Anhaltende Proteste gegen Mursi

In Ägypten kämpft die Opposition gegen den islamistischen Präsidenten Mursi mit zunehmenden Zorn und mit zunehmender Kraft. Man hat den Eindruck wieder in der Situation von 2011 vorm Sturz von Mubarak zu sein. Mursi war 2012 knapp mit 51,7 % und gut 13 Millionen Stimmen zum Präsidenten gewählt worden. Bei den Parlamentswahlen hatten die Muslimbrüder und die Salafisten eine deutliche Zweidrittelmehrheit erreicht.

Seither hat sich gezeigt, dass es für die Masse der Bevölkerung durch den islamistischen Präsidenten und die islamistische Regierung nicht besser, sondern schlechter als zu den Zeiten der autoritären Mubarak-Regierung geworden ist. Die Menschen sind nicht bereit, das weiter hinzunehmen.

Am 30.6.2013 präsentierten die Oppositionsparteien 22 Millionen Unterschriften, mit denen der Rücktritt von Mursi gefordert wurde. Bis zum Nachmittag des 1.7. haben sich Ereignisse überstürzt, am Morgen wurde nach einer Nacht der Proteste die Parteizentrale der Muslimbrüder gestürmt und stellenweise in Brand gesetzt, bisher soll es bei den Protesten sechzehn Tote gegeben haben. Vier Mursi-Minister sind zurückgetreten, nach Angaben von Nachrichtenagenturen aus Sympathie mit den Demonstranten.


Die Opposition fordert Mursi auf, bis zum 2.7. um 17 Uhr zurückzutreten. Mursi will durch die Neuwahl des Parlaments die Lage entspannen. Die Regierungsparteien hatten am 30.6. auch versucht ihre Anhänger zu mobilisieren, was aber nur in einem geringen Ausmaß gelungen zu sein scheint.

Ob es nun bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen zwischen den Regierungsparteien und der Opposition geben wird, ist schwer zu sagen. Vermutet darf jedenfalls werden, dass sich das ägyptische Militär nicht unbedingt gegen die Opposition mobilisieren lassen wird. Am Montagmorgen war kein Polizeischutz vor die Muslimbruder-Zentrale aufgezogen worden.

Im Februar 2011 war das Mubarak-Regime nicht von den Islamisten, sondern von der gebildeten säkularen städtischen Bevölkerung gestürzt worden
, bei den Wahlen konnten jedoch die gut organisierten Islamisten vor allem die ländlichen Unterschichten für sich gewinnen und die Macht übernehmen. Nun scheint auch in diesen Kreisen das Ansehn der islamischen Politik deutlich gelitten zu haben.


Meldung der "Welt" um 17h am 1.7.:
Die ägyptischen Streitkräfte dringen auf eine rasche Lösung des Machtkampfes um den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi. Er gebe der Politik 48 Stunden Zeit, die Forderungen der Bevölkerung zu erfüllen, erklärte Generalstabschef Abdel Fattah al-Sisi am Montag. Sollte das nicht gelingen, werde die Armee einen eigenen Ausweg aus der Krise "vorschlagen". Je mehr die Zeit die Politiker verschwendeten, desto größer werde die Spaltung des Landes. Die Demonstrationen gegen Mursi seien eine beispiellose Willensbekundung der Bevölkerung.