Am
2. Mai 2012 trat der CSU-Politiker Norbert Geis in einer ARD-Talkshow auf, wo
es darum ging, ob Hitlers "Mein Kampf" (von dem 2015 die beim Freistaat
Bayern liegende Urheberrechte ablaufen) legal veröffentlicht werden sollte oder
könnte. Im Laufe der Diskussion ging es dann auch um den 2003 aus der CDU ausgeschlossenen
Politiker Martin Hohmann. Dieser hatte in einer Bundestagsrede am "Tag
der deutschen Einheit" bekrittelt, dass in Deutschland die (NS-)Vergangenheit
zu sehr aufgearbeitet würde und dann unter Zitierung des amerikanischen Autofabrikanten
und Antisemiten Henry Ford die Juden als Umstürzler und vor allem als "Bolschewisten"
attackierte. Die Oktoberrevoltion, die Münchner Räterepublik seien von Juden
geleitet worden, Marx, Lassalle und Bernstein wären Juden gewesen, ebenso seien
die KPD in den 1920er-Jahren und die österreichische Sozialdemokratie die Dreißigerjahre
überwiegend von Juden gelenkt worden. Nach einer Reihe weiterer Beispiele kam
Hohmann zum Schluss: "Die Juden, die sich dem Bolschewismus und der Revolution
verschrieben hatten, hatten zuvor ihre religiösen Bindungen gekappt. Sie waren
nach Herkunft und Erziehung Juden, von ihrer Weltanschauung her aber meist glühende
Hasser jeglicher Religion. Ähnliches galt für die Nationalsozialisten. Die meisten
von ihnen entstammten einem christlichen Elternhaus. Sie hatten aber ihre Religion
abgelegt und waren zu Feinden der christlichen und der jüdischen Religion geworden.
Verbindendes Element des Bolschewismus und des Nationalsozialismus war also
die religionsfeindliche Ausrichtung und die Gottlosigkeit."
Der
resümierenden Aussage Hohmanns, "die Gottlosen mit ihren gottlosen Ideologien,
sie waren das Tätervolk des letzten, blutigen Jahrhunderts", stimmte nun
Norbert Geis in der TV-Sendung ausdrücklich zu.
Deshalb erstattete nunmehr
der Präsident des Humanistischen Verbandes in Deutschland, Frieder Otto Wolf,
Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen den CSU-Politiker Norbert Geis.
Der
§ 130 Absatz 1 des deutschen Strafgesetzbuchs lautet:
Wer in einer Weise,
die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, 1. gegen eine nationale,
rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen
Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit
zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass
aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder 2. die Menschenwürde
anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung
oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe
oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder
verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Religionsfreie
Menschen sind ein "Teil der Bevölkerung", in Deutschland sind das
mehr als ein Drittel der Einwohner, ihnen zu unterstellen ein "Tätervolk"
zu sein, nähren Hass und machen sie verächtlich und verleumden sie. F.O.
Wolf stellte fest, die Äußerungen von Geis auf Religionsfreie seien als "erhebliche
Angriff auf die Würde aller Menschen ohne Gottesglauben" zu bewerten.
Diese Art von Stimmungsmache gegen nichtreligiöse Menschen sowie ihre historische
Rolle durch Träger von politischer Verantwortung müsse ein Ende finden, bei
keinem Menschen sollten derartige verbale Ausfälle als legitime Meinungsäußerung
eingestuft werden.
Andere säkulare Organisationen wie die Internationalen
Bundes für Konfessionslose und Atheisten (IBKA) begrüßten den Schritt der Humanisten.
IBKA-Sprecher Rainer Ponitka sagte u.a., "was Norbert Geis leugnet, ist
die Tatsache, dass es noch niemals Opfer im Namen des Atheismus gab, vielmehr
gab es mannigfaltige Opfer im Namen von Göttern und Ideologien. Unglaube an
sich beinhaltet keinerlei Ideologie." Geis tue gerade so, als wären Werte
wie Menschenrechte, Gleichberechtigung, Meinungs- oder Weltanschauungsfreiheit
"von einem Gott aus den Wolken geschüttet und nicht gegen die Religionen
erstritten worden".
Es ist allerdings fraglich, ob der Bundestag
die Immunität des Abgeordneten aufheben wird, um die Durchführung eines Verfahrens
zu ermöglichen.
Nachbemerkung:
Dass die Nazis nicht "gottlos" sondern "gottgläubig"
waren, ist ja hier schon mehrfach betont worden, auf den Gürtelschnallen der
deutschen Wehrmacht stand rund ums Hakenkreuz "Gott mit uns".