Im Jänner 2009 hat der Papst die Exkommunikation der vier lefebvrianischen
Bischöfe (Piusbrüder) aufgehoben, die 1988 vom französischen Erzbischof Marcel
Lefebvre (1905-1991) illegal geweiht worden waren. Wie schnell bekannt wurde,
hatte aber einer dieser begnadigten Bischöfe, der Brite Richard Williamson,
im November 2008 in einem Interview mit dem schwedischen TV-Sender SVT bestritten,
dass die Nazis sechs Millionen jüdische Menschen ermordet haben. "Ich
denke, dass 200.000 bis 300.000 Juden in NS-Konzentrationslagern starben, aber
keiner von ihnen in Gaskammern". Der Bischof berief sich dabei auf den
amerikanischen Holocaust-Leugner, Fred Leuchter. Das Interview war drei Tage
vor der Begnadigung durch Ratzinger im schwedischen Fernsehen gesendet worden.
Williamson
hatte schon 1989 in Kanada verkündet: "(..) Dort wurden keine Juden
in den Gaskammern getötet! Das waren alles Lügen, Lügen, Lügen! Die Juden erfanden
den Holocaust, damit wir demütig auf Knien ihren neuen Staat Israel genehmigen.
(..) Die Juden erfanden den Holocaust, Protestanten bekommen ihre Befehle vom
Teufel, und der Vatikan hat seine Seele an den Liberalismus verkauft."
Wegen des in Deutschland aufgenommenen schwedischen Interviews wurde
Williamson in der Folge vom Amtsgericht Regensburg wegen "Leugnung des
Holocausts" zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro verurteilt. Nun steht
am 4.7.2011 das Berufungsverfahren an. Piusbischof Williamson bleibt
bei seinen neonazistischen Ansichten, es gehe ihm im Berufungsverfahren nicht
um einen Freispruch, sondern um das Recht, den Holocaust anzuzweifeln. Sein
nunmehriger Anwalt argumentiert, als Williamson damals während eines Aufenthaltes
in Deutschland das Interview gab, habe er nicht damit gerechnet, dass dieses
auch in Deutschland ausgestrahlt würde, in Schweden sei die Leugnung des Holocausts
nicht strafbar, daher die deutsche Justiz nicht zuständig und der Piusbischof
müsse deswegen freigesprochen werden.
Richard Williamson will das
so nicht. Er will vor dem deutschen Gericht auftreten, dass es legitim sei,
den Holocaust, die Vergasung, die Existenz von Gaskammern in Zweifel zu ziehen.
Er verlangt somit straffrei für neonazistische Agitation.
In Deutschland
fällt die Holocaustleugnung unter Volksverhetzung, § 130 des StGB , wo
es im Absatz 3 heißt: "Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit
Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus
begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten
Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich
oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost."
In Österreich
fallen solche Äußerungen unter das NS-Verbotsgesetz § 3h, demnach kann mit einer
Strafe von bis zu zehn Jahren belegt werden, "wer in einem Druckwerk, im
Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise,
dass es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord
oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet,
gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht". In vielen
Ländern, etwa in den USA, sind solche Äußerungen nicht strafbar.
Die Piusbrüder in Deutschland haben mit Bischof Williamson nicht sehr
viel
Freude, aber der Piusverein hat es bisher unterlassen, seinen mutmaßlichen Neonazi-Bischof
zur Ordnung zu rufen. Der Vatikan hatte 2009 von Williamson einen Widerruf seiner
Äußerungen verlangt, dieser kam der Aufforderung nicht nach, der Vatikan hat
weiter nichts mehr unternommen. Man kann auf das Verfahren am 4.7. gespannt
sein!
PS: Am 11.7. wurde das neue Urteil verkündet: Es wurde billiger,
nur noch 6.500 Euro Strafe wegen Volksverhetzung, Williamson will neuerlich
berufen.