Ergänzt am 24.12.2011, siehe unten.
Ein Überbleibsel der Hl. Inquisition steht immer noch im österreichischen
Strafgesetzbuch. Es ist zwar nimmer strafbar vom Glauben abzufallen oder
Ansichten zu verbreiten, die der biblischen Lehre widersprechen, aber es ist
verboten, religiöse Lehren herabzuwürdigen. Die Höchststrafen sind ebenfalls
stark herabgesetzt worden, von der Lebendfeuerbestattung am Scheiterhaufen auf
läppische sechs Monate Haft:
§ 188 Herabwürdigung religiöser Lehren:
Wer
öffentlich eine Person oder eine Sache, die den Gegenstand der Verehrung einer
im Inland bestehenden Kirche oder Religionsgesellschaft bildet, oder eine Glaubenslehre,
einen gesetzlich zulässigen Brauch oder eine gesetzlich zulässige Einrichtung
einer solchen Kirche oder Religionsgesellschaft unter Umständen herabwürdigt
oder verspottet, unter denen sein Verhalten geeignet ist, berechtigtes Ärgernis
zu erregen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe
bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
Nicht alles wird angeklagt.
Zum Beispiel ist auf dem Cover eines Buches des gelernten protestantischen Theologen
Heinz Werner Kubitza zu lesen: "Der Jesuswahn - Wie die Christen sich ihren
Gott erschufen - Die Entzauberung einer Weltreligion durch die wissenschaftliche
Forschung". Bisher hat jedoch noch niemand deswegen eine Anzeige gegen
Kubitza erstattet. Dabei ist allein schon mit dem Buchcover zweifellos der Tatbestand
nach dem obigen Paragraphen erfüllt! Denn Jesus ist ganz sicherlich der "Gegenstand
der Verehrung einer im Inland bestehenden Kirche", es ist ganz sicherlich
"Glaubenslehre", dass er Gottessohn wäre und vom "Jesuswahn"
zu schreiben und zu schreiben, die Christen hätten sich den Jesus-Gott selber
erschaffen, würdigt ganz sicherlich die christliche Lehre herab und verspottet
ihren Inhalt, was geeignet ist, bei strenggläubigen Christen "berechtigtes
Ärgernis zu erregen".
Aber niemand zeigt Heinz Werner Kubitza
an. Wohl hauptsächlich deshalb, weil sich sogar ganz strenggläubige Christen
nicht selber lächerlich machen wollen. Anders ist das, wenn jemand über
den Islam kritische Worte fallen lässt. Weil da sind wir leider in der heiklen
Lage, dass aus dem rechtsrechten politischen Eck nationalistische, xenophobe
Parolen gegen muslimische Migranten ertönen, dass aus diesem Eck ein "Abendland
in Christenhand" gefordert wird. Deshalb gilt es als "politisch korrekt",
mit dem Islam solidarisch zu sein und jedwede Form von Islamkritik als politisch
unkorrekt abzulehnen (außer man kritisiert al Kaida oder die Taliban, das geht
gerade noch).
Nun wurde im Februar 2011 Elisabeth Sabaditsch-Wolff
wegen §188 verurteilt, weil sie auf einer FPÖ-Veranstaltung u.a. den muslimischen
Propheten Mohammed einen Kinderschänder genannt hatte, konkret hatte sie geäußert,
dass "Mohammed gerne etwas mit Kindern hatte". Konkret ging es dabei
um Mohammeds Ehe mit Aischa, die er nach islamischen Überlieferungen heiratete
als sie sechs und die Ehe vollzog als sie neun war (siehe die ganze Geschichte
auf Info 414 und über Aischa auf Wikipedia).
Frau Sabaditsch-Wolff war in der Vorinstanz vom Vorwurf der Verhetzung
freigesprochen worden, zu sagen, der Islam sei feindselig, Muslime hassten
Ungläubige, der Koran sei böse, sei keine "Verhetzung" und nach dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung
nicht strafbar. In der Berufungsinstanz ging es jetzt nur noch um den § 188,
um die Herabwürdigung des Propheten Mohammed.
Die Angeklagte wurde am
20.12.2011 zu 480
Euro Geldstrafe verurteilt. Begründung laut NEWS: "Bei dieser Aussage
leuchte doch 'deutlich ein Wertungsexzess' hervor, betonte OLG-Senatsvorsitzender
Leo Levnaic-Iwanski in der Urteilsbegründung. Würde man isoliert erklären, dass
Mohammed 'Sex mit einem Kind hatte' würde das wohl nicht unter Strafe gestellt.
Aber die von Sabaditsch-Wolff vorgenommene 'Verbrämung der Aussage' (Anm.: siehe
oben ... dass Mohammed gerne etwas mit Kindern hatte), komme einer Verspottung
gleich und sei daher zu verurteilen".
