Die Deutsche Kinderhilfe, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte,
MOGIS e.V. (Verband Betroffener sexuellen Kindesmissbrauchs), der Bund Deutscher
Kriminalbeamter, Prof. Dr. Matthias Franz und zahlreiche Einzelpersonen werden
heute als Reaktion auf die gestrige Resolution des Deutschen Bundestages zur
Beschneidung von Kindern eine Petition mit dem Ziel einreichen, eine Versachlichung
der Debatte um die Beschneidung zu erreichen und die Politik dazu zu bewegen,
eine Abwägung der Kindesinteressen überhaupt zuzulassen.
Die Petenten
fordern die Bundestagsparteien auf, den gestern eingeschlagenen Weg, der keinen
fachlichen und gesellschaftlichen Diskurs zulässt, wieder zu verlassen. Eine
Beschneidung ausschließlich als religiöses Ritual und damit nur als eine Frage
des religiösen Lebens in Deutschland zu betrachten, wird der Dimension der Problematik
nicht gerecht und kann nicht Grundlage gesetzgeberischen Handelns sein. Es
bedarf ebenso einer Berücksichtigung des Art. 2 I Grundgesetz, der die körperliche
Unversehrtheit schützt, als auch des Art. 24 der UN- Kinderrechtskonvention,
welcher die Überwindung von Traditionen vorschreibt, die für die Gesundheit
der Kinder schädlich sind, und des Art. 12 UN- Kinderrechtskonvention, welcher
das Recht des Kindes auf Beteiligung und eine eigenverantwortliche Entscheidung
gewährleistet.
Mediziner haben klar und sachlich deutlich gemacht,
dass eine Beschneidung ein gravierender und irreparabler Eingriff in die körperliche
Unversehrtheit eines Kindes ist. Psychologen befürchten Traumata. Bei ca.
10% der sachgerecht durchgeführten Beschneidungen treten Komplikationen auf.
Der dem Kölner Urteil zugrunde liegende Fall des vierjährigen Jungen, der medizinisch
korrekt beschnitten wurde, verdeutlicht, wie gravierend die Komplikationen sein
können.
Zudem existieren zahlreiche Studien, die keine Evidenz für
eine Gesundheitsdienlichkeit als mögliche Rechtfertigung dieses Eingriffes im
Sinne des Kindeswohls zeigen konnten. Des Weiteren stellt sich die Frage
nach der Gleichstellung der Geschlechter, Art. 3 GG, wird doch die Beschneidung
von weiblichen Genitalien einvernehmlich abgelehnt.
Dass Tradition
allein keine Rechtfertigung für den Eingriff in schützenswerte Rechtsgüter sein
kann hat sich zuletzt im Jahr 2000 im gesetzlichen Recht des Kindes auf gewaltfreie
Erziehung gezeigt. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und
andere entwürdigende Maßnahmen sind seither unzulässig, § 1631 II BGB. Auch
diesem ging eine breite gesellschaftliche Diskussion voraus. Unter Zeitdruck,
unter dem Eindruck einer im Sommerloch geführten hitzigen Debatte und teilweise
überzogenen und verstörenden Attacken von Religionsvertretern, sollte der Deutsche
Bundestag keine Position einnehmen, die so gravierende Folgen für Kinder in
Deutschland hätte.
"Der Deutsche Bundestag möge beschließen, zunächst für zwei Jahre
keine gesetzlichen Schritte zur Legitimation der Beschneidung von Jungen in
Deutschland zu ergreifen.
Weiterhin möge der Deutsche Bundestag die Einsetzung
eines Runden Tisches von Religionsvertretern, muslimischen und jüdischen Befürwortern
und Gegnern der Beschneidung, Psychologen, Psychoanalytiker, Kinderärzten, Kinderchirurgen,
Kinderschützern und Vertretern der Jugendhilfe sowie weiterer Experten beschließen,
um das Thema Beschneidung in Deutschland wissenschaftlich fundiert zu diskutieren
und eine Strategie zu erarbeiten, welche alle Interessen, vor allem aber die
Belange des Kindeswohls, berücksichtigt."
Ziel der Petenten
ist es, weitere Organisationen und eine große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern
zur Teilnahme an der Petition zu bewegen. Sobald der Deutsche Bundestag die
Petition online schaltet, wird die Öffentlichkeit informiert. Bis dahin können
sich Bürger auf der Kinderhilfe-Homepage informieren.