Neues Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog
Das
Übereinkommen zur Errichtung des Internationalen "König Abdullah Zentrums
für interreligiösen und interkulturellen Dialog" in Wien sieht Völkerrechtspersönlichkeit
für dieses Zentrum vor und gab auch den BundesrätInnen Gelegenheit, über die
Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien zu debattieren.
Bundesrat
Hans-Jörg JENEWEIN (F/W) erinnerte an die intensiven Debatten im Vorfeld der
Einrichtung dieser Glaubenseinrichtung sowie daran, dass in Saudi-Arabien keine
Trennung zwischen Staat und Glauben bestehe. Der Redner erinnert an Auspeitschung
als Strafe für Frauen und an die Verfolgung der Mitglieder anderer Glaubensrichtungen.
Vor diesem Hintergrund meldete der Redner Zweifel an der Bereitschaft Saudi-Arabiens
an, einen interkulturellen Dialog zu führen. Daher hielt Bundesrat Jenewein
die Institution, die von SPÖ und ÖVP ins Leben rufen wollen, für fragwürdig,
sagte. Die Bevölkerung in Saudi-Arabien wird unterdrückt, Demonstrationen sind
verboten, es gibt keine Religionsfreiheit. Daher sei es abzulehnen, dass dieses
religiöse Zentrum zu beschließen, das eine Missionierungstätigkeit in Mitteleuropa
entfalten werde. Die FPÖ verlangt eine namentliche Abstimmung, damit all jene,
die zustimmen, sich auch in drei Jahren noch daran erinnern werden, was sie
heute tun, schloss Jenewein.
Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) kritisierte,
dass die Regierung ein religiöses Zentrum nach Österreich holt und mit völkerrechtlichen
Privilegien ausstatte, sodass es nicht kontrolliert werden könne - ein religiöses
Zentrum aus einem Land, in dem Homosexuelle bestraft werden und der Großmufti
dazu aufrufe, 12-jährige zu verheiraten und christliche Kirchen abzureißen.
"Für wie dumm hält die Bundesregierung die Österreicher, formulierte Dönmez
drastisch und warf der Regierung vor, bei dieser Entscheidung nur an Petro-Dollars
zu denken. Mit Geld sind aber die Grünen nicht zu beeindrucken, hielt Bundesrat
Dönmez fest. Den Dialog mit den Moslems will Dönmez mit den in Österreich lebenden
Moslems führen. Saudi-Arabien habe Wien als Standort für das Glaubenszentrum
ausgewählt, um von hier aus den deutschen Sprachraum und den Balkan "zu
beackern". Auch die amerikanische Politik habe bei dieser Entscheidung
ihre Finger im Spiel, sagte der Bundesrat und warf den Saudis vor, ihre Form
des Islams zu exportieren und nannte dabei das Beispiel Bosniens.
Kurzbericht
in "Heute" vom 20.7., der oö grüne Bundesrat Efgani Dönmez war von
Anfang an ein heftiger Kritiker dieses Zentrums, die Grünen lehnen diese Einrichtung
wegen ihres reaktionären Hintergrundes ab,
siehe Info Nr. 617!
Bundesrat Christoph
KAINZ (V/N) räumte ein, dass diese Einrichtung umstritten sei, erinnerte
aber zugleich an die große Tradition Österreichs, den Dialog zu führen und Brücken
über Gräben hinweg zu bauen. Man könne mit der Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien
nicht zufrieden sein. Österreich versuche, auf Verbesserungen hinzuwirken. Das
Zentrum soll diesen Dialog führen, daher wurden andere Religionen und Vertreter
der Zivilgesellschaft eingebunden. Dieses Zentrum wird breite Zustimmung gewinnen,
meinte Kainz und trat dafür ein, den Dialogs mit Saudi-Arabien und mit dem ebenfalls
beteiligten Spanien voranzutreiben. Es gelte Mauern und Vorurteile abzubauen
und zu einem Umdenkprozess in Saudi-Arabien beizutragen. Dazu werde dieses Zentrum
beitragen, daher stimme er der Einrichtung dieses Zentrums zu.
