Katholische Kirche unter Null

Österreich wurde seinerzeit katholisch gemacht. Die Gegenreformation war hierzulande ein voller Erfolg. Als das ein bisschen zu bröckeln begann, versuchte man es 1933 und 1934 nochmals mit Erfolg mit dem Klerikalfaschismus. Höchstes Lob spendete der Vatikan der Regierung Dollfuß, die im Frühjahr 1933 das Parlament ausschaltete und am Katholikentag im Herbst eine Revision der Geschichte der letzten 150 Jahre ankündigte, zu Weihnachten dieses Jahres: "Sie kann schon jetzt auf eine Reihe von segensreichen Taten hinweisen, die das wahre Wohl sichern und fördern. Weise Verordnungen zum Wohle der Jugend und des Unterrichts, die Wiederbelebung des religiösen Geistes in Schule und Erziehung, die Neuorganisation des Heeres in christlichem Geiste, das Konkordat mit dem Heiligen Stuhle, die Riesenarbeit für eine neue Verfassung zum Wohle des Volkes, mit einem Worte: die Wiederverchristlichung des gesamten öffentlichen Lebens und das friedliche Zusammenwirken zwischen Staat und Kirche zum Wohle aller."

Aber der Klerikalfaschismus scheiterte zuerst an den Nazis und nach 1945 an den neuen Zeitläuften. Langsam wurde auch Österreich unabhängig vom Katholizismus. Schon in den Siebziger- und Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts waren Religionsfreie in der Gesellschaft keine aussätzigen Untermenschen mehr, sondern Staatsbürger, die sich in Richtung Gleichberechtigung bewegen durften. Und es wurde - katholisch betrachtet - immer schlimmer. Bei einer Meinungsumfragen 2008 stimmten auf die Frage ob "die Kirche für die Menschen unserer Zeit die richtigen Antworten" habe, 7 % ganz zu, 18 % teilweise, 39 % meinten "eher nein" und 29 % sagten "nein, gar nicht" (6 % gaben keine Meinung ab). Ab dem Jahre 2010 ließ das Auffliegen der Missbrauchstraditionen das Ansehen weiter sinken.

OGM fragt jedes Jahr im März nach dem Plus und Minus einzelner Institutionen ("habe Vertrauen, habe kein Vertrauen"). 2012 erbrachte diese Umfrage z.B. für die Arbeiterkammer ein Plus von 50, ebenso für den Rechnungshof, besonders erfolgreiche Minusrepräsentanten sind die Bundesregierung (-37) und die EU (-41). Erstmals schaffte es auch die katholische Kirche ins Minus zu geraten: minus 2. Das ist noch nicht sehr viel. Aber schließlich treten Bundesregierung und EU dem Volke tagtäglich intensiv auf schädigende Art gegenüber, die katholische Kirche belästigt ihre durchschnittlichen Mitglieder - je nach Zahlungsbereitschaft - ein-, zwei-, dreimal im Jahr mit dem Zahlschein für den Kirchenbeitrag und lässt sie sonst in Ruhe, denn solche "segensreiche Taten" wie im Klerikalfaschismus (siehe oben) kann sie heute nimmer verüben, die "Wiederverchristlichung des gesamten öffentlichen Lebens" geht nimmer.

Mit Institutionen mit denen man regelmäßig zu tun hat, kann man leicht positive oder negative Erfahrungen machen. Die katholische Kirche muss sich sogar extra um Minuspunkte bemühen! Weil im Alltag streifen die Menschen an ihr schließlich kaum noch an. Da müssen die Privilegien zu unverschämt sein, Geistliche extra auffällig werden oder speziell in Erscheinung treten oder sich die Kirche besonders um die päderastische christliche Nächstenliebe bemühen, um Bevölkerungsteile, die ansonsten die katholische Kirche gutmütig ignorieren, gegen sich aufzubringen.

52 % der Bevölkerung haben 2012 "nein" gesagt, kein Vertrauen in die katholische Kirche. Es muss daher weiter daran gearbeitet werden. Damit auch in der anderen Hälfte das "Nein" besser platziert wird. Die katholische Kirche arbeitet daran. Zielsicher. Im März 2013 gibt's die nächste OGM-Umfrage. Von 2011 auf 2012 gingen neun Prozent Vertrauen verloren. Weiter so! Die katholischen Kirche verdient sich Vertrauensverluste!