Es ist nicht üblich, dass sich Bischöfe in das Geschehen in anderen Diözesen einmischen, wenn ein Bischof in Bayern indirekt dem Erzbischof in Wien die Leviten liest, dann kann man auch vorsichtig vermuten, dass dies nicht unbedingt alleine einer Nürnberger Zurechtweisungsinitiative entsprungen sein wird, sondern dass es dafür den Segen einer höheren Instanz gegeben haben könnte. Denn schließlich wurde ja seitens der Pfarrerinitiative angekündigt, sich international zu vernetzen und da braucht man deutliche Herrschaftssignale, sowohl an die Aktivisten, als auch an ihre Vorgesetzten.
"Der Ungehorsam ist eine Macht, die viel Unheil in
unsere Welt gebracht hat. Die Menschen wollen alles besser wissen und meinen,
selbst zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können. So haben sie sich gegen
Gott gestellt und durch den Ungehorsam der Sünde die Gemeinschaft mit ihm
verloren. Der Gehorsam des Erlösers Jesus Christus aber ist das Tor zum Leben!
Christus ist der Sohn des ewigen Vaters. Er hat unser Fleisch und Blut
angenommen. So heißt es im Hebräerbrief: 'Obwohl er der Sohn war, hat er durch
Leiden den Gehorsam gelernt; zur Vollendung gelangt, ist er für alle, die ihm
gehorchen, der Urheber des ewigen Heils geworden' (Hebr 5,8f.). "
Was will Müller der Pfarrerinitiative damit sagen? Das sie
notfalls den Gehorsam durch Leiden zu lernen hätten?
Weiter in der Predigt: die Priester hätten bei ihrer Weihe
dem Bischof Gehorsam versprochen, "darum ist es ganz und gar unchristlich
und unserem katholischen Glauben diametral entgegengesetzt, wenn in unserem
Nachbarland eine von einigen Leuten ins Leben gerufene sogenannte
'Pfarrerinitiative' in ihrer Besserwisserei meint, sich in Fragen der Lehre und
Pastoral über den Glauben der Kirche stellen zu können. Die Unterstützer
schlagen ihre Weiheversprechen in den Wind, wenn sie in ihrer Aktion zum
Ungehorsam aufrufen. Der Ungehorsam gegenüber Gott und der Ungehorsam gegenüber
der legitimen kirchlichen Leitung - gegen Papst und Bischöfe - ist ein Übel,
das Spaltung in die Kirche hineinträgt und unser Grundverhältnis zu Gott
verfälscht."
Man sieht, die Lage ist klar: die Hierarchie ist von Gott
eingesetzt und darum wissen die Hierarchen, was die Sache Gottes ist, wer den
Hierarchen nicht folgt, ist Gott gegenüber ungehorsam!
Nach soviel bischöflicher Selbsterhöhung muss auch Gott
deutlicher ins Spiel: "Der Mensch ist nicht autonom, sondern verdankt sich
eucharistisch ganz und gar Gott. Gott aber schränkt den Menschen nicht ein!
Wenn sich der Wille des Menschen ganz dem Willen Gottes hingibt, der die Liebe
ist, und seinen Willen gleichsam mit dem Willen Gottes vereint, dann entsteht
Heil in dieser Welt, dann wird der Mensch 'befreit zur Freiheit und
Herrlichkeit der Kinder Gottes' (Röm 8,21). Gott dienen, macht nicht unfrei.
Gott dienen, macht frei und bedeutet in Wirklichkeit 'herrschen'. Wer Gott
dient, der wird Herr über seine ungeordneten Triebe und falschen
Gedanken."
Das ist der katholische Masochismus in seiner ganzen
Schönheit, erniedrigt euch, kriecht und gehorcht, darüber freuen sich die
Hierarchen und ihr Gott, darum beherrscht Eure Triebe und zensiert Eure Gedanken!
Weiter bei Müller: "So ist das Gelübde des Gehorsams
zusammen mit den Gelübden der Armut und der keuschen Ehelosigkeit 'um des
Himmelreiches willen' (Mt 19,12) ein wesentlicher Bestandteil für den Aufbau
des Reiches Gottes in unserer Zeit. Der Mensch, der Gott gegenüber als
Besserwisser auftritt und sich ihm verweigert, der meint, sein eigenes Heil
selbst in die Hand nehmen zu können und der Schmied seines eigenes Glückes zu
sein, geht keinen Weg, der zum Ziel führt. Den guten Weg geht vielmehr
derjenige, der sich ganz dem Willen Gottes anheimgibt und wie Jesus im Garten
Getsemani sagt: 'Nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen' (Lk
22,42)."
Auweh, jetzt hat er einen Bock geschossen, der Herr Bischof,
weil das Zitat von Mt 19,12 lautet vollständig so: "Denn es sind etliche
verschnitten, die sind aus Mutterleibe also geboren; und sind etliche
verschnitten, die von Menschen verschnitten sind; und sind etliche
verschnitten, die sich selbst verschnitten haben um des Himmelreiches willen.
Wer es fassen kann, der fasse es!" Priester werden nicht kastriert! Und
"um des Himmelreiches willen" braucht es nur der zu fassen, der es
fassen kann! Da ist Müller argumentativ weit daneben gestiegen! Weil auf
Aussprüche oder den Willen seines Jesus-Gottes kann er sich bezüglich Zölibat
absolut nicht berufen! Wessen Wille müsste also geschehen? Offenbar der Wille
der Hierarchen, die sich damit als Besitzer eines in den christlichen Schriften
gar nicht vorhandenen göttlichen Willens selbst erhöhen und die andere
erniedrigen. Dazu gibt’s aber einen schönen Jesus-Spruch: Mt 23:12 "Denn
wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt; und wer sich selbst erniedrigt,
der wird erhöht."
Kommt er aus diesem Wirbel wieder hinaus? Nein, er religiöst
nur einige Absätze so weiter, "Besserwisserei oder falsches Auftrumpfen
gegenüber der legitimen kirchlichen Autorität sind kein Weg, der die Kirche in
die Zukunft führt! Die Kirche wird nicht gefördert, wenn wir den 'Reformstau'
durch äußerliche Anpassung an die Welt aufzulösen versuchen. Den 'Reformstau
vor der Tür unserer Herzen' gilt es wegzufegen, damit eine wahre Erneuerung der
Kirche möglich ist. Denn Reform bedeutet kein äußerliches 'Herumbasteln'! Wahre
Reform im christlichen Sinne heißt Erneuerung in Jesus Christus!" Etc., etc.
Für die Pfarrerinitiative und die angekündigten
Bemühungen Helmut Schüllers, seine Pfarrerinitiative zu internationalisieren,
schaut es nicht gut aus. Er meinte in seiner Reaktion, der Bischof von
Regensburg sei für die österreichische Pfarrerinitiative nicht zuständig. Die
leitende Hierarchie ist jedoch in großer Mehrheit vormodernistisch und damit
befasst, die Veränderungen des 2. Vatikanums rückabzuwickeln. Es wird kaum was
herauskommen, wenn nicht dorthin geschlagen wird, wo es den Hierarchen wirklich
weh tut. Nach den Forschungen des Pastoraltheologen Zulehner missachten bis zu
Zweidrittel der Priester die Enthaltsamkeitsgebote. Würden sich alle öffentlich
outen, hätte der herrschende Apparat der alten vertrockneten Männer wohl ein
ziemlich deftiges Problem.
Aber das wird nicht passieren. Mir hat vor Jahren
ein Atheist erzählt, ein Schulfreund von ihm sei Priester und er habe
des Öfteren mit diesem religiöse Diskussionen geführt. Bis dem Priester das
dann zuviel wurde und er sagte: "Ich weiß eh, dass es keinen Gott gibt,
lass mich in Ruh damit, was soll ich sonst machen, ich hab ja sonst nichts
gelernt." Und die Aussichtslosigkeit eines Berufswechsels hält den
Apparat unter Disziplin, nicht nur die Priester mit Freund oder Freundin, auch
die ungläubig gewordenen Priester müssen weiterheucheln.