Da hat die Türkei noch einmal Glück gehabt. Es sind keine ungarischern
Verhältnisse eingetreten, die islamische AKP hat bei den Parlamentssitzen keine
Zweidrittelmehrheit erlangt. Sie bekam knapp 50 % der Stimmen, aber verfehlte
mit 327 von 550 Sitzen die Zweidrittelmehrheit (367) deutlich, die kemalistisch-sozialdemokratische
Republikanische Volkspartei (CHP) konnte sich auf 26 % der Stimmen verbessern,
die nationalistische MHP kam auf 13 %, die Kurden erreichen durch Direktkandidaturen
36 Sitze.
Die AKP hat es durch eine zeitgemäße Wirtschaftspolitik erreicht,
dass die Türkei seit einigen Jahren prosperiert, die Wirtschaft wächst, die
Einkommen steigen zwar besonders für die Reichen, aber auch die breite Masse
konnte ihren Lebensstandard aufbessern. Man könnte die Politik von AKP-Chef
Erdogan vielleicht mit der Politik des seinerzeitigen Wiener Bürgermeisters
Lueger vergleichen, der sich als Christlichsozialer ebenfalls einer religiös
unterfütterten Partei bediente und durch massenwirksame Maßnahmen große Erfolge
bei den Wählern errang.
Erdogan hat Pläne bis 2023, mit einer Zweidrittelmehrheit könnte er
eine Verfassung beschließen, welche dem Land statt des Regierungschefs einen
machtvollen Präsidenten gibt, er könnte die kemalistischen Grundsätze des Landes,
die Trennung von Staat und Religion aufheben lassen. Was jetzt doch nicht so
einfach gehen wird. Außer irgendeine der Oppositionsparteien ist dumm genug,
für irgendwelche Zugeständnisse Erdogans Macht und Herrlichkeit, seine autoritären
Bestrebungen zu fördern und die säkularen kemalistischen Reformen beseitigen.