110 Jahre Papst Pius X.

Fast hätt' ich drauf vergessen, aber am 12.8.2013 war in den OÖNachrichten in der Rückblick-Kolumne auf der letzten Seite ein Bezug auf die Krönung dieses Papstes am 9.8. 1903 zu finden.


Pius der Zehnte war der Fortsetzer des Kurses Pius des Neunten (Papst von 1846 bis 1878), also ein weiterer Weltvernageler, der voller Bestürzung und Sorge wahrnehmen musste, dass die Bemühungen um die Wiederherstellung finsterer mittelalterlicher Verhältnisse bislang keine durchschlagenden Erfolge erbracht hatten.

Die damalige Zeit betitelte man als die "Moderne", das war die Zeit des Umbruchs in allen Lebensbereichen gegenüber der Tradition. Begonnen hatte dies schon im 17. Jahrhundert und seither nimmer aufgehört, die Moderne fiel also lange Zeit mit der europäischen Aufklärung zusammen. Im ausgehenden 19. Jahrhundert hatte sich zur Etablierung des Kapitalismus auch noch die Arbeiterbewegung als Gegenpol geschlagen und der heilige Katholizismus war nimmer der machtvolle geistige Herrscher, der Sinn- und Zielgeber, sondern Liberalismus und Sozialismus erlangten zunehmend gesellschaftlichen Einfluss.

Das konnte nicht Gottes Wille sein! Und darum musste die Welt wieder in vormoderne Zeiten zurückgewälzt werden. Eine der Taten von Pius X. war die massive Förderung der "Katholischen Aktion", die als organisierte Gegenbewegung zu den damaligen zeitgeistigen Strömungen agieren sollte.

Anhaltend berüchtigt ist er jedoch durch den "Antimodernismus-Eid" geblieben, den angehende Kleriker von 1910 bis 1967 ablegen mussten, darin wurde geschworen,
dass Gott mit dem natürlichen Licht der Vernunft erkannt werden könne,
dass Wunder und Prophezeiungen ganz sichere Zeichen des göttlichen Ursprungs der christlichen Religion seien,
dass die katholische Kirche von Jesus begründet und von Petrus und seinen päpstlichen Nachfolgern gebaut ist,
dass die unveränderlichen Glaubenslehre rückhaltlos anzunehmen ist,
und dass der Glaube kein blindes religiöses Gefühl, sondern durch Zustimmung des Verstandes zu empfangene Wahrheit ist.

Zu verurteilen hatten die Kleriker auch eine Menge, u.a. dass kirchliche Glaube der Geschichte widersprechen könne, dass ein Theologe wahre Glaubenssätze in seinen Forschungen für falsch halten dürfe, dass historische Forschung sich nicht an den Glauben halten müsse. Im 19. Jahrhundert hatte sich nämlich unter Theologen die historisch-kritische Befassung mit biblischen Texten ausgebreitet. Dass diese dem Glauben unweigerlich schaden musste, ist klar und es gibt auch heute noch Theologen, die deswegen diese Art der Textauslegung verdammen, siehe "Glaubenselend".

Geholfen hat das alles nix, die Rückkehr zur katholischen Dominanz über die Gesellschaft konnte nicht nur nicht mehr bewirkt werden, in langsam steigendem Ausmaß wurde im Laufe der nächsten 100 Jahre der Säkularismus zur allgemeinen Verhaltensweise der Menschen und zudem entstanden neue religiöse Nischen, seien es fernöstliche Religionen oder die weiten Bereiche des heutigen esoterischen Glaubens, die dem traditionellen Christentum weiteren Schaden zufügen. Papst Pius X. starb 1914 und wurde 1954 heilig gesprochen.