Wie verschiedene Medien am 26. und 27. Juni 2011 berichten, wird Kardinal
Schönborn vorgeworfen, im Jahre 1994 Missbrauchsvorwürfen gegen den Leiter der
"Missio Austria" und einen weiteren Priester nicht nachgegangen zu
sein. Eine Frau hatte sich an den damaligen Weihbischof Schönborn gewandt
(Erzbischof war ja damals noch der später als Kinderschänder entlarvte Groër).
Sie sei von den beiden Priestern belästigt und missbraucht worden, erzählte
die heute 45jährige Frau, im Ö1-Interview sagt sie: "Ich habe ihn im Zuge
des Gesprächs auch die Telefonnummer dieses Priesters gegeben und ihn gebeten,
er soll diesen direkt anrufen und mir helfen, dass er das unterbindet".
Die Vorwürfe seien nicht geprüft worden, aber die Klasnic-Kommission
bezahlte ihr eine stationäre Therapie.
Vom Sprecher Schönborns wird die
Vorsprache von 1994 als "Beichtgespräch" bezeichnet, ein offenes Gespräch
über die angeblichen Vorkommnisse habe es nicht gegeben, darum sei das Beichtgeheimnis
zu beachten gewesen.
Was sich einigermaßen seltsam anhört, es ging
ja nicht um gebeichtete Sünden der Frau, sondern um Vorwürfe gegen Kleriker.
Der Sprecher weiter: Man könne aber davon ausgehen, dass Schönborn bei schwerwiegenden
Vorwürfen, tätig geworden wäre, um weitere Vergehen zu verhindern. Der Hätti-Wari
und der Hätti-Täti als Bischof. Aber getan hat er offenbar nichts.
Das mutmaßliche Opfer bestreitet, dass es ein Beichtgespräch gewesen wäre,
und erstattete nunmehr Anzeige wegen sexueller Nötigung.
Leo Maasburg, der
beschuldigte Leiter von Missio Austria, weist alle Vorwürfe zurück und spricht
von jahrelangem "Stalking" und einem psychisch labilen Zustand der
Frau, wobei er sich auf ein in seinem Besitz befindliches Gutachten beruft.
Der beschuldigte Missionsdirektor war übrigens auch zeitweise der Beichtvater
von Mutter Teresa gewesen.
Der zweite Beschuldigte hat in einem
Schreiben Übergriffe zugegeben und sich entschuldigt, er ist Schulseelsorger
in Tirol und wurde am 26. 6. vom Dienst suspendiert. Der erste Vorfall
mit ihm, bei dem es zu sexuellen Berührungen gekommen sei, soll sich 1984 in
Rom beim Weltjugendtreffen zugetragen haben. Das Opfer war zu diesem Zeitpunkt
17 Jahre alt.
Die Klasnic-Kommission will jetzt den Fall weiter prüfen,
auch bezüglich einer Missbrauchsentschädigung. Da Anzeige erstattet
wurde, müssten auch die Behörden der Sache nachgehen.
Die Frau hatte ihre Darstellung bereits im November 2010 in einem Schreiben
an die Glaubenskongregation in Rom gesandt, aber bisher keinerlei Antwort erhalten.
Man kann gespannt sein, was dabei herauskommt. Wobei allerdings klar ist, dass
die angesprochenen psychische Probleme der Frau im jetzigen Stadium nicht ausgeschlossen
werden können, die Unschuldsvermutung gilt daher. Täter und Opfer sind
also bis auf weiteres mutmaßliche.
PS: Inzwischen ist der Gutachter selber
auch ins Kreuzfeuer geraten, siehe religion.orf: Missbrauch
- Aufregung um entlastendes Gutachten