Elisabeth Sabaditsch-Wolff
wird den Instanzenzug weitergehen bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Es ist egal, ob die Äußerungen nun bei einer FPÖ-Veranstaltung gefallen sind
oder woanders, ebenso ist es egal ob die Äußerungen von jemandem stammen, der
zumindest keine Berührungsängste nach rechtsaußen hatte. Die Geschichte von
der sechsjährigen Ehefrau Mohammeds, die laut islamischer Überlieferung entjungfert
wurde als sie neun war, zeigt ja, dass dieser Mohammed keine Abneigung gegen
Geschlechtsverkehr mit Kindern hatte, in den islamischen Schriften steht nichts
davon, dass er sie ungern entjungfert hätte.
Es gibt seit Juli 2011
das General Comment No. 34 des Human Rights Committee,
im dortigen Punkt 48 wird ausdrücklich ein besonderer Schutz für religiöse Überzeugungen
zurückgewiesen und das Recht auf Meinungsfreiheit gestärkt, im letzten Satz
heißt es: Nor would it be permissible for such prohibitions to be used to prevent
or punish criticism of religious leaders or commentary on religious doctrine
and tenets of faith. (Es wäre auch nicht zulässig, solche Verbote zu verwenden,
um die Kritik an religiösen Führern oder Kommentare zu religiösen Lehren und
Glaubenssätze zu verhindern oder zu bestrafen). Das Human Rights Committee ist
eine UNO-Einrichtung, die Republik Österreich hat sich verpflichtet, die Vorgaben
dieses Komitees umzusetzen. Siehe dazu auch "UNO bekräftigt das Recht
auf Gotteslästerung".
Es wird interessant bleiben, wie dieses
Verfahren weiter verläuft. Wenn jemand einem mutmaßlichen Religionsgründer
heutzutage als unmoralisch und strafbar geltende Verhaltensweisen nachsagt,
dann kann er in Östererich deshalb bestraft werden, wenn z.B. dem antiken griechischen
Dichter Straton von Sardis seine - in der griechischen Gesellschaft damals durchaus
übliche - Pädophilie vorgehalten würde, kein Mensch käme auf die verrückte Idee,
deshalb wegen Schmähung eines verstorbenen Dichters zum Staatsanwalt zu laufen!
Warum Sonderrechte für Religionen? Weg
mit dem §188!
PS: Nachtrag vom 24.12.:
Im
Wiener Kurier war am 21.12. folgendes zum obigen Urteil zu lesen:
"Wer
gegen den Islam hetzt, muss mit gerichtlicher
Verurteilung rechnen.
Am Dienstag hat das OLG Wien ein Urteil erster Instanz
bestätigt, wonach die Vortragende eines FPÖ-Seminars einen "Wertungsexzess"
begangen habe. Es hat dabei auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
verwiesen, wonach Meinungsfreiheit nicht bedeutet, dass man andere grundlos
beleidigen darf. So weit, so richtig.
Das könnte auch den Umgang mit christlichen Religionen ändern. Wir befinden
uns ja gerade in einer historischen Phase, wo die Herabwürdigung christlicher
Symbole ein Kavaliersdelikt darstellt. Interessanterweise könnte es der Islam
sein, der diese Entwicklung beendet. Jüngste Vorfälle wie Pinkeln auf ein
Kruzifix (in München) oder eine Madonna unter Kondom (in St. Pölten) fallen
klarerweise unter den Blasphemieparagraphen im Strafgesetzbuch. Aber weil alle,
auch die Bischöfe, nicht als kunstfeindliche Fundis dastehen wollen, sind sie zu
feige, sich zu wehren. Die Blauen, die als einzige dagegen zu Felde ziehen,
werden (auch von Richtern) abgeschaßelt. Aber von der Justiz erwartet man, dass
sie nicht mit zweierlei Maß misst. Man darf gespannt sein, ob die jüngste
Rechtssprechung künftig auch für Christen gilt."
Berichtigung dazu:
Frau Sabaditsch wurde nicht wegen Verhetzung verurteilt, sondern wegen Herabwürdigung
religöser Lehren. Der Kurierartikel verlangt daher offenbar mehr Strafverfahren nach
dem mittelalterlichen Paragraphen 188! Außer der FPÖ sind also alle zu feig
dazu, mittels dieses Inquisitionsparagraphen Religionskritiker zu verfolgen!
Und das hält die Schreiberin (eine gewisse Martina Salomon) anscheinend für dringend
notwendig und sieht das heilige Christentum gegenüber dem heiligen Islam benachteiligt.
Das stimmt zwar, weil den Islam zu attackieren, auch unter das besonders strenge
Zensurgebot der "political correctness" fällt, aber wir haben in Österreich
trotzdem immer noch laut Staatsgrundgesetz die Meinungfreiheit und (siehe oben)
das Human Rights Committee
vertritt die Ansicht, der Schutz religiöser Anschauungen dürfe die Meinungsfreiheit
nicht dominieren!
Daher nochmals:
Weg mit dem §188, Meinungsfreiheit
auch für jedwede Religionskritik!