Erdogan bestreitet Völkermord

In Wikipedia ist zu lesen: Völkermord an den Armeniern

Der Völkermord an den Armeniern geschah während des Ersten Weltkriegs unter Verantwortung der jungtürkischen Regierung des Osmanischen Reichs. Einem der ersten systematischen Genozide des 20. Jahrhunderts fielen bei Massakern und Todesmärschen, die im Wesentlichen in den Jahren 1915 und 1916 stattfanden, nach türkischen Angaben 300.000, nach armenischen Schätzungen mehr als 1,5 Millionen Menschen zum Opfer. Die Angaben zu den getöteten Armeniern während der Übergriffe in den beiden vorangegangenen Jahrzehnten variieren zwischen Zehntausenden und Hunderttausenden.
Die Ereignisse, die von den Armeniern selbst mit dem Begriff "Aghet" - "Katastrophe" - bezeichnet werden, sind durch umfangreiches dokumentarisches Material aus den unterschiedlichsten Quellen belegt. Weltweit erkennen die meisten Historiker diesen Völkermord als Tatsache an. Die Armenier sehen in ihm ein ungesühntes Unrecht und fordern seit Jahrzehnten ein angemessenes Gedenken auch in der Türkei. Dagegen bestreiten die offizielle türkische Geschichtsschreibung und die Regierung der aus dem Osmanischen Reich hervorgegangenen Republik Türkei, dass es überhaupt einen Völkermord gegeben hat. Sie bezeichnen die Deportationen als "kriegsbedingte Sicherheitsmaßnahmen", die notwendig geworden seien, da die Armenier damalige Kriegsgegner der Osmanen unterstützt und ihrerseits Massaker an Muslimen begangen hätten. Die Todesfälle führen sie auf ungünstige Umstände und vereinzelte Übergriffe zurück. Der Streit um die Anerkennung des Genozids als historische Tatsache belastet bis heute die Beziehungen zwischen der Türkei einerseits und Armenien sowie zahlreichen westlichen Staaten andererseits.


Foto eines anonymen deutschen Reisenden: Armenier werden im April 1915 von osmanischen Soldaten aus Karphert (türkisch: Harput) in ein Gefangenenlager im nahen Mezireh (türkisch: Elazig) geführt.

Soweit Wikipedia. Nun muss man hinzufügen: zurzeit belastet dieser Völkermord die Beziehungen zwischen Frankreich und der Türkei. Denn Frankreich hat 2001 den Völkermord offiziell als solchen deklariert und jetzt wurde in der französischen Nationalversammlung ein Gesetz beschlossen, dass die Leugnung dieses Massenmordes ebenso unter Strafe stellt wie die Leugnung des Holocaust an den Juden durch die Nazis. Armenien dankte Frankreich offiziell für dieses Genozid-Gesetz. Der französische Staat habe damit bewiesen, dass die Menschenrechte die höchsten Werte überhaupt seien, sagte der armenische Außenminister Nalbandjan, "Mit dem angenommenen Gesetz bestätigt Frankreich, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit niemals verjähren und es für ihre Leugnung eine klare Verurteilung gibt."

Der islamistische türkische Regierungschef Erdogan sieht das anders. Er bestreitet die Ereignisse weiterhin und droht Frankreich mit Sanktionen, der türkische Botschafter in Paris wurde auf unbestimmte Zeit abgezogen. Der UMP-Abgeordneten Valerie Boyer, der den Antrag eingebracht hatte, meinte dazu, "wir befinden uns nicht in einer türkisch-französischen Debatte, wir sind französische Abgeordnete, die vom französischen Volk gewählt wurden." Das Gesetz ziele nicht auf die heutige Türkei oder deren Regierung. Es sei paradox, dass ein Land mit Repressalien drohe, das die Aufnahme in die EU anstrebe.

Erdogan legte nach dem Parlamentsbeschluss die militärische Zusammenarbeit mit Frankreich und die bilateralen Besuche auf Eis. Der Beschluss habe dem türkisch-französischen Verhältnis "sehr schwere und irreparable Wunden" zugefügt.

Es ist zu hoffen, dass damit auch eine Annäherung zwischen der EU und der Türkei unter einer fanatisch nationalistisch-muslimischen Regierung auf Eis gelegt wird. Ein Staat, dessen Regierung - wie jüngst berichtet, siehe Allah gegen Darwin - öffentlich die Evolutionstheorie ablehnt, aber einen vor fast einhundert Jahren geschehenen Völkermord abstreitet bzw. rechtfertig, hat im Europa des 21. Jahrhunderts wirklich nichts verloren.