an den Vatikan wende. Damit, so urteilt der Sender, habe Rom "die Interessen der Priester über die der Kinder gestellt". Näher bezeichnet sind die betreffenden Stellen im "Vatikan" beziehungsweise in "Rom" nicht. Die Tageszeitung "Irish Examiner" berichtet, der Vatikan habe sich zudem mindestens zweimal direkt in die Untersuchungen der Bischöfe eingeschaltet und Versuche unterbunden, Kinderschänder aus dem Amt zu verstoßen.
Der 1997 verantwortliche Papst hieß Karol Wojtyla, alias "Johannes Paul II." und soll am 1. Mai 2011 "selig" gesprochen werden. Eine "Seligsprechung" ist laut Wikipedia nach dem Kirchenrecht der römisch-katholischen Kirche die feierliche Erklärung, dass ein verstorbener Christ von Gott in die Schar der Seligen aufgenommen worden ist. Die Seligsprechung wird bei Menschen angewandt, die ein besonders vorbildhaftes christliches Leben geführt haben.
Die obige Meldung aus Irland wurde von einer ganzen Reihe von Medien übernommen und
weiterverbreitet. Beispielsweise Presse, Süddeutsche,
ORF, Heute
usw.
Am 17. 1. war vorerst auch auf der Site der katholischen Nachrichtenagentur
kathpress ein entsprechender Text zu finden. Dann war die Meldung Nr. 37004
plötzlich leer. Hier ein Google-Screenshot mit dem Link und daneben das
was auf kathpress zu sehen war:
Eine
aufschlussreiche kathpress-Meldung!
Das Thema ist sehr rasch wieder aus den Medien verschwunden. Im Irish
Examiner erschien die Story am 17.1., wie oben angeführt wurde sie dann
in verschiedenen Medien nachgedruckt. Die voreilige Wiedergabe auf kathpress
wurde zurückgenommen, seither konnte kein Medium aus dem katholischen Bereich
ermitteln werden, das zu diesem Thema irgendeine Aussage getätigt hätte.
Man
setzt auf die bewährte Taktik: wir sagen nichts und fragen wird uns schon
keiner. Und bis zum 1. Mai ist alles vergessen, der mutmaßliche (es gilt die
Unschuldsvermutung) Schutzpatron klerikaler Kinderschänder kann selig gesprochen
werden. So macht man das auf katholisch. Hallelujah.