Für die Pfarrer-Initiative ist Missbrauch von Menschen in
jeder Form inakzeptabel. Dieser widerspricht schwerwiegend unserem Verständnis
von Kirche und vom Dienst an den Menschen im Geist des Evangeliums Jesu. Gerade
in der Kirche sind Menschen vor Ausnützung und Ausbeutung in jeder Form zu
schützen. Menschen, die Opfer von Missbrauch oder Ausbeutung geworden sind, ist
mit Respekt und Solidarität zu begegnen.
Daher behält sich der Vorstand der Pfarrer-Initiative vor,
eine Aufnahme als Mitglied der Pfarrer-Initiative bei Vorliegen offener Fragen
im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen bis zu deren Klärung lt. Statuten §
5/2 zu verweigern.
Weiters verpflichtet sich jedes Mitglied der
Pfarrer-Initiative, im Fall der Konfrontation mit von den zuständigen
behördlichen und/ oder kirchlichen Stellen als erhärtet eingeschätzten
Missbrauchsvorwürfen an deren Klärung durch die damit beauftragten behördlichen
und/oder kirchlichen Stellen aktiv mitzuwirken.
Bis zur Klärung dieser Vorwürfe wird die Mitgliedschaft in
der Pfarrer-Initiative ruhend gestellt.
Werden die Vorwürfe von den beauftragten kirchlichen und
behördlichen Stellen als zutreffend erklärt, beendet der Vorstand die
Mitgliedschaft des betreffenden Mitglieds lt. Statut § 6/4.
Was aber hat Schüller gehindert, vorbeugend tätig zu werden? Der Abt des Klosters St. Peter in Salzburg hatte im März 2010 seine Übergriffe zugegeben, siehe dazu Info Nr. 102. Wenn der ORF und andere Medien darüber berichtet haben, dann hatten ja wohl auch Schüller und andere Personen seiner Initiative ausreichend Gelegenheit, davon zu erfahren. Schüller meinte nun, er habe zwar gewusst, dass der Abt "wegen Vorwürfen zurückgetreten ist, aber mehr habe ich nicht gehört". Nun habe er sich "aber schlau gemacht".
Der Umgang der Pfarrerinitiative mit Mitgliedern unter
Missbrauchsverdacht ist eine Schande
Anfang März 2010 wurde zum ersten Mal klar, welches Unheil
wohl über die katholische Kirche in Österreich hereinbrechen wird. Der Abt von
St. Peter in Salzburg - immerhin das älteste Kloster im deutschen Sprachraum -
gesteht, Ende der 1960er-Jahre einen zwölfjährigen Buben missbraucht zu haben.
Am 9. März tritt der bekannte Ordensmann zurück. Nationale und internationale
Medien berichteten entsprechend darüber. Nur die Pfarrer-Initiative rund um
Helmut Schüller scheint das mediale Echo nicht gehört zu haben. Dort ist der
Salzburger Ex-Abt nämlich bis dato Mitglied - gemeinsam mit einem weiteren
Pfarrer, der unter Missbrauchsverdacht steht.
Sollte etwa die Nachricht der späten Beichte von Abt Bruno
die Pfarrhof-Rebellen nicht erreicht haben, ist dies angesichts der Tragweite
des Falles befremdlich. Dass aber jetzt ausgerechnet eine Organisation, die
gerne lautstark die verkrusteten Strukturen der Kirche kritisiert, im Fall
eines geständigen Kinderschänders in den eigenen Reihen zuerst im Vorstand
einen Regelkatalog für die weitere Vorgehensweise beschließen muss, um dann
noch eine eingehende Prüfung beider Fälle anzukündigen, ist eine Schande. Zur
Erinnerung: Es war Schüller, der ab 1996 als Leiter der Ombudsstelle der
Erzdiözese Wien Regeln für kirchliche Mitarbeiter im Umgang mit Missbrauch
verfasste.
Zumindest Gehorsam dem eigenen Gewissen gegenüber sollte man
auch den "Ungehorsamen" abverlangen können.
(Markus Rohrhofer, DER
STANDARD, 31.10./1.11.2012)