Als im letzten Herbst in Österreich um die 400 Priester einen Aufstand
wagten, reagierte die katholische Hierarchie vorerst sehr nervös. Der von der
sogenannten Pfarrerinitiative unter der Leitung des früheren Generalvikars Helmut
Schüller angesagte Ungehorsam stieß auf heftige bischöfliche Ablehnung.
Denn
so einfach die Abschaffung des Zölibats, weibliche Priester oder die Zulassung
in schwer sündhafter unkatholischer Ehe lebender "nur" standesamtlich
wiederverheirateter Geschiedener zur Ausspeisung mit dem "Leib des HErrn"
zu verlangen, das geht einfach nicht. Schönborn wies alle Zuständigkeit von
sich und drohte den Ungehorsamen mit Maßnahmen (siehe Info Nr. 532).
Rom hätte das zu entscheiden, nicht die österreichische Bischofskonferenz. Ganz
vergaß der Herr Kardinal allerdings dabei, dass es ja auch eine Möglichkeit
wäre, dass sich die Bischofskonferenz mit einer Unterstützung der Anliegen der
Pfarrerinitiative nach Rom wandte, weil das würde dort schon für einigen Wirbel
sorgen und die Kirchenhierarchie in eine unangenehme Lage bringen.
Der
Zölibat ist ja schließlich keine Originalerfindung des Christentums, sondern
war ursprünglich eine Möglichkeit für die, die es fassen konnten (Mt 19,12:
"Denn es sind etliche verschnitten, die sind aus Mutterleibe also geboren;
und sind etliche verschnitten, die von Menschen verschnitten sind; und sind
etliche verschnitten, die sich selbst verschnitten haben um des Himmelreiches
willen. Wer es fassen kann, der fasse es!"). Zum Zwang wurde der
Zölibat Jahrhunderte später als der römische Kirchenapparat eine Ausweitung
der Feudalgesellschaft auf Pfarren und Diözesen befürchtete, dass also Pfarrämter
und Bischofsämter innerhalb von Familien weiter vererbt würden, wie dies bei
Grafschaften und Herzogtümern üblich war. Obwohl heute Priester in der Regel
weder kastriert sind, wie es Jesus in der oben zitierten Bibelstelle "um
des Himmelreiches willen" empfohlen haben soll, noch es üblich ist, Ämter
in der Familie zu vererben, weigert sich der Vatikan weiterhin diese merkwürdige
Einrichtung der Zwangsehelosigkeit abzuschaffen.
Schönborn schimpft nicht mehr, man führt Gespräche und tut nichts.
Das zwänge zwar die "Ungehorsamen" zu neuem Handeln, aber mehr als
das, was sie jetzt tun, nämlich einige religiöse Vorschriften in ihren Pfarren
zu ignorieren, können sie nicht. Am 2.1.2012 war Pfarrer Schüller in der ZiB2
zu Gast und durfte rund sechs Minuten lang seine Frust erläutern: