Lichtnahrung im ORF

Ergänzt am 7.3.2013, siehe unten.

Der 2010 vom ORF-Filmkritiker Peter A. Straubinger gedrehte Film "Am Anfang war das Licht" wird am 6.3.2013 im ORF-Abendprogramm um 20h15 in ORF Eins gezeigt. In TV-Media wird der Film so angekündigt: "Doku-Film, Ö 2010 - Gibt es Menschen, die ohne Nahrung leben? Der österreichische Filmemacher P.A. Straubinger geht einem der größten Rätsel der Naturwissenschaften auf den Grund".

TV-Media kommt im Fellner-Verlag heraus, von dort stammt auch die Tageszeitung "Österreich", es ist also allein schon deswegen angebracht, solche Ankündigungen mit Vorsicht zu genießen. Auf der Skeptiker-Site der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) steht zu diesem Film zu lesen: "Am Anfang war das Licht", Eso-Fantasy-Zelluloidleiche, für die Regisseur Peter A. Straubinger 2011 das "Goldene Brett vorm Kopf" einheimste.

Die Kritik an dem Film war damals heftig
, die Esoteriker marschierten trotzdem oder gerade deswegen in Bataillonen ins Kino. Der ORF ist jetzt vorsichtig, in seiner Programmvorschau dichtete er die Art der Filmgestaltung etwas um.

Einleitend schreibt der ORF: "In seinem Dokumentarfilm begibt sich der Filmemacher Peter A. Straubinger auf eine Fährtensuche rund um den Globus, um dem Phänomen auf den Grund zu gehen: nach Indien, China, in die Schweiz, in das Wiener AKH und in die USA. Straubinger befragt Fastenärzte, Schulmediziner, Heilige, Psychiater, Quantenphysiker, Yogis und Bewusstseinsforscher. Sie alle erklären, beobachten, hinterfragen, führen ein - oder scheitern am Leben ohne feste Nahrung. Lichtnahrung ist ein Phänomen, das in einem materialistischen Weltbild keinen Platz hat. Die Reaktionen fallen bei vielen heftig, wenn auch sehr unterschiedlich aus. Peter A. Straubinger bekommt das seit Jahren persönlich zu spüren. Wissenschaftler raufen sich die Haare, die Esoterik-Welt jubelt, Skeptiker sprechen von Selbsttäuschung."

Und dann wird aus dem kritisierten esoterischen Propaganda-Film ein anderer: "Straubinger geht bewusst naiv der Behauptung nach, dass es Menschen gibt, die ohne Essen und ohne Flüssigkeit überleben können. Wie weit es sich bei "Lichtnahrung" um Scharlatanerie oder esoterisches Spinnertum handelt, lässt er im Film offen."

Straubinger stellte sich also bloß naiv! Er war es gar nicht? Dem widerspricht eine vom ORF zitierte Aussage Straubingers: "Mir ist es vor allem um das wissenschaftliche Phänomen gegangen. Wenn es einen Menschen auf der Welt gibt, der dauerhaft ohne Essen und Trinken leben kann, stellt es einige Dogmen der Wissenschaft auf den Kopf." Und daran zu glauben, dass der im Film geschilderte Unsinn wahr sein könnte, ist die Basis des Filmes.

GWUP schreibt dazu jedenfalls: Der Film sei hirnverbrannter Unsinn - "Die Frage 'Betrug oder Wunder?', welche der ORF in seiner Ankündigung ernsthaft stellt, ist an sich schon eine Beleidigung für jeden denkenden Menschen. Hoffen wir also auf die angekündigte 'vertiefende Diskussion' ab 21.55 Uhr, zu der neben Peter Straubinger und dem Medizin-Humoristen Rüdiger Dahlke auch Professor Ulrich Berger vom GWUP-Wissenschaftsrat und die Psychologin Ulrike Schiesser von der österreichischen Bundesstelle für Sektenfragen eingeladen sind."

Es könnte also für den esoterisch-abergläubischen Straubinger ein unsanftes Erwachen aus seinen Lichtträumen geben. Hier ein kurzer Videoclip, der die Flucht des nahrungslos nur von Licht lebenden Hira Ratan Manek zeigt: während seiner Nahrungsaufnahme in einem Restaurant bemerkte er die Kamera und ergriff eilig die Flucht.


Und wie gewohnt auf der atheisten-info-Site: über den Schmarrn mit der Lichtnahrung war hier natürlich schon 2010 was zu finden, Prof. Ulrich Berger "Am Anfang war das Licht: Von Lichtnahrung, Quantenmystik und Zuschauermanipulation" - hier die Lichtnahrung.pdf zum Selberlesen. Ulrich Berger diskutiert auch am 6.3. mit. Da werden der Straubinger und der ORF Probleme kriegen.

Nachtrag vom 7.3.:
Die Fernsehdiskussion am 6.3. zeigte tatsächlich den Filmer Straubinger als esoterischen Fanatiker, der glaubte seine sogenannte "Doku" als eine Art wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Materialismus sehen zu können. Auch auf Vorhaltungen von Ulrich Berger bezüglich des Weglassens von wesentlichen Gegenargumenten zu den Lichtnahrungsmärchen reagierte er mit stereotyper Leugnung dieser Sachverhalte.

Dazu zwei Screenshots von der Diskussion:
Bild 1 zeigt die Unvernunft, Bild 2 die Vernunft.


Peter Straubinger - ein esoterischer Eiferer, der anscheinend mit Begeisterung auf jeden ihm zusagenden Schmarrn hereinfällt


der Mathematiker Ulrich Berger, der in der Diskussion die Realität vertrat

PS: bereits am 18. Mai 2010 erschien im Guardian ein Artikel des indischen Rationalisten Sanal Edamaruku, in dem sich dieser über einen indischen Schwindler lustig machte, der ein nahrungsloses Leben behauptete, aber bei einer angeblichen wissenschaftlichen Untersuchung durch einen Arzt, der eng mit einer indischen Sekte verbunden ist, die Nahrlosigkeit und Askese in ihrem Programm hat, wurde Edamaruku der Zutritt verweigert. Weil das wussten die Tatbeteiligten: Edamaruku deckt solche Schwindeleien mit Sicherheit auf! Hineingefallen ist natürlich der Straubinger, der verteidigte in der Diskussion diese Pseudountersuchung vehement.
Hier noch ein Video-Clip vom April 2010: Edamaruku setzt sich in einer indischen TV-Sendung mit dem Nahrungslosigkeitsschwindel auseinander. Sprachlich leider nicht verständlich, kurze englische Erklärungen werden eingeblendet, gezeigt wird u.a. wie der Nahrungs- und Wasserlose gierig aus einem Badezuber trinkt.


Wobei nun die Frage bleibt: Warum befasst sich der ORF mit solchem Blödsinn? Hat der ORF nicht einen Bildungsauftrag? Warum zeigt man dann einen Film, der Volksverblödung verursachen kann? Wer ist dafür verantwortlich?

PS: Auch vom ORF-Stiftungsrat bekam die ORF-Leitung für diese Trottelei entsprechende Kritik, ORF-Chef Wrabetz stellte dann selber fest: Der Straubinger-Film sei "inhaltlicher Schwachsinn" gewesen. Warum er den Schwachsinn trotzdem zur Hauptsendezeit ausstrahlen ließ, konnte er nicht nachvollziehbar erklären, siehe dazu Kurier-Artikel.

PPS: Die Sendungsquoten lauteten: 20:15, "Am Anfang war das Licht", Quote: 473.000 - Diskussion darüber um 21:55, Quote 301.000. Da wurde der Schwachsinn etwas unproportinal ans Publikum verteilt - das Verhältnis von Schwachsinn zur Diskussion über den Schwachsinn ergibt nicht ganz 5:3 für den Schwachsinn. Herzliches Beileid dem Bildungsauftrag.