Jägerstätters Witwe verstorben

Kurz nach ihrem 100. Geburtstag ist am 16.3.2013 Franziska Jägerstätter verstorben. Zeitungsberichten zufolge soll sie öfters gesagt haben, sie werde nun ihren Franz im Himmel wiedersehen und hoffe, dass er sie noch erkennt.

In Österreich hat es Jahrzehnte gedauert, bis der 1943 hingerichtete Wehrdienstverweigerer öffentliche Anerkennung erfuhr, lange Jahre galt er als Vaterlandsverräter, der sich lieber hinrichten ließ als für Führer, Volk und Vaterland in den Krieg zu ziehen.

Aufgrund einer Buchveröffentlichung über Jägerstätter in den 1960er-Jahren in den USA (vom Mitbegründer "Pax Christi USA", Gordon C. Zahn, "In Solitary Witness. The life and death of Franz Jägerstätter") änderte sich das langsam, 1971 gab es einen Fernsehfilm (Axel Corti - "Der Fall Jägerstätter"), vierzig Jahre nach seinem Tode wurde auf Initiative seiner österreichischen Biographin Erna Putz erstmals eine Gedenkfeier abgehalten, die seither jährlich stattfindet. Schließlich stieg sogar die katholische Kirche von ihrer Meinung herunter, Jägerstätter habe falsch gehandelt, leitete 1997 ein Seligsprechungsverfahren ein, am 26. Oktober 2007 fand in Linz die Seligsprechung statt.

Warum Jägerstätter sich so ganz anders verhielt als alle seine Glaubensgenossen, wurde nie mit letzter Sicherheit erforscht.
Darum hier der Nachdruck eines kurzen Artikels aus der Nummer 3/2007 von "Jessasmaria", einem damaligen oö Freidenkerblatt:

Jägerstätters Bibelbezug
Viel wird momentan diskutiert und geschrieben anlässlich der Seligsprechung von Franz Jägerstätter. Einem kaum wahrgenommenen Aspekt ging Bischof Scheuer nach: "Die Bibellektüre ist für Franz Jägerstätter seit der Eheschließung wichtig. Vom Ortspfarrer hatte er zur Hochzeit eine Bibel bekommen. Mit eine Ursache für das starke Interesse an der Bibel dürften Diskussionen innerhalb der Familie mit Zeugen Jehovas gewesen sein. Seine Tante Maria und sein Cousin Johann waren 1927 zu den Zeugen Jehovas übergetreten. Die Hl. Schrift bietet ihm in den Auseinandersetzungen um seine Verweigerungen die Argumente gegenüber Familie und Pfarrer. Pfarrer Karobath schreibt 1945 in der Pfarrchronik: 'Wir haben ihn abhalten wollen, aber er hat uns immer geschlagen mit der Schrift'."
Obiges stammt aus dem News-Letter Nr. 59 des Bibelwerks der Diözese Linz vom 4.10.2007.
Fragen und Vermutungen in die Richtung, ob Jägerstätter somit nicht als römischer Katholik zum Märtyrer geworden sei, sondern als eine Art "undercover" ZEUGE JEHOVAS hingerichtet worden sein könnte, dürfte es also auch in der katholischen Kirche geben. Wegen Verweigerung des Wehrdienstes und des Eides auf Hitler sind in Nazideutschland ungefähr 2.000 ZEUGEN JEHOVAS umgebracht worden - Jägerstätter wäre der einzige Katholik, der aus exakt denselben Gründen hingerichtet wurde.

Soweit das Zitat aus "Jessasmaria". An dieser Möglichkeit hat sich seit 2007 nichts geändert, solange in Österreich die alten NS-Volksgenossen eine Massenerscheinung waren, konnte die katholische Kirche keinen antinazistischen Helden brauchen. Erst als die damaligen Generationen verschwunden waren, traute man sich, Franz Jägerstätter zu ehren. Und hat womöglich dafür doch keinen ganz so richtigen Katholiken erwischt. Weil die braven Katholiken, die beteten damals sonntags in der Messe für das Deutsche Reich - wie es im Konkordat mit NS-Deutschland 1933 festgelegt worden war. Jägerstätter war kein braver Katholik, aber ein anständiger Mensch.