Der ORF gebärdete sich seit dem 4. Juli 2011 völlig verrückt. Ein
gewisser Otto Habsburg ist an diesem Tag verstorben. Der war vom vierten bis
zum sechsten Lebensjahr "Kronprinz" in der österreichisch-ungarischen
Monarchie gewesen. Nachher war er ein wohlsituierter Privatier, der weiterhin
an das Gottesgnadentum glaubte. Seinerzeit nannten sich die Monarchisten "Legitimisten",
weil sich die Könige und Kaiser auf das "Gottesgnadentum" beriefen,
sie ihre Positionen also von "Gott" erhalten hätten und ihre Herrschaften
daher im höchsten Maße "legitim" seien. Der ORF akzeptierte in seiner
Berichterstattung diese "Kaiserlichkeit", vom 5. bis zum 16. Juli
gab es im österreichischen Rundfunk und Fernsehen ein ständiges Habsburggewinsel
und am 16. 7. ein fünfstündiges kaiserliches ORF-Staatsbegräbnis.
In Verantwortungslosigkeit
vor der Republik und in der Hoffnung auf hohe Quoten habsburgte es, dass es
nimmer ärger ging. Das Interesse des Publikums hielt sich in Grenzen. Die
höchste Zuschauerzahl der Übertragung von 13h30 bis 18h30 belief sich auf 413.000,
das ist nicht einmal das Doppelte eines normalen Samstagnachmittags (die "Fürstenhochzeit" in Monaco am
Samstag, den 2.7. hatte mit einer Spitze von 771.000 fast doppelt so viele Zuschauer).
1916
wurde Kaiser Franz Josef begraben, seither blieb Österreich - dank der Republik
- vor solchen Feiern verschont. Zu Otto Habsburgs Lebensende kehrte die
Monarchie ein letztes Mal wieder.
Kardinal
Schönborn totenmesste im päpstlichen Auftrag - auch der Kardinal hat Grund dem
Untergang der Monarchie nachzujammern. Nicht nur das Ende des Bündnisses von
"Thron und Altar" muss er beweinen, sondern auch, dass er sich auf
Grund des österreichischen Adelsverbotes von 1919 nicht "Christoph Graf
von Schönborn" nennen darf.
Auch
leitende Sozialdemokraten hatten es für notwendig befunden, an dem habsburgerschen
Mummenschanz teilzunehmen. Als im Stephansdom die angesammelten Herrschaften
die Kaiserhymne anstimmten, schauten Faymann und Fischer dann doch ziemlich belämmert
aus der Wäsche.
Der
Umzug mit dem Sarg von Otto Habsburg vom Stephansdom zur Kapuzinergruft gestaltete
sich als bunter reaktionärer Aufmarsch, wer hier mitging, war von vorvorgestern.
Der
Schlaksige in der Mitte heißt Karl Habsburg und wäre jetzt der neue österreichische
Kaiser, wenn sein Vater Kaiser Otto gewesen wäre. Das 20. Jahrhundert hat über
Österreich viel Unglück gebracht. Dass es keinen Kaiser Otto gegeben hat, war wahrlich
kein Unglück, dieser Karl als Kaiser bleibt uns auch erspart. Hoch die Republik!
Der
ORF hatte auch große Volksmassen als Zuschauerspalier erwartet. Laut Polizeiangaben
standen jedoch nur ungefähr 10.000 Leute Spalier. Am obigen Bild sieht man nicht
nur die "Zuschauermassen" am Straßenrand, sondern auch wie das Bundesheer
für ein Privatbegräbnis missbraucht wird.
Otto Habsburg wäre gerne
ein Legitimist mit Herrschaftsrechten dank Gottesgnaden gewesen. Seinem
Vater Karl hatte die böse Republik dieses Herrscherrecht aberkannt, auch die
ehemalige ungarische Reichshälfte wollte Karl den Letzten nicht mehr zurück
(zwei Putschversuche in Ungarn scheiterten kläglich). Der kleine Otto war schon
mit sechs Jahren ein "Thronfolger außer Dienst", nicht einmal die
Klerikalfaschisten in den 1930er-Jahren wollten den Otto wieder zurückhaben
und auch sonst war niemand auf ihn neugierig. Abgesehen vom spanischen Diktator
Franco, mit dem er sich gut verstanden hat, und der bayrischen CSU, die ihn
ins Europaparlament setzte. Den "Legitimismus" sah Otto Habsburg in
späteren Jahren öffentlich nicht mehr als ein ererbtes Kaiserrecht, sondern
als "legitim annehmbare Staatsform in jener Zeit, in der diese Staatsform
existiert". Was völliger Quatsch ist, weil damit die Legitimität einer
Staatsform durch ihre bloße Existenz definiert wird.
Otto Habsburg äußerte
seine neue Legitimismus-Definition in einem Interview zu seinem 90. Geburtstag
im Jahre 2002 mit dem rechtsextremen Blatt "Junge Freiheit" und gab
dort auch sein politisches Credo ab: Auf die Frage "was halten Sie von
der viel beschworenen 'Gefahr von Rechts'?" antwortete er: "Es war
immer schon so, in Deutschland hat man die Gefahr stets nur auf einer politischen
Seite gesehen. Die Hysterie 'gegen Rechts' ist doch systematisch durch die kontrollierten
Massenmedien aufgebaut worden, und durch die Feigheit der Rechten, die sich
nicht gewehrt haben, ermöglicht worden." Auf die weitere Frage: "Was
empfehlen Sie zu tun?", sagte er: "Man muss der schweigenden Mehrheit
wieder Mut machen und selbst ein Beispiel geben." Und das hat er gemacht.
Den Mund für die politische Rechte aufgerissen. Jetzt schweigt er.
Vor
der Beisetzung in der Kapuzinergruft wird traditionell dort angeklopft und von
innen gefragt, wer Einlass begehre, den Einlass gibt es erst, wenn der Tote
als titelloser Sünder dargereicht wird. Aber zuerst einmal konnte Otto Habsburg
seine Titelserien präsentieren lassen, die er gehabt hätte, wenn er nicht bloß
ein reaktionärer Privatier, sondern ein echter Habsburger von Gottesgnaden gewesen
wäre, vom Thronfolger und Erzherzog bis hinunter zum Grafen von Afiesl und Edler
von Mistlbach wurde alles aufgezählt, was uns durch das Adelsverbotsgesetz von
1919 erspart geblieben ist.
Trotz des widerlichen Hofberichterstattungsgewinsel des österreichischen
Fernsehens wird es keinen Habsburgerzirkus mehr geben. Wir haben diese Sippe
endgültig überstanden. Hoch die Republik!
Joseph II. gebührt
Respekt, er war der einzige Aufgeklärte, den die Habsburger Herrscherdynastie
hervorgebracht hat - der Rest sind Totenschädel.
Nach
der intensiven Schändung der Republik durch den 14-tägigen Habsburgzirkus zum Abschluss ein Bild des Wiener
Denkmals der Republik mit den Büsten der Sozialdemokraten Jakob Reumann, Viktor
Adler und Ferdinand Hanusch. Hoch die Republik!
PS: Dazu eine
Geschichte von Ulrich Becher:
Das Projekt einer
k.u.k.u.k.u.k.u.k. Monarchie