Erklärung von Bundesrat Efgani Dönmez

Mit APA-OTS Nr. 108 wurde folgende Stellungnahme von Efgani Dönmez verbreitet:

Wien (OTS) - Als türkischstämmigen Österreicher bewegen mich wie viele die Ereignisse in der Türkei emotional sehr stark. Mittlerweile fünf Tote und tausende Verletzte sind zu beklagen, weil Premierminister Erdogan die weitgehend friedlichen Demonstrationen gewaltsam aufgelöst hat.
Die Forderungen nach mehr Selbstbestimmung und einem Ende der gewaltsamen Unterdrückung der Zivilgesellschaft und der massiven Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten durch den immer autoritärer werdenden Führungsstil Erdogans finden meine volle politische Unterstützung. Dazu kamen in den letzten Tagen Drohungen gegen meine Person.
In dieser für mich auch persönlich emotional aufgeladenen Situation habe ich mich nach einer Demonstration von Erdogan-Anhängern in Wien, die den autoritär-islamischen Führungsstil des türkischen Premierminister unterstützten, dazu hinreißen lassen, das Bild "fünftausend One-Way-Tickets" für diese Demonstranten zu verwenden.
Gerade weil ich in meiner Arbeit als Sozialarbeiter jahrelang in der Flüchtlingshilfe gearbeitet habe und mich in vielen Fällen persönlich gegen menschenrechtswidrige Praktiken zur Wehr gesetzt habe, will ich noch eines klarstellen: Das von mir verwendete Bild, dass UnterstützerInnen für Erdogan das Land verlassen sollten war eine unglückliche, überspitzt getätigte Formulierung und eine Grenzverletzung. Die Abschiebung von Andersdenkenden kann niemals Grüne Position sein. Ich bedaure daher, dieses Bild verwendet zu haben und nehme es zurück. Es war nicht meine Absicht zu vermitteln, dass Menschen des Landes zu verweisen wären. Vielmehr geht es mir darum, dass konservative Gesellschaftsentwürfe eines politisierten Islams, welchen unseren Grundwerten zuwiderlaufen, in Österreich keinen Platz haben dürfen.
Mir ist die Durchsetzung von Grund- und Freiheitsrechten nicht nur in Österreich, sondern auch in der Türkei ein besonderes politisches Anliegen. Wer einen autoritär-islamischen Führungsstil unterstützt und diesen politisch auch in Österreich salonfähig machen möchte, tritt in krassem Widerspruch zu unseren demokratischen Grundwerten.

Von der Homepage von Efgani Dönmez, geschrieben am 12. Juni 2013, der folgende Text:

Gegen die Wand. Mit Recep Tayip Erdogan

Sibel Kekilli spielte in dem deutsch-türksichen Drama von Fatih Akin "Gegen die Wand" die Hauptrolle, in ihrer verzweifelten Suche nach Freiheit ging sie Kompromisse ein, welche für alle Beteiligten, fatale Folgen hatte.
Dieser Filmtitel ist auch für den türkischen Premier Erdogan zu treffend, mit dem parternalistisch-autoritären Führungsstil steuert er einer Wand entgegen. Seine Redebeiträge wirken als hätte er einem Teil der türkischen Bevölkerung den Krieg erklärt, all jenen die mit seinem konservativen, islamisch geprägten Weltbild wenig bis nichts anfangen können.
Die AKP setzt die neoliberale Politik von Premierminister Turgut Özal aus den 1980 Jahren fort, welche nach der Wirtschaftskrise 1994 die Anpassungsprogramme des IWF und mit den Beitrittsverhandlungen zur EU eine Etablierung einer islamisch-konservativen Mittelschicht erreicht hatte.
Der schwächer werdenden republikanisch-säkularen Elite steht nun eine immer stärker werdende islamisch-konservative Mittelschicht gegenüber. Beide mit unterschiedlichen Lebensstilen und Werthaltungen. Diese und weitere Faktoren, wie die große Schere zwischen Arm und Reich, Flucht der ärmeren ländlichen Bevölkerung in die Städte, einer Liberalisierung und Privatisierung weiter Sektoren beschleunigen, dass weite Teile der Bevölkerung noch mehr unter Druck geraten.
Zusätzlich wird die politische Agenda den Islam als Religion auch als gesellschaftspolitisches Konstrukt voranzutreiben massiv forciert. Was die säkular eingestellte Jugend, Arbeiter, Linke, Kurden sowie religiöse Minderheiten, wie etwa die Aleviten oder Ethnien, wie die Armenier, noch mehr unter Druck setzt.
Für Erdogan steht mehr auf dem Spiel. Die Türkei wurde und wird, als ein Musterbeispiel für "Vereinbarkeit von Demokratie und Islam", von den westlichen Ländern und auch im arabischen Raum, prolongiert. Der türkische Premier lässt keine Zeichen erkennen, dass er vor der nahenden Mauer zu der er sich mit großer Geschwindigkeit nähert, halt machen wird. Das Musterbeispiel Türkei, als "Vereinbarkeit von Demokratie und Islam" droht an der Wand, auf die sich Erdogan zu bewegt, zu zerschellen. Dies wird über die eigenen Ländergrenzen hinaus politische und religiöse Auswirkungen haben, mehr noch als eine verlorene und niedergeschlagene junge Generation in der Türkei.

PS: Zum Abschluss ein Bild aus der ZiB2 vom 11.6.2013:

Durch solche Bilder kann man sich vorstellen, dass auch ein grüner Politiker seine Nächstenliebe gegenüber den Bejublern solcher Vorgangsweisen etwas zurücknehmen könnte.

PPS: Zum verunglückten Sager von Dönmez haben sogleich Kohorten von Landes- und Bundesgrünen Kriegstänze angestimmt und seine politische Enthauptung gefordert, die seidene Schnur wurde ihm bereitgelegt, falls er nicht öffentlich Busse tut. Zum Strache-Sager, jeder, der keine Schulkreuze wolle, solle Österreich verlassen (siehe die Infos Nr. 1472 und 1479), hat jedoch grünseitig noch niemand die Pappen aufgebracht ...