Leider: Saudi-Zentrum abgesegnet

Das höchst umstrittene "König Abdullah Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog" in Wien hat am 19.7.2012 auch die Zustimmung des Bundesrates erhalten. Dafür stimmten SPÖ und ÖVP, dagegen Grüne und FPÖ. Diese mit Saudi-Geldern finanzierte merkwürdige Einrichtung kann nun leider in Betrieb gehen...

Hier dazu die Debatte im Bundesrat
(aus der Parlamentskorrespondenz Nr. 633 vom 19.07.2012)

Neues Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog

Das Übereinkommen zur Errichtung des Internationalen "König Abdullah Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog" in Wien sieht Völkerrechtspersönlichkeit für dieses Zentrum vor und gab auch den BundesrätInnen Gelegenheit, über die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien zu debattieren.

Bundesrat Hans-Jörg JENEWEIN (F/W) erinnerte an die intensiven Debatten im Vorfeld der Einrichtung dieser Glaubenseinrichtung sowie daran, dass in Saudi-Arabien keine Trennung zwischen Staat und Glauben bestehe. Der Redner erinnert an Auspeitschung als Strafe für Frauen und an die Verfolgung der Mitglieder anderer Glaubensrichtungen. Vor diesem Hintergrund meldete der Redner Zweifel an der Bereitschaft Saudi-Arabiens an, einen interkulturellen Dialog zu führen. Daher hielt Bundesrat Jenewein die Institution, die von SPÖ und ÖVP ins Leben rufen wollen, für fragwürdig, sagte. Die Bevölkerung in Saudi-Arabien wird unterdrückt, Demonstrationen sind verboten, es gibt keine Religionsfreiheit. Daher sei es abzulehnen, dass dieses religiöse Zentrum zu beschließen, das eine Missionierungstätigkeit in Mitteleuropa entfalten werde. Die FPÖ verlangt eine namentliche Abstimmung, damit all jene, die zustimmen, sich auch in drei Jahren noch daran erinnern werden, was sie heute tun, schloss Jenewein.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) kritisierte, dass die Regierung ein religiöses Zentrum nach Österreich holt und mit völkerrechtlichen Privilegien ausstatte, sodass es nicht kontrolliert werden könne - ein religiöses Zentrum aus einem Land, in dem Homosexuelle bestraft werden und der Großmufti dazu aufrufe, 12-jährige zu verheiraten und christliche Kirchen abzureißen. "Für wie dumm hält die Bundesregierung die Österreicher, formulierte Dönmez drastisch und warf der Regierung vor, bei dieser Entscheidung nur an Petro-Dollars zu denken. Mit Geld sind aber die Grünen nicht zu beeindrucken, hielt Bundesrat Dönmez fest. Den Dialog mit den Moslems will Dönmez mit den in Österreich lebenden Moslems führen. Saudi-Arabien habe Wien als Standort für das Glaubenszentrum ausgewählt, um von hier aus den deutschen Sprachraum und den Balkan "zu beackern". Auch die amerikanische Politik habe bei dieser Entscheidung ihre Finger im Spiel, sagte der Bundesrat und warf den Saudis vor, ihre Form des Islams zu exportieren und nannte dabei das Beispiel Bosniens.
 
Kurzbericht in "Heute" vom 20.7., der oö grüne Bundesrat Efgani Dönmez war von Anfang an ein heftiger Kritiker dieses Zentrums, die Grünen lehnen diese Einrichtung wegen ihres reaktionären Hintergrundes ab, siehe Info Nr. 617!

Bundesrat Christoph KAINZ (V/N) räumte ein, dass diese Einrichtung umstritten sei, erinnerte aber zugleich an die große Tradition Österreichs, den Dialog zu führen und Brücken über Gräben hinweg zu bauen. Man könne mit der Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien nicht zufrieden sein. Österreich versuche, auf Verbesserungen hinzuwirken. Das Zentrum soll diesen Dialog führen, daher wurden andere Religionen und Vertreter der Zivilgesellschaft eingebunden. Dieses Zentrum wird breite Zustimmung gewinnen, meinte Kainz und trat dafür ein, den Dialogs mit Saudi-Arabien und mit dem ebenfalls beteiligten Spanien voranzutreiben. Es gelte Mauern und Vorurteile abzubauen und zu einem Umdenkprozess in Saudi-Arabien beizutragen. Dazu werde dieses Zentrum beitragen, daher stimme er der Einrichtung dieses Zentrums zu.

