Überraschend steigert sich der österreichische Oberbischof Schönborn jetzt langsam in seiner Aggressivität gegen die ungehorsame Priesterinitiative. Bisher überließ er das Verbellen der Rebellen meist dem Grazer Bischof Kapellari und er pflegte seine salbungsvolle Sanftmütigkeit, die man 1:1 als Vorführmodell für die Beantwortung der Frage "Was ist Heuchelei?" verwenden könnte.
Unter der Überschrift "Schönborn warnt vor Kirchenspaltung"
lässt der Kurier wissen, die Redaktion habe ein Papier des Priesterrates
zugespielt erhalten, worin der Kardinal vor einer Kirchenspaltung warnt. Bereits
zehn Prozent der rund 4.500 Priester in Österreich seien Mitglieder der Pfarrerinitiative
des Probstdorfer Pfarrers Helmut Schüller und forderten u.a. die Aufhebung des
Zölibats, Laienpriester und die Akzeptanz der Wiederverheiratung von Geschiedenen.
Dass Schönborn die Bestellung von Mitgliedern der Pfarrerinitiative zu Dechanten
untersagt hat, ist ja schon bekannt (siehe Info Nr. 937),
laut dem Papier des Priesterrates wurde es aber nun doch noch schärfer.
Schönborn
dürfte vor allem von der öffentlichen Darstellung der Pfarrerinitiative in Ratzingers
Gründonnerstagspredigt zum Zähnefletschen motiviert worden sein, der Kurier
zitiert aus dem Papier des Priesterrates: "Es ist außergewöhnlich, dass
der Papst in einem feierlichen Rahmen ein europäisches Land anspricht und so
detailliert auf die Situation eingeht. Die Predigt ist um die ganze Welt gegangen.
Wir sind hier nicht in unserer Ortskirche, sondern im Glashaus der ganzen Welt.
Wir werden sehr genau beobachtet. Wir können nicht mehr so tun, als hätte der
Papst nicht Stellung bezogen." Zum Gründonnerstag siehe Info Nr.
819, der eigentlich eher sanft klingende Ton Ratzingers war demnach keineswegs
sanft gemeint.
Helmut Schüller hatte dazu geäußert: "Das
Tauziehen ist nicht das Problem, sondern das Ringen um die Wahrheit." Weiter:
"Unsere Themen sind in vielen Ländern genauso präsent. Wir sind Problemmelder,
nicht Ursache. Ich glaube nicht, dass die Diözese Wien eine Lösung finden kann."
Und: "Wir wollen nicht aus dem Boot aussteigen, aber wir wollen von der
Ruderbank aufstehen und über den Kurs reden."
Das reichte Schönborn:
"Was ihr hier aufbaut, ist eine Sonderstruktur. Ich sehe die Gefahr eines
Schismas."
Der Vorwurf der Kirchenspaltung, eines Schismas, also
nicht eine Art fraktioneller Spaltung, sondern die Vollziehung der Trennung
von der Kirche, ist kirchenrechtlich sehr schwerwiegend, denn ein Schisma
zieht die Exkommunikation, den Ausschluss von den Sakramenten und aus der kirchlichen
Gemeinschaft nach sich.
Im vatikanischen Gesetzbuch Codex Iuris Canonici
(CIC) heißt es im §751 zu den drei Varianten des Abfalls vom wahren katholischen
Glauben: "Häresie nennt man die nach Empfang der Taufe erfolgte beharrliche
Leugnung einer kraft göttlichen und katholischen Glaubens zu glaubenden Wahrheit
oder einen beharrlichen Zweifel an einer solchen Glaubenswahrheit; Apostasie
nennt man die Ablehnung des christlichen Glaubens im ganzen; Schisma nennt
man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft
mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche."
Dazu noch
§ 754: Alle Gläubigen sind verpflichtet, die Konstitutionen und Dekrete
zu befolgen, welche die rechtmäßige Autorität der Kirche zur Vorlage einer Lehre
und zur Verwerfung irriger Auffassungen erlässt, vor allem aber solche des Papstes
oder des Bischofskollegiums.
Im § 1364 steht die Strafe: Der Apostat,
der Häretiker oder der Schismatiker ziehen sich die Exkommunikation als Tatstrafe
zu (..) Wenn andauernde Widersetzlichkeit oder die Schwere des Ärgernisses
es erfordern, können weitere Strafen hinzugefügt werden, die Entlassung aus
dem Klerikerstand nicht ausgenommen.
Helmut Schüller kennt den
CIC auch. Leider ist auf der Homepage der Pfarrerinitiative nur recht selten
was Neues zu finden, man vermeidet es offenbar, sich öffentlich zum laufenden
Geschehen festzulegen. Hilfreich ist die Pfarrerinitiative für die katholische
Kirche in Österreich nicht, weil sie wird ihre Anliegen unter Päpsten wie Ratzinger
nicht einmal in die innerkirchliche Diskussion einbringen können, aber sie ist
lästig und das ist gut. Für uns Religionsfreie ist es klarerweise egal, ob der
sozusagen "richtige" Jesus der vom Ratzinger oder der vom Schüller
ist, aber es hat alles einen gewissen Unterhaltungswert.