Ungeleugneter Aggressivatheismus

"Die Welt" interviewte am 6.1.2013 den deutschen Kardinal Reinhard Marx. Unter anderem wurde er dabei gefragt, ob von der gegenwärtigen europäischen Politik "nicht gerade kirchliche, wenn nicht gar christliche Bastionen geschleift" würden.
Er antwortete: "Partiell ist ein neuer, aggressiver Atheismus nicht zu leugnen. Es gibt die Tendenz, Religion als etwas Vormodernes, Unruhestiftendes wahrzunehmen. Es führt zu Versuchen, Religion aus dem öffentlichen Bereich herauszuhalten. Deshalb ist es wichtig, deutlich zu machen, dass die Furcht vor der Religion unberechtigt ist. Religion ist nicht unvernünftig, sondern eine Quelle des Friedens, der Entwicklung, ja auch des Fortschritts, wenn man ihn nicht nur materiell definiert. Das sollten wir offensiv vertreten. Nur jammern und klagen, das wäre der falsche Weg."

Der kennt meine Homepage! Weil sonst gibt es nirgends einen Atheismus, der sich selber aggressiver Krawallatheismus nennt! Und klarerweise nimmt ein aggressiver Krawallatheist Religion so wahr, wie sie ist: mehr oder weniger vormodern und mehr oder weniger unruhestiftend. Kommt natürlich auf die Religion an! Der Islam ist sicherlich vormoderner und unruhestiftender als der Katholizismus und im öffentlichen Bereich haben beide nix verloren, Religion ist eine private Angelegenheit, wie Vegetarismus oder Bodybuilding. Kann jeder machen, wie er will, wenn's nicht verboten ist, aber öffentliches Aufsehen darüber ist entbehrlich.

Die Furcht vor der Religion ist ebenso unterschiedlich.
Gegenüber salafistischen Extremisten ist sicherlich mehr Vorsicht angebracht als gegenüber Kardinal Reinhard M. (ein Kardinal mit so einem Namen sollte sich umbenennen lassen, aus Respekt vor Karl Marx und auch aus religiösen Gründen, sonst glauben Gläubige noch, er handele mit Opium). Die Furcht in der Religion war früher die Gottesfurcht, ein gräulicher Gott warf seine Feinde ins ewige Feuer. Das darf er jetzt nimmer, was allerdings seine Geschäftserfolge beeinträchtigt. Als ich ein Kind war, bin ich noch ins Fegefeuer gekommen, weil ich am Sonntag nicht in die Kirche ging. Gefürchtet hab ich mich trotzdem nicht, weil mir meine Eltern sagten, was der Pfarrer redet, ist eh lauter Blödsinn. Das hab ich infolge von zwölf Jahren Religionsunterricht dann auch selber konkret und umfassend wahrgenommen. Darum freut es mich von Herzen, wenn Kardinal M. nun seine Religion verteidigen muss und nimmer die Religionsfernen zornbebend verdammen kann. Ist doch schön.

Und gespannt warten wir Atheisten auch 2013 darauf, die Vernunft in der Religion kennen zu lernen
, ihre Qualität als Friedensquelle zu prüfen und irgendwas wahrzunehmen, das die Religion gar auch noch als Quelle des Fortschritts zeigt und das auch noch offensiv! Nu, man weiß ja nie, vielleicht erlaubt der Papst 2013 den zölibatären Priestern die Selbstbefriedigung? Und den katholischen Ehepaaren Präservativ, Pille und Spirale oder wenigstens den coitus interruptus? Nein, man soll nicht scherzen über den katholischen Fortschrittsdrang!