Bundesrätin Muna DUZDAR (S/W) riet dazu, "die Kirche beim Dorf zu lassen" und hielt es für falsch, das Dialogzentrum als ein Zentrum Saudi-Arabiens zu bezeichnen. Das internationale Abkommen zwischen Spanien, Österreich und Saudi-Arabien regle, dass dieses Zentrum eine internationale Organisation sein soll, was nichts mit dem Export der saudi-arabischen Form des Islam zu tun habe, hielt die Rednerin Bundesrat Dönmez entgegen. Duzdar registrierte auch in Saudi-Arabien das Interesse an Dialog und Veränderung und verlangte, diesem Zentrum eine Chance zu geben.

Bundesrat Marco SCHREUDER (G/O) wies den Eindruck zurück, das Dialogzentrum sei eine österreichisch-spanische Einrichtung mit einem kleinen saudischen Anteil. In Wahrheit handle es sich um eine Stiftung, die ihren Sitz in Saudi-Arabien hat, wo Homosexuelle verfolgt und Frauen ausgepeitscht werden. Menschenrechte sind unteilbar und nicht verhandelbar, hielt der Bundesrat mit Nachdruck fest.

Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) warf Bundesrätin Duzdar Naivität vor. "Wer zahlt, schafft an", sagte Krusche, "und anschaffen werden bei diesem Zentrum die Saudis". Er wisse aus eigener Erfahrung, wie unfrei die Menschen in Saudi-Arabien leben, sagte Krusche und stimmte Dönmez zu, der sagte, die Saudis wollten einen Brückenkopf in Wien schaffen. "Wir handeln uns hier ein Trojanisches Pferd ein", sagte Krusche.

Staatssekretär Wolfgang WALDNER erinnerte an den langen Dialogprozess, der dem Abschluss dieses Abkommens bereits in anderen Städten vorangegangen sei und nunmehr permanent in Wien geführt werden soll. Das sei logisch, weil Österreich lange Erfahrung im internationalen Dialog hat und als internationaler Amtssitz über großes Ansehen verfüge. Die Funktion Wiens als Drehscheibe für Dialog und Friedensbemühungen werde damit unterstrichen. Die Furcht mancher Redner vor diesem Dialog sei für ihn nicht verständlich und es sei auch nicht fair, diesem Zentrum eine bestimmte Ausrichtungen zu unterstellen, dafür gebe es keine Hinweise. Das Direktorium des Zentrums wird von Spanien und Österreich mit ausgewählt werden, weder der König noch andere Vertreter Saudi-Arabiens seien im Direktorium vertreten, teilte der Staatssekretär mit. Das Zentrum ist laut Gründungsübereinkommen den Menschenrechten und der Menschenrechtskonvention verpflichtet, hielt der Staatssekretär fest und unterstrich die Bedeutung des Dialogs zwischen den Religionen für den Weltfrieden. Dieses Zentrum ist keine Missionseinrichtung, sondern eine Einrichtung zur Förderung des weltweiten Dialogs zwischen den Religionen, schloss der Staatssekretär.

Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) bezweifelte, dass das interreligiöse Zentrum dazu beitragen könne, Saudi-Arabien zu einem liberalen Staat mit westlichen Menschenrechtsstandards zu machen. Diese Vorstellung sei völlig unrealistisch, sagte die Bundesrätin und warf den Regierungsparteien Naivität vor.

Bei der von der FPÖ verlangten namentlichen Abstimmung beschloss der Bundesrat bei 53 abgegebenen Stimmen mit 41 Ja- gegen 12 Nein-Stimmen, keinen Einspruch zu erheben.