Presseaussendung des Zentralrates der Konfessionsfreien:
Die für Mai geplante parlamentarische Enquete zum Ethikunterricht für
alle SchülerInnen, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, wird ohne VertreterInnen
der zwei Millionen Konfessionsfreien stattfinden. Das geht aus der aktuellen
Tagesordnung hervor, die der Zentralrat der Konfessionsfreien am Dienstag erhalten
hat. Konfessionsfreien-Vorsitzender Heinz Oberhummer fühlt sich "vor den
Kopf gestoßen" und spricht von einer Farce.
Am 4. Mai will der
Nationalrat den Weg freimachen für einen verpflichtenden Ethikunterricht für
alle SchülerInnen, die nicht am konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen.
An diesem Tag soll eine parlamentarische Enquete stattfinden, bei der - beinahe
wörtlich - Gott und die Welt eingeladen sind, ihre Meinung zu sagen. "Jede
gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaft darf zwei Vertreter hinschicken",
sagt Heinz Oberhummer, Vorsitzender des Zentralrats der Konfessionsfreien. Der
Zentralrat versteht sich als Sprachrohr für die etwa zwei Millionen ÖsterreicherInnen,
die keiner Konfession angehören. "Dazu kommen der Katholische Familienbund
und der Theologe Karl Heinz Auer, der Lehrbücher und -pläne für den Ethikunterricht
schreibt, wo viel über Religion drin steht und wenig über Demokratie. Nicht
zu vergessen der Vorzeige-Wissenschaftler der katholischen Kirche, Paul Zulehner,
dazu kommt ein Vertreter der konfessionellen Pädagogischen Hochschulen. Macht
mindestens 32 Religionsvertreter bei der Enquete." Nur die Betroffenen
lasse man nicht zu Wort kommen. "Die Kinder, die ein solcher Unterricht
am meisten betreffen würde, sind die Kinder konfessionsfreier Eltern. Aber die
Konfessionsfreien dürfen trotz zahlreicher Anfragen keinen Vertreter hinschicken."
Das
habe man in letzter Minute erfahren. "Vorher haben einige politische Fraktionen
so getan, als ob es für uns vielleicht doch einen Platz gebe. Man hat uns gesagt:
Ihr seid die Betroffenen, natürlich müsst auch ihr angehört werden. Und jetzt
das. Ich fühle mich ehrlich gesagt vor den Kopf gestoßen. Der verpflichtende
Ethikunterricht soll offenbar über die Betroffenen hinweg einfach durchgepeitscht
werden." Für ihn sehe die Tagesordnung so aus, als hätte sie das Erzbischöfliche
Ordinariat in Wien geschrieben. "Es kann ja kein Zufall sein, dass diverse
katholische Vorfeldorganisationen in den vergangenen Wochen Druck für den Ethikunterricht
für Kinder gemacht haben, die nicht am konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen
- und dann sieht die Tagesordnung so aus", zeigt sich Oberhummer empört.
"Das zeigt für uns eindeutig: Der Ethikunterricht soll ein Religionsunterricht
für nicht getaufte Kinder durchs Hintertürl sein."
Das würden auch
die bisherigen Beispiele aus dem Schulversuch belegen: "Die Lehrbücher
werden von katholischen Theologen geschrieben, ReligionslehrerInnen mit Schnellsiedeausbildung
treten als EthiklehrerInnen auf und nebenbei wird so getan, als sei jeder, der
keinen konfessionellen Religionsunterricht besucht hat, nicht zu moralischem
Handeln fähig. Das ist beleidigend und undemokratisch."
Oberhummer sieht in der Vorgangsweise eine Bestätigung, dass das Volksbegehren
gegen Kirchenprivilegien notwendig ist: "Der staatlich finanzierte
Religionsunterricht reicht offenbar nicht. Jetzt soll ganz offen der Einfluss
der Religionsgemeinschaften auf das Bildungswesen weiter ausgedehnt werden",
sagt Oberhummer, der das Volksbegehren mitinitiiert hat. "Das allein zeigt,
wie notwendig eine saubere Trennung von Staat und Religion ist."