In "Die Welt" vom 27.2.2013 schrieb die offenbar streng katholische
Journalistin Hildegard Stausberg über den abgedankten Papst Ratzinger.
Sie
schreibt unter dem Titel "Ein Papst, der es bei den Deutschen schwer hatte"
und beweinte die ablehnende Haltung gegenüber der Ratzinger-Ideologie durch
viele seiner Landsleute, er habe es nirgends so schwer gehabt wie in seiner
Heimat. Dass die Missbrauchsverbrechen einfach nicht mehr vertuscht werden konnten
und sich Ratzinger diesbezüglich zumindest zerknirschen musste, rechnet sie
ihm als Verdienst an.
Sie fasst christlich moralisierend zusammen:
"Die Aussichten, dass es noch einmal einen Papst aus unseren Breiten
gibt, sind unwahrscheinlich. Denn in der Tat müssen die Repräsentanten jener
Länder eine Chance bekommen, wo der Katholizismus stark und wichtig ist, ja
wo er wächst - wie zum Beispiel in Indien. Wir in Deutschland haben
zwar eine reiche, aber auch glaubensschwache Kirche - und eben dies ist ihr
- und unser - Problem. Atheismus mag intellektuell brillieren, aber er höhlt
die moralischen Grundlagen eines Landes aus. Das haben die beiden
Diktaturen auf deutschem Boden bewiesen - beide, Nazis wie die Kommunisten,
waren zutiefst christenfeindlich."
Der berühmte Christenfeind
Adolf Hitler dankte nach dem Sieg über Polen dem Herrgott für seinen Segen:
Unmoralisch war Hitler sicher,
aber nicht gottlos. Er hatte sich bezüglich Judenverfolgung und Gott schon 1923 in seinem
Buch "Mein
Kampf" auf Seite 69/70 so positioniert: "Siegt der Jude mit Hilfe seines
marxistischen Glaubensbekenntnisses über die Völker dieser Welt, dann wird seine
Krone der Totentanz der Menschheit sein, dann wird dieser Planet wieder wie
einst vor Jahrmillionen menschenleer durch den Äther ziehen. Die ewige Natur
rächt unerbittlich die Übertretung ihrer Gebote. So glaube ich heute im Sinne
des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe
ich für das Werk des Herrn."
Im 1933 von Hitlerdeutschland mit dem Vatikan geschlossenen Konkordat stand
im Artikel 30: "An den Sonntagen und den gebotenen Feiertagen wird in den Bischofskirchen
sowie in den Pfarr-, Filial- und Klosterkirchen des Deutschen Reiches im Anschluss
an den Hauptgottesdienst, entsprechend den Vorschriften der kirchlichen Liturgie,
ein Gebet für das Wohlergehen des Deutschen Reiches und Volkes eingelegt."
Es gab somit keine moralischen Bedenken der katholischen Kirche, für Hitlerdeutschland
zu beten.
Im Passauer Bistumsblatt stand anlässlich des Hitlergeburtstages vom 20.
April 1941: "In Deiner Hand, o Gott, liegt die Herrschaft über alle Reiche
und Völker der Erde. Lass uns ein heldenhaftes Geschlecht sein und unserer Ahnen
würdig werden. Segne die deutsche Wehrmacht, welche dazu berufen ist, den heimischen
Herd zu schützen, und gib ihren Angehörigen die Kraft zum höchsten Opfer für
das Vaterland. Segne besonders unsern Führer und Obersten Befehlshaber in allen
Aufgaben, die ihm gestellt sind. Lass uns alle unter seiner Führung in der Hingabe
an Volk und Vaterland eine heilige Aufgabe sehen, damit wir durch Glauben, Gehorsam
und Treue die ewige Heimat erlangen."
Hitler blieb bis zu seinem Selbstmord am 30. April 1945 Mitglied der katholischen
Kirche - Erzbischof Adolf Kardinal Bertram, Fürstbischof von Breslau, gab nach
Hitlers Tod allen Pfarrämtern seiner Erzdiözese Anweisung, ein feierliches Requiem
zu halten im Gedenken an den Führer und alle im Kampf für das deutsche Vaterland
gefallenen Angehörigen der Wehrmacht. Nach dem Krieg konnten tausende NS-Kriegsverbrecher - angefangen
mit dem Organisator der Judenmorde, Adolf Eichmann
- mit Hilfe des Vatikan und der Caritas in den Nahen Osten oder nach Südamerika
flüchten. Aber die Nazis waren Christenfeinde und ihre Unmoral kam aus der Christenfeindschaft
und nicht aus der gar nicht so christenfernen Herrenmenschenideologie.
Wie weit in der DDR die Moral ausgehöhlt worden war, ist schlecht zu beurteilen.
Nach dem Ende der DDR waren dort jedenfalls die Straftaten noch längere Zeit
deutlich niedriger
als im christlichen Westdeutschland und Werte, welche die Gemeinschaft betreffen,
werden in den neuen Bundesländern heute noch höher geachtet als in den Gegenden
mit heftiger christlicher Tradition. Religionsfrei ist man dort immer noch.
In den USA ist Religion weitaus verbreiteter als in Deutschland, trotzdem sind
in Deutschland pro 100.000 Einwohner 88 in Haft, in den USA 760. Religion scheint
wertemäßig nicht viel zu helfen.
Frau Stausberg fordert am Schluss ihrer Ausführungen: "Der Rücktritt
Benedikts sollte gerade deshalb für die deutschen Katholiken zu einem Anlass
des Nachdenkens werden: Wir sind daran gewöhnt, von unserer Kirche zu fordern,
aber vielleicht müssen wir selber mehr Einsatz zeigen - in den Familien, den
Schulen, Universitäten, ja der Öffentlichkeit insgesamt. Noch immer gibt es
zigtausende, die auf allen Ebenen - als Laien und Priester - den Menschen die
Botschaft Jesu verkünden - und damit die Grundlagen unserer jüdisch-römisch-christlichen
Welt weiter vermitteln. Glaube wird einem nicht geschenkt: Man muss selbst aktiv
dafür arbeiten. Auch das gehört zur Botschaft des Rücktritts von Benedikt XVI."
Von der Welt der Aufklärung hat Frau Stausberg noch nichts gehört. Sie will
die Wertewelt des Altertums und des Mittelalters vermitteln. Hoffentlich ohne
Steinigung und Scheiterhaufen. Und was kommt dann?
Das christliche US-Wertesystem ohne Sozialstaat, aber mit vielen Strafhäftlingen?