Vertreter der Russisch-Orthodoxen Kirche kündigten
am 19.8.2013 in Moskau an, intensiver gegen religions- und
kirchenkritische Gruppen vorgehen zu wollen. Zur Begründung wurde auf Proteste
gegen das Bauprogramm "200 Kirchen" verwiesen.
Die Entscheidung sei bei einem Treffen zwischen Bürgern, Bezirksabgeordneten
sowie Dozenten und Studierenden der Staatlichen Universität Moskau bekannt
gegeben worden, das in der Nähe eines Pilgerzentrums des Moskauer Patriarchats im
Südwesten der Stadt stattfand. Das berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax.
In einer Erklärung zur Gründung des Zentrums hieß es, derzeit erhebe "ein
atheistischer Extremismus sein Haupt", der von Stiftungen und
Nichtregierungsorganisationen finanziert werde, die ihre Wurzeln außerhalb
Russlands haben. Dieser erzeuge "künstliche Psychosen", heize Hysterie durch Einschüchterung
von Bürgern an und berufe sich auf nicht vorhandene Gesetze. In der Ankündigung
wurde betont, dass atheistische Extremisten oft im Namen lokaler
Graswurzelinitiativen tätig seien, wobei sich jedoch die wirklichen
Strippenzieher im Dunkeln verbergen würden. Die Kirchenvertreter führten als
Beleg verschiedentliche Fälle von Protest gegen den Bau neuer Kirchen in der
Stadt an.
Hintergrund für solche Proteste bildet die Umsetzung des mit den Moskauer
Behörden beschlossenen Programms "200 Kirchen". Im Zuge des Projekts sollen während der
nächsten zehn bis 15 Jahre insgesamt 200 neue Kirchengebäude in der Stadt
errichtet werden. Die Stadt habe zugesichert, das Vorhaben zu unterstützen, u.a.
durch kostenlose Überlassung von Bauflächen oder Hilfe bei den
Verhandlungen über die erforderlichen Kommunikations-, Strom- und sonstigen
Versorgungsnetze.
Russisch-Orthodoxer Partriarch Kyrill: Schulterschluss zwischen
Staat und Kirche "absichtlich geschaffener Mythos". Foto: Kremlin.ru / CC-BY-SA
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Schätzungen von Medien zufolge soll die Umsetzung rund eine Milliarde
US-Dollar kosten. Laut den offiziellen Angaben werden die Baukosten
ausschließlich aus Spenden finanziert. Nach Abschluss des Projekts soll es in
der Metropole mit ihren rund 12 Millionen Einwohnern eine Kirche pro 20.000
Einwohner geben. Keine Kirche soll dabei mehr als einen Kilometer von einer
Wohngegend entfernt sein. Die Fortschritte zeigt seit Monatsbeginn eine eigene Sendereihe des
TV-Senders Moskau 24.
Das bei religiösen Gruppen populäre Bauvorhaben hat zu Kritik seitens
kommunistischer und pro-demokratischer Gruppen im Land geführt. Der
Schulterschluss zwischen der politischen Führung und der orthodoxen Kirche unter
Patriarch Kyrill war unter anderem Anlass für den Auftritt der Punkband "Pussy
Riot" in der Christ-Erlöser-Kathedