England: Aus für Kreationismus in freien Schulen

LONDON. (hpd) Richard Dawkins und die British Humanist Association feiern derzeit den Sieg einer Kampagne gegen Kreationismus. Wie die britischen Humanisten am vergangenen Dienstag meldeten, will die Regierung die Lehre kreationistischer Ideen an Schulen in freier Trägerschaft zukünftig mit Entzug der Finanzierung ahnden.

Erfolgreicher Streiter für die Evolutionstheorie: Richard Dawkins. Foto: Mike Cornwell / CC-BY-SA

Die britische Regierung hat die Richtlinien für die Finanzierung sogenannter freier Schulen ("free schools") überarbeitet. Den neuen Grundsätzen nach wird zukünftig erwartet, dass im Biologieunterricht die Evolutionstheorie gelehrt wird. Lehren auf Basis kreationistischer Ideen, der sogenannten Theorie des "Intelligent Design" oder vergleichbare Meinungen dürfen in Zukunft nicht mehr als wissenschaftlich valide Theorien in staatlich finanzierten Schulen verbreitet werden.

Das Modell der freien Schulen entspricht den Schulen in freier Trägerschaft, wie es sie auch in Deutschland gibt. Diesen Schulen ist es unter anderem erlaubt, von den für staatliche Schulen geltenden Vorgaben abweichende Lehrpläne für den eigenen Unterricht zu erstellen und Bewerber nach ihrer Konfession zu diskriminieren. Daher gibt es mit diesem dort erst 2010 eingeführten System für Schulen eine große Unzufriedenheit bei den britischen Humanisten. Diese sahen unter anderem die Gefahr, dass damit der Verbreitung von kreationistischen Lehren ein Vorschub auf Basis staatlicher Finanzierung geleistet wird.

Dieser Gefahr wurde von der Regierung nun ein Riegel vorgeschoben. Die British Humanist Assocation hatte im September 2011 gemeinsam mit Richard Dawkins, unter anderem Vize-Präsident der Organisation, und rund 30 weiteren führenden Wissenschaftlern oder Pädagogen wie dem Naturfilmmacher David Attenborough eine Kampagne mit dem Titel "Teach evolution, not creationism!" ("Lehrt Evolution, nicht Kreationismus") zur Unterzeichnung einer E-Petition an die britischen Regierung gestartet.

"Lehrt Evolution, nicht Kreationismus"

Zusammen mit vielen Wissenschaftlern und bekannten Persönlichkeiten unterzeichneten schließlich weit über 20.000 Menschen die Petition zur Abschaffung der staatlich finanzierten Verbreitung von wissenschaftlich nicht vertretbaren Behauptungen über die Entstehung der Arten von Schulen in freier Trägerschaft.

Andrew Copson, Direktor der BHA, beglückwünschte die Entscheidung der Regierung. Trotzdem gebe es noch weitere Arbeit zu tun, um der Verbreitung kreationistischer Ideen in allen Schulen Einhalt zu gebieten und die Evolutionstheorie als einziges wissenschaftlich fundiertes bzw. beleg- und überprüfbares Erklärungsmodell zu verankern. (..)

In Deutschland hingegen wird so ein Versagen weiterhin mit Steuergeld bezahlt. An rund 90 Orten existieren christliche Bekenntnisschulen, wie sie im im Verband Evangelischer Bekenntnisschulen (VEBS) versammelt sind. Zusammen sind sie für die Schulbildung von rund 33.000 Schülerinnen und Schüler verantwortlich.

Evangelische Bekenntnisschulen in Deutschland

Durchschnittlich rund 50 Prozent der Kinder stammen aus nichtchristlichen Elternhäuser, gibt der Verband an und wirbt mit Aussagen wie diesen: "Dadurch besitzen sie eine große gesellschaftliche Wirkung." Und an vielen dieser staatlich anerkannten Ersatzschulen in freier Trägerschaft wird die Evolutionstheorie als ein gegenüber auf biblisch-religiösen Vorstellungen basierenden Lehren gleichrangiges Modell vermittelt. Und das mit kräftigen Zuschüssen an öffentlichen Mitteln, da die Schulen regelmäßig überwiegend durch den Staat finanziert werden.

Auf kritische Berichte über die Verbreitung von kreationistischem Hokuspokus reagiert man beim VEBS wenig empfänglich, wie ein aktueller Beitrag in der Süddeutsche Zeitung illustrierte. Dort warnte unter anderem der Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera: "Der bereits vorhandene naturwissenschaftliche Analphabetismus wird dadurch immer stärker und irrationaler, auch esoterische Glaubensinhalte nehmen zu."

Kutschera warnt vor den Konsequenzen für die Bundesrepublik Deutschland und meinte, eine Kulturnation wie Deutschland könne sich eine Ignoranz gegenüber der Verbreitung solcher Lehren nicht leisten. Der VEBS monierte anschließend in einer Stellungnahme die Fehler, welche der Bericht enthalten habe. Zu den Vorwürfen der Wissenschaftler fand sich aber kein Wort. (..)

Im pädagogische Konzept für Grundschulen wird dort nicht nur zum grundgesetzlich verankerten Erziehungsrecht von Eltern behauptet, diesem "zufolge ist es zuerst und zuletzt Gott selbst, der berechtigte Ansprüche an den Menschen stellt." Es heißt auch: "Grundlage für das vermittelte Weltverständnis der Schule ist ein Universum, das in seiner Gesamtheit von dem Gott der Bibel geschaffen wurde, und das nach wie vor durch Ihn gelenkt und geleitet wird. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind vorläufig und in die biblische Weltdeutung einzuordnen."

Zum Fach Sexualkunde, dass für Schülerinnen und Schüler der Realschul-Stufe unterrichtet wird, schreiben die Schulbetreiber: "Im Sexualverhalten hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten am stärksten die völlige Abkehr des Menschen von allen tradierten Ordnungen und von Gottes Ansprüchen an den Menschen gezeigt."

Und zur Evolutionstheorie heißt es hier sogar: "Die These von der Evolution vom Einzeller oder gar der leblosen Materie zum Menschen ist wissenschaftlich nicht verifizierbar. Sie ist vielmehr sowohl aus wissenschaftlichen als auch aus theologischen Gründen in ihrem Ausschließlichkeitsanspruch abzulehnen.

Die Schüler sollen befähigt werden, den Modellcharakter der Evolutions-, aber auch der wissenschaftlichen Schöpfungslehre zu erkennen und Vorzüge und Nachteile wissenschaftlich redlich zu diskutieren, aber auch die Einsicht gewinnen, dass eine Höherentwicklung im Laufe der Zeit mit der Bibel unvereinbar ist, da nach ihrem gesamten Zeugnis das erste Menschenpaar unmittelbar aus Gottes Hand hervorging und die ursprünglich sehr gute Schöpfung erst mit dem Sündenfall schweren Schaden erlitt."

Arik Platzek am 16.1.2012 in http://hpd.de/node/12677

Wie schaut das eigentlich in Österreich aus? Hier sind die Privatschulen bedingt durch die österreichische Religionsstruktur weit überwiegend katholisch und vor allem darauf ausgerichtet, Kindern aus zahlungskräftigeren Familien eine entsprechend gute Schulbildung zu vermitteln, da die staatlichen Schulen durch die Versäumnisse in der Integrationspolitik vielfach erheblich an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gelangt sind. Ob es ebenfalls die oben geschilderten Tendenzen wie in England und Deutschland gibt, wäre einer Überprüfung wert! Denn auch in Österreich werden Privatschulen erheblich aus öffentlichen Mitteln finanziert, bei den katholischen Privatschulen trägt der Staat 100 Prozent der Personalkosten.