Hat die SPÖ eine Aufgabe?

Am 1. Mai passierte in Österreich eine unfassbare Sensation!

Der Vorsitzende der österreichischen Sozialdemokraten äußerte sich öffentlich darüber, wo für seine Partei da sein könnte, bei der Wiener SPÖ-Maikundgebung war wörtlich zu hören: "Wir sind nicht die Lobbyisten der Steuerbetrüger, wir sind nicht die Lobbyisten der Pestizidhersteller, wir sind die Lobbyisten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Menschen in diesem Land".


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Der obige Originalton ist der Beweis, dass der Faymann das tatsächlich wirklich gesagt hat! 15 Sekunden aus dem 1 Minute und 43 Sekunden langen Zeit-im-Bild-Bericht am 1.5. über die Wiener Mai-Kundgebung! Nebenbei angemerkt: Das zeigt auch den gesellschaftlichen Stellenwert, den der ORF den arbeitenden Menschen zuweist. Wenn ein Besoffener sein Auto in den Graben fährt oder der Papst aus dem Fenster winkt, gibt's davon ausführlichere ORF-Berichte.

Wieso weiß der Faymann jetzt plötzlich, wofür seine Partei eintreten sollte? Ist ihm der Bruno Kreisky im Traume erschienen? Seit dem Parteivorsitzenden Vranitzky hat die SPÖ jeden neoliberalen Schmarrn mitgetragen und mitvollzogen, mit Klima hatte man denselben neoliberalen Fanatiker an der Spitze wie die britische Labour Party mit Blair und die SPD mit Schröder. Gusenbauer und Faymann haben sich vor allem für sich selber eingesetzt und nun plötzlich entdeckt die SPÖ, dass sie auch eine Wählerschaft hat, deren Interessen sie eigentlich vertreten sollte!

Dummerweise ist diese Klientel ausgerechnet auch noch die größte im Lande: es sind die arbeitenden Menschen, die das ganze Werkl am Laufen halten
und die seit zwanzig Jahren keine Nettoreallohnerhöhungen mehr erhielten, aber ständig die Verschärfung der Ausbeutung zu spüren bekamen. Damit es den Multimillionären, Milliardären und Spekulanten besser ergehe und diese lästigen Kosten für die menschliche Arbeitskraft abgesenkt werden konnten. Alles durchgesetzt von der ÖVP und abgenickt von der SPÖ.

2013 ist daher eine Sternstunde der SPÖ! Ihr Vorsitzender traut sich am 1. Mai zu sagen, wofür diese Partei seinerzeit gegründet wurde! Und meint dann sogar, die Partei sei auch heute noch für diesen Bereich zuständig! Will sich die Sozialdemokratie nunmehr tatsächlich öffentlich sozialdemokratisch betätigen? Was für ein Mut, was für eine Tatkraft!

Aber warten wir lieber ab. Weil vermutlich erlaubt dem Faymann die ÖVP das gar nicht. Die ÖVP, die so kluge Köpfe hat, wie den Nikolaus Berlakovich, der sich im Wahljahr 2013 als verbissener Pestizid-Lobbyist präsentiert, die wird mit der SPÖ wie gewohnt fertig werden. Weil der Klassenkampf von oben nach unten hat sich zwanzig Jahre für die Ausbeuterklasse bestens bewährt und da kann die ÖVP keinen Widerstand dagegen zulassen. Denn die ÖVP ist eine christliche Partei und vertraut voll auf das Evangelium, Mt. 25,29: "Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden."

Aber es wäre ein guter Ansatz für die SPÖ, nicht deswegen Stimmen zu bekommen, weil sich Wähler fürchten, ohne SPÖ würde alles noch schlechter, sondern ein Wahlprogramm zu bieten, dass zumindest die Hoffnung bereitet, es könnte auch einmal für die arbeitende Bevölkerung wieder ein bisschen besser werden und nicht nur für Aktionäre, Millionäre, Spekulanten und Pestizid-Lobbyisten. Die SPÖ sollte es zumindest ausprobieren. Möglichst so, dass es auch wahrnehmbar ist.
Unsereiner wird ja eh schon ganz bescheiden.