Anlässlich der bevorstehenden Ministerratsentscheidung zur flächendeckenden
Einführung eines "Strafethikunterrichts" für alle Schüler der Sekundarstufe
II, die den Religionsunterricht nicht besuchen, übermittelte die "Initiative
Religion ist Privatsache" Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) ein brisantes
Positionspapier.
Das Dokument, das prominente akademische Unterstützung
genießt, fordert die sofortige Beendigung des Schulversuchs "Ethikunterricht"
in seiner jetzigen Form; zu gravierend sind die verfassungsrechtlichen, pädagogischen
und gesellschaftspolitischen Bedenken, die mit diesem Religions-Ersatzpflichtgegenstand
einhergehen. Dem Papier ist aber auch eine Alternative zu entnehmen:
ein weltanschaulich neutraler "Ethik- und Religionenunterricht", der für alle
Schüler -ungeachtet ihrer Weltanschauung, Herkunft oder ethnischen Zugehörigkeit
-zu gelten hat. Maßnahmen und Bedingungen, die die Unabhängigkeit und Qualität
dieses Unterrichts gewährleisten sollen, nennt das Positionspapier ebenfalls:
darunter fallen, beispielsweise, ein ausschließlich universitärer Lehrgang für
Ethiklehrer sowie die Untersagung an Lehrer, in ein und derselben Schule sowohl
Ethik als auch Religion zu lehren.
Für Initiative-Vorstandsmitglied
Eytan Reif liefert das Positionspapier "dringend notwendige Antworten auf Herausforderungen,
die mit der zunehmenden Pluralisierung der österreichischen Gesellschaft in
Verbindung stehen" und zugleich "einen Warnhinweis zu bevorstehenden Verfehlungen,
die im Nachhinein schwer zu korrigieren sein werden". Laut Reif zieht das
Positionspapier dem von der ÖVP und der Kirche favorisierten "Entweder-oder
Modell", also der durch den Nichtbesuch eines Religionsunterrichts ausgelösten
Pflicht, einen Ethikunterricht zu besuchen, "endgültig den Boden unter den Füßen
weg". Harsche Kritik hat Reif für den Umgang der SPÖ mit der Ethikfrage: "Entgegen
der ausdrücklichen Position der eigenen Bildungsministerin beharrt der Parlamentsklub
der SPÖ auf einer ausschließlich einvernehmlichen Lösung mit den Religionsgemeinschaften.
Dass diese, nicht frei von Eigeninteressen, über die Umsetzungsmodalität eines
Ethikunterrichts für Konfessionsfreie entscheiden sollen, ist aber schlicht
unerhört. Ein dermaßen folgenschwerer Eingriff in das Religionsrecht Österreichs
kann nicht das Produkt eines hässlichen politischen Kuhhandels werden -das
haben unsere Schulkinder nicht verdient".
Zu den Unterstützern des Positionspapiers
zählen der Salzburger Religionspädagoge und Theologe Prof. Anton Bucher, der
bereits im Jahr 2001 im Auftrag des Bildungsministeriums eine umfangreiche Evaluierung
des Ethikunterrichts in Österreich veröffentlich hat, der Verfassungsjurist
Prof. Heinz Mayer, der Grazer Philosoph und Ethikexperte Prof. Gerhard Streminger
sowie die preisgekrönte Biochemikerin und ehemaliges Mitglied der Bioethikkommission
Prof. Renée Schroeder. Politische Unterstützung erhält das Positionspapier von
dem Grünen Bildungssprecher NR Dr. Harald Walser sowie von Nikolaus Scherak,
Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen (JuLis).
Das Positionspapier zum Ethik- und Religionenunterricht kann als PDF eingesehen werden.