Bundesrätin
Muna DUZDAR (S/W) riet dazu, "die Kirche beim Dorf zu lassen"
und hielt es für falsch, das Dialogzentrum als ein Zentrum Saudi-Arabiens zu
bezeichnen. Das internationale Abkommen zwischen Spanien, Österreich und Saudi-Arabien
regle, dass dieses Zentrum eine internationale Organisation sein soll, was nichts
mit dem Export der saudi-arabischen Form des Islam zu tun habe, hielt die Rednerin
Bundesrat Dönmez entgegen. Duzdar registrierte auch in Saudi-Arabien das Interesse
an Dialog und Veränderung und verlangte, diesem Zentrum eine Chance zu geben.
Bundesrat Marco SCHREUDER (G/O) wies den Eindruck zurück, das Dialogzentrum
sei eine österreichisch-spanische Einrichtung mit einem kleinen saudischen Anteil.
In Wahrheit handle es sich um eine Stiftung, die ihren Sitz in Saudi-Arabien
hat, wo Homosexuelle verfolgt und Frauen ausgepeitscht werden. Menschenrechte
sind unteilbar und nicht verhandelbar, hielt der Bundesrat mit Nachdruck fest.
Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) warf Bundesrätin Duzdar Naivität vor.
"Wer zahlt, schafft an", sagte Krusche, "und anschaffen werden
bei diesem Zentrum die Saudis". Er wisse aus eigener Erfahrung, wie unfrei
die Menschen in Saudi-Arabien leben, sagte Krusche und stimmte Dönmez zu, der
sagte, die Saudis wollten einen Brückenkopf in Wien schaffen. "Wir handeln
uns hier ein Trojanisches Pferd ein", sagte Krusche.
Staatssekretär
Wolfgang WALDNER erinnerte an den langen Dialogprozess, der dem Abschluss
dieses Abkommens bereits in anderen Städten vorangegangen sei und nunmehr permanent
in Wien geführt werden soll. Das sei logisch, weil Österreich lange Erfahrung
im internationalen Dialog hat und als internationaler Amtssitz über großes Ansehen
verfüge. Die Funktion Wiens als Drehscheibe für Dialog und Friedensbemühungen
werde damit unterstrichen. Die Furcht mancher Redner vor diesem Dialog sei für
ihn nicht verständlich und es sei auch nicht fair, diesem Zentrum eine bestimmte
Ausrichtungen zu unterstellen, dafür gebe es keine Hinweise. Das Direktorium
des Zentrums wird von Spanien und Österreich mit ausgewählt werden, weder der
König noch andere Vertreter Saudi-Arabiens seien im Direktorium vertreten, teilte
der Staatssekretär mit. Das Zentrum ist laut Gründungsübereinkommen den Menschenrechten
und der Menschenrechtskonvention verpflichtet, hielt der Staatssekretär fest
und unterstrich die Bedeutung des Dialogs zwischen den Religionen für den Weltfrieden.
Dieses Zentrum ist keine Missionseinrichtung, sondern eine Einrichtung zur Förderung
des weltweiten Dialogs zwischen den Religionen, schloss der Staatssekretär.
Bundesrätin
Monika MÜHLWERTH (F/W) bezweifelte, dass das interreligiöse Zentrum dazu beitragen
könne, Saudi-Arabien zu einem liberalen Staat mit westlichen Menschenrechtsstandards
zu machen. Diese Vorstellung sei völlig unrealistisch, sagte die Bundesrätin
und warf den Regierungsparteien Naivität vor.
Bei der von der FPÖ verlangten namentlichen Abstimmung beschloss der Bundesrat bei 53 abgegebenen Stimmen mit 41 Ja- gegen 12 Nein-Stimmen, keinen Einspruch zu erheben.