Disziplinarmaßnahmen

Siehe unten Nachtrag vom 27.6.2012

Wie religion.ORF.at am 26.6.2012 meldete, gab es eine erste Disziplinarmaßnahme gegen einen Aktivisten der ungehorsamen "Priesterinitiative":
Nach der Ankündigung von Disziplinarmaßnahmen scheint Kardinal Christoph Schönborn nun tatsächlich gegen Mitglieder der Pfarrer-Initiative hart durchzugreifen: Peter Meidinger, Dechant des Dekanats Piesting im südlichen Niederösterreich, sei vor die Wahl gestellt worden, sein Amt oder seinen "Ungehorsam" aufzugeben. Er habe daher sein Amt abgegeben, bestätigte Meidinger am Dienstag gegenüber der APA.
Das Gespräch mit Schönborn sei bereits am 11. Juni erfolgt. "Dabei habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass 20 Jahre gediegene Dekanats-, Vikariats und Diözesanarbeit nicht ausgereicht haben, das Vertrauen des Herrn Erzbischofs zu gewinnen", so Pfarrer Meidinger in einem Schreiben an seine Mitbrüder. "Vor die Wahl gestellt Amt oder die Pfarrer-Initiative zu verlassen, habe ich mich für die Initiative entschieden, weil mir dieser Vorschlag unmoralisch erscheint und mit meinem Gewissen nicht vereinbar ist."

Wie dem weiteren ORF-Text zu entnehmen war, wird Schönborn "niemanden zum Dechanten ernennen, der am Aufruf zum Ungehorsam festhält". Wenn ein Mitglied der Pfarrer-Initiative zur Ernennung als Dechant vorgeschlagen werde, werde er auf einer Distanzierung vom Ungehorsamsaufruf bestehen (zur Erläuterung: ein Dechant leitet ein "Dekanat", die Diözesen sind regional in diese Dekanate untergegliedert). Es ist irgendwie vorstellbar, dass nicht unbedingt ein extremes Griss (hochdeutsch "Gereiße") um die Dechantenposten herrscht, weil die Pfarrer eh durch den Personalmangel sowieso schon genug Arbeit haben und der Dechant das ja neben seiner Pfarrerarbeit machen muss.

Schönborn hatte am 22.6. im Mitarbeiterblatt der Wiener Diözese geschrieben, der "Aufruf zum Ungehorsam" der Pfarrerinitiative sei "eine bleibende Wunde", es ginge nicht um die angesprochenen Themen, die seien nicht neu, sondern weil eine Haltung propagiert werde, "wonach am Ende jeder Pfarrer und jeder Pfarrgemeinderat seine eigene Meinung an oberste Stelle setzt". Damit würde "die Kirche nicht erneuert, sondern in viele katholische Freikirchen aufgesplittert". Schönborn malt eine breites Bild: "Dann gibt es in der einen Pfarre Kommunion für alle, in der nächsten nur Mundkommunion und nur nach vorheriger Beichte, in der dritten gar keine Eucharistie, in der vierten ist die Messe nur auf Latein." Sowas wäre wahrscheinlich deshalb gefährlich, weil dann gingen die Kirchgänger womöglich dorthin, wo es ihnen besser gefällt.

Die Pfarreriniative hatte mit Stand vom Mai 2012 341 Priester und 77 Diakone als Mitglieder, 70 Priester und 10 Diakone als Unterstützer und 2.531 unterstützende Laien in ihren Reihen. Im Standard vom 24.6.2012 war zum Jahrestag ein zusammenfassender Bericht zu lesen.

Trotz allen Ungehorsams:
Letztlich durchkommen werden sie damit nicht.
Durchkommen werden viel eher die Piusbrüder!
Weil die sind schon so, wie der Ratzinger gern sein möchte ...

Nachtrag vom 27.6.2012:
Dem ORF ließ Helmut Schüller, der Sprecher der Pfarrerinitiative, wissen, dass man am Begriff des "Ungehorsams" weiterhin festhalten wolle. Schüller vermutet, dass die o.a. Maßregelung auf Druck des Vatikans erfolgt sei. Der ORF meldet konkret: Die Anliegen der rebellischen Pfarrer seien kein Thema einer einzelnen Diözese. An eine Rücknahme des vieldiskutierten Begriffs denkt Schüller weiterhin nicht, denn: "Der Ungehorsam ist eine Widerspiegelung des derzeitigen Kirchensystems." Auch Meidinger gibt sich weiter kämpferisch. "Wir werden uns sicher nicht einschüchtern lassen", sagte er im Online-Standard. In Wahrheit mache Schönborn, von dem sich der Ex-Dechant "genötigt" fühlte, mehr Werbung für die Pfarrer-Initiative, als er eigentlich wollte.
In einer Presseaussendung vom Mittwoch kritisiert die Plattform "Wir sind Kirche" erneut die mangelnde Bereitschaft der Kirche zu "lösungsorientierten Gesprächen". Mit der Weigerung, Meidinger für weitere fünf Jahre als Dechant zu bestätigen, zeige Kardinal Christoph Schönborn, wie er Dialog versteht. Ja-Sager seien gesucht, keine kritischen Geister, welche die stillen, von den Bischöfen gewussten und geduldeten, den Menschen geschuldeten "Ungehorsamstaten" nach Jahrzehntelangen fruchtlosen Debatten endlich klären wollen.
"Die Bischöfe weisen aber lieber Pfarrer zurecht, als dass sie mit ihnen nach Lösungen suchen". Sie blieben lieber beim italienischen Modell. "Offiziell gelten die alten, seit langem überholten, die Menschen verletzenden Vorschriften. Im Verborgenen, je nach persönlicher Einschätzung des Priesters, Pfarrers, Dechant oder Bischof werden wie von einem Gutsherrn Ausnahmen gewährt. Eine solche Vorgangsweise ist menschenunwürdig".