Schönborn droht Kritikern

Eigentlich ist die Sache mit dem Aufruf zum Ungehorsam durch die "Pfarrerinitiative" nichts, das einen Atheisten besonders interessieren muss. Am 19. Juni 2011 hatte - wie in "Neues aus den Metawelten" vom Juni auf Seite 9 und Seite 13 zu lesen war - diese Pfarrerinitiative ihre Gesinnungsfreunde aufgefordert, u.a. Geschiedenen die Kommunion zu spenden und priesterlose Eucharistiefeier abzuhalten. Weiters wird auch die Zulassung von Verheirateten und von Frauen zum Priesterberuf verlangt.


Die Schrecksekunde nach der Veröffentlichung des Aufrufes dauerte ziemlich lang, erst rund eine Woche später meldete sich Kritik an den Forderungen, als erster Bischof durfte der von Graz (Kapellari) die ungehorsamen Hirten verbellen, Schönborn, der Leiter der österreichischen Niederlassung des katholischen Weltkonzerns schwieg weiterhin und meldete sich erst im Juli zu Wort.

Er führte dann im Online-Mitarbeitermagazin ("thema kirche") der Diözese Wien u.a. aus: "Mich erschüttert der offene Aufruf zum Ungehorsam. Wie würden in unserem Land die Familien aussehen, wenn Ungehorsam zur Tugend erhoben würde? Viele Berufstätige fragen sich, wie es möglich ist, in der Kirche den Ungehorsam zu propagieren und zu praktizieren, wo sie wissen, dass sie ihren Arbeitsplatz längst verloren hätten, wenn sie dort zum Ungehorsam aufriefen."

Klarer Fall von Gehorsamspflicht. Dass sich Berufstätige beispielsweise gewerkschaftlich organisieren, um ihre Interessen zu vertreten, das hat die katholische Kirche seinerzeit auch schon als sehr gottlos gesehen. Wenn es nach Schönborn ginge, müsste sowas auch heute mit Arbeitsplatzverlust sanktioniert werden.

Zumindest für Pfarrer, denn er führte weiter aus: "Wir Priester haben alle bei unserer Weihe aus freien Stücken, von niemandem dazu gezwungen, dem Bischof 'Ehrfurcht und Gehorsam' in die Hand versprochen (..)." Und: "Der christliche Gehorsam ist eine Schule der Freiheit. Es geht um die konkrete Übersetzung ins Leben von dem, was wir in jedem Vaterunser beten, wenn wir den Vater bitten, sein Wille möge geschehen, im Himmel und auf Erden. Diese Bitte erhält ihren Sinn und ihre Kraft durch die innere Bereitschaft des Beters, den Willen Gottes auch dort anzunehmen, wo er von den eigenen Vorstellungen abweicht."

Er kommt dann auf die Gewissensentscheidung zu sprechen und droht abschließend: "Wer also im geprüften Gewissen zur Überzeugung kommt, dass 'Rom' auf einem Irrweg ist, der gravierend dem Willen Gottes widerspricht, müsste im äußersten Fall die Konsequenz ziehen, den Weg nicht mehr mit der römisch-katholischen Kirche zu gehen."

Somit: Wer nicht tun will, was der Papst vorgibt, der soll gehen.


Der Anführer der Pfarrerinitiative, Helmut Schüller, wurde von Schönborn zur Kopfwäsche vorgeladen. Schließlich ist ja alles klar: der Papst verkörpert den Willen Gottes und die Pfarrerinitiative folgt diesem Willen nicht.

Am Grundproblem für die europäischen Kirchen der heutigen Zeiten gehen beide Seiten vorbei. Am Säkularismus ändert weder eine liberale (katholisch-reformerische oder evangelische), noch eine konservative (traditionell-katholische) Kirche was. Das Kirchenvolk schrumpft in beiden Umwelten. Die ganz Eifrigen, also die Evangelikalen oder die Piusbrüder, haben ihre kleinen Nischen, für die Allgemeinheit sind sie in Europa ohne Bedeutung. Die Europäer sind vom "Opium des Volkes" ziemlich entwöhnt, die wahrhaft Jesussüchtigen sind z.B. in Österreich sicherlich weitaus weniger als die Alkoholkranken hierzulande.