Efgani Dönmez zum Guantanamo-Prozess

Guantanamo-Prozess, wie das Gebet zum Instrument des (politischen) Widerstandes wird

Auf dem Breitengrad von 19°58'11"N und Längengrad von 75°50'7"W liegt Kuba, jenes Land in dem nun ein Militärgericht eingerichtet wurde, um zivile Personen, welche wegen abscheulicher terroristischer Aktivitäten angeklagt werden, den Prozess zu machen. Die Rechtsstaatlichkeit bekommt eine gravierende Schlagseite, dafür brauchen sich jene, welche die westlichen Werte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gebetsmühlenartig hochhalten nicht rühmen, wenn Zivilpersonen vor einem Militärgericht der Prozess gemacht wird. Unabhängig davon, ob vor einem Militärgericht oder Zivilgericht in Amerika droht, abhängig von Bundesstaat, die Todesstrafe.

In einem sehr religiös geprägten Land, wo die Religion auch die Tagespolitik stark beeinflusst, wird der Tod noch immer als Strafe angesehen. Weder Politiker, noch die Befürworter der Todesstrafe dürften die Grundsätze der monotheistischen Religionen verstanden haben, insbesondere das fünfte Gebot der christlichen Religion. Die Angeklagten haben durch zivilen Ungehorsam den Prozessauftakt, welcher live mit einer zeitlichen Verzögerung von 40 Sekunden übertragen wurde, in Form von Ignorieren der Richterschaft, Zwischenrufen, Hilferufen, dass Geständnisse unter Folter zustande gekommen sind sowie durch plakatives Beten, gestört.

Muslime in Kuba beten an diesem Tag zu folgenden Zeiten: in der Früh 06:26, zu Mittag 13:07, am Abend 19:35 und Nachtgebet 20:44, durch die live Übertragung, konnte man unmittelbar davon Zeuge werden, dass das Gebet nicht zum Zwecke der Religionsausübung getätigt wird sondern als ein Mittel des Protestes, des zivilen Ungehorsams, der zur Schaustellung von Ungerechtigkeiten verwendet wird, genauso, wie jene, die unter freiem Himmel in Deutschland beteten, um auf Ihre Benachteiligung zur würdigen Religionsausübung in angemessenen Räumlichkeiten einer Moschee zu demonstrieren.

Die Übergänge zwischen Politik und Religion verlieren an Konturen, die Grenzen sind verschwimmend, beide beeinflussen sich, insbesondere an den extremen Rändern, gegenseitig. Das "christlich" geprägte Abendland formiert sich in vielen subtil versteckten Formen zu einem Abwehrkampf, gegen den an Einfluss gewinnenden Islam, dass genau jene Mechanismen den Zulauf zu politischen sowie religiösen Hardlinern beflügelt, scheint die wenigsten zu interessieren.

Efgani Dönmez ist 1976 in der Türkei geboren, gelernter Gas-, Wasser- und Heizungstechniker, diplomierter Sozialarbeiter, Lektor an der Fachhochschule OÖ und grüner Abgeordneter zum Bundesrat.