Am 28. Mai 2011 fand in Malta eine Volksabstimmung darüber statt, in Malta
als letztem Staat in Europa ein staatliches Scheidungsrecht einzuführen. Die
Bevölkerung wurde befragt, ob es hinkünftig gesetzlich möglich sein soll, dass
Ehen geschieden werden, wenn die Eheleute seit mindestens vier Jahren getrennt
leben.
Dass diese Möglichkeit in Malta bisher nicht besteht, hat
seinen Grund darin, dass das Land von 1530 bis 1798 in der Hand des Malteser
Ritterordens war, dass das Land immer noch zu 95 Prozent katholisch ist (Staatsreligion!)
und die katholische Kirche ihre religiöse Dominanz bis heute auch im weltlichen
Leben umzusetzen vermag.
Bekanntlich ist die katholische Kirche der Meinung,
die Ehe wäre ein katholisches Sakrament, das die Eheleute sich gegenseitig spenden,
die Ehe würde vor Gott geschlossen und was Gott verbunden habe, dürfe der Mensch
nicht trennen. In der Praxis bedeute das: in Malta hatte die kirchliche Eheschließung
weltliche Wirkung, Ehen waren unauflöslich.
Die Initiative, ein weltliches
Scheidungsrecht einzuführen, stieß auf den militanten Widerstand der katholischen
Kirche, die dazu sogar ihren Jesus in die Abstimmungszellen schickte, denn Jesus
blicke den Abstimmenden über die Schulter und wer für die Ehescheidung sei,
sündige schwer. Noch zwei Wochen vor der Abstimmung hatte Bischof Grech gehetzt:
wer für die Ehescheidung stimme, stehe nicht in Gemeinschaft mit der Lehre Christi,
sei nicht in Gemeinschaft mit der Kirche und könne die Heilige Kommunion nicht
empfangen. Außerdem meinte der Bischof, es seien "Räuber unter uns, welche
jedes mögliche Mittel benutzen, um die Herde zu zerstreuen", jetzt ginge
es um die Ehe, doch dann werde anderes folgen.
Überall
wurden Plakate geklebt "Christus ja - Scheidung nein"
Trotzdem nahmen am 28. 5. rund 72 % der Stimmberechtigten teil, die Stimmenauszählung
am 29. Mai brachte eine Mehrheit von 53 % Stimmen für ein neues Scheidungsrecht
- obwohl Gott die Ehescheidung nicht billigt und mittels seiner Allwissenheit
die Abstimmungsentscheidungen überwachte.
Gefragt wurden die Malteser nach einer Scheidung nach dem Vorbild des ebenfalls
sehr katholischen Irlands: "Sind Sie dafür, die Option der Scheidung
im Fall eines verheirateten Paares einzuführen, das mindestens vier Jahre getrennt
lebt, wenn keine vernünftige Hoffnung auf Versöhnung zwischen den Eheleuten
besteht, sofern der angemessene Unterhalt garantiert ist und die Kinder geschützt
sind?"
Wie üblich heuchelte man katholischerseits als die katholische
Niederlage absehbar war: Unmittelbar nach Schließung der Wahllokale entschuldigten
sich die Bischöfe, sollten Kirchenmitglieder in der Debatte jemanden verletzt
haben. Man befürchtet wohl, diese Niederlage könne die Machtposition der katholischen
Kirche auch in anderen Fragen aufweichen.
Nicht nur für die Malteser,
auch für das säkulare Europa ist diese Abstimmung ein Erfolg, eine der letzten
vormodernistischen katholischen Bastionen hat eine Delle erhalten!