Papst Jorge Mario Bergoglio

Am 13.3.2013 konnte der ORF wieder einmal ausführlich vatikanischer Hofberichterstattung frönen. Mit guten Quoten. Die Sendung "Bundesland heute" hat in der Regel zwischen 1 und 1,3 Millionen Zuschauer, Zeit im Bild meist geringfügig weniger. Am 13.3. gab's um 19h 1,228 Millionen, weil der "weiße Rauch" aus dem Vatikan gemeldet wurde, schnellte die Quote bei der "Zeit im Bild" auf knapp 1,6 Mio und steigerte sich bis zur Bekanntgabe des Namens des neuen Papstes auf fast 1,8 Millionen, danach sank sie wieder ab und die ZiB2-Quote war nur noch ein bisschen höher als gewohnt. Bei 5.361.287 Katholiken im Lande, sind auch 1.794.000 Zuschauer keine Sensationszahl und schließlich haben ja nicht nur Katholiken zugeschaut.

Interessant, dass der Besucherzähler für die atheisten-info-Homepage gestern ab dem Moment, wo im TV der Aufstieg von weißem Rauch verkündet wurde, in die Höhe schnellte. Aber klarerweise war zu diesem Zeitpunkt auf der Site noch nichts zu finden. Auch wenn ich mich immer bemühe, aktuell zu sein, so aktuell geht's auch nicht, bin weder ein Hellseher, noch hab ich über diesen Bergoglio was gewusst, er war auf der Liste der Wettanbieter nicht unter den Favoriten. Um 21h30 gab's dann die Info Nr. 1343 mit dem lateinischen Titel " Habeant Papam " (sie haben einen Papst). Jedenfalls stieg die Zahl der Site-Visitors von 995 am 12. März auf 1.524 am 13., im Monatsschnitt hat die Site sonst pro Tag zwischen 700 und 800 Besucher, ein neuer Papst hebt also auch Atheisten-Umsätze. Was lernen wir daraus: auch Atheisten sind begierig auf päpstliche Nachrichten. Das passt wieder zum alten Witz: "warum nerven Atheisten? Sie reden ständig über Gott". Oder über den Papst.

Also schauen wir einmal, was sich auf die Schnelle seit gestern über den neuen Katholiken-Boss finden ließ. In der Sache mit der argentinischen Militärdiktatur und Bergoglios Verhältnis dazu, stehen sich zurzeit Aussagen von Betroffenen und Dementis des Beschuldigten gegenüber. Auf südamerikanischen Sites gibt's dazu ausführlichere Darstellungen, aber eben auf spanisch oder portugiesisch. Iris Costa, die Atheistin aus Brasilien, wird ja regelmäßigen Besuchern meiner Site bekannt sein, sie ist allerdings auch noch nicht dazugekommen, solche Texte zu übersetzen, ich habe daher hier Verlinkungen mit dem Original und der Google-Übersetzung zu einer solchen Site gesetzt. Wo man dann allerdings zur Erkenntnis kommt, dass einem eine Google-Übersetzung aus dem Portugiesischen eher "spanisch" vorkommt.

Jedenfalls ließ Iris Costa wissen, dass Bergoglio schon bei der Wahl Ratzingers einer der Favoriten gewesen sei, aber über ihn aus Kreisen der Kirchenhierarchie Vorwürfe bezüglich seines Verhältnisses zur Militärdiktatur verbreitet wurden, denen er vorsorglich mit einer Autobiographie entgegengetreten war.

Außerdem wies Costa darauf hin, dass Bergoglio ein enges Verhältnis zu den "Legionären Christi" hat(te), diese Organisation wurde vom "bedeutendsten" klerikalen Kinderschänder der katholischen Kirche, Marcial Maciel, gegründet, Maciel konnte seine Verbrechen durch Jahrzehnte unbehelligt tätigen, weil alles vertuscht wurde, 2004 empfing und segnete Papst Wojtyla ihn noch, erst in seinen letzten Lebensjahren wurde er seiner Funktion enthoben, seine Verbrechen vom Vatikan erst nach seinem Tod eingestanden. Maciel und seinem Verein nahegestanden zu sein, ist alles andere als ein Verdienst.

Die Kirchner-Regierungen haben in Argentinien die Zeit der Militärdiktatur aufgearbeitet und hunderte Tatbeteiligte sind zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden, die aktuelle Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner, Peronistin und Nachfolgerin ihres verstorbenen Ehemanns Néstor Kirchner, hat Bergoglio mittelalterliches Denken und Verhalten vorgeworfen, jetzt musste sie ihm ein Glückwunschschreiben schicken, das sehr distanziert ausfiel:
"Eure Heiligkeit Francisco, in meinem Namen, im Namen der argentinischen Regierung und allen Menschen in unserem Land grüße ich Sie und spreche Ihnen meine Glückwünsche zum Ergebnis aus, welches Sie zum neuen Oberhaupt der Kirche erwählte. Es ist unser Wunsch, dass Sie mit ihrer Annahme der Führung und Lenkung der Kirche, für die Durchführung einer so großen Verantwortung in Bezug auf Gerechtigkeit, Gleichheit, Brüderlichkeit und den Weltfrieden, eine fruchtbare pastorale Aufgabe übernehmen. Ich bringe Eurer Heiligkeit meine Achtung und meinen Respekt entgegen."
Immerhin hat Präsidentin Kirchner damit zwei der drei Losungen der von der katholischen Kirche tief gehassten französischen Revolution in ihren Glückwunsch eingebaut, die Gerechtigkeit kommt aus der peronistischen Partei, die offiziell "Partido Justicialista", also Gerechtigkeitspartei heißt. Diese Glückwünsche werden den Einserfranz nicht begeistert haben.

Dass Papst Franz, dem nachgesagt wird, er sei hin und wieder sogar mit Straßenbahn oder Bus gefahren, ein Papst für die irdische Gerechtigkeit wird, ist wohl auszuschließen, Gerechtigkeit wird's auf katholisch auch weiterhin nur für Tote geben. Auch wenn sich Bergoglio am 13.2. am Balkon den Leuten am Petersplatz eher verschreckt und bescheiden präsentierte, als Jesuit hat er eine stramme Ausbildung, bei ihm geht's nicht ums Purpur, sondern um die katholische Sache, die wohl so bleiben wird wie gewohnt.
Spannend wird es jedenfalls werden, wie er mit dem mafiösen vatikanischen Filz umgehen wird und was er mit dem bisherigen hilflosen katholischen Gestolper in Sachen europäischer "Neuevangelisation" tun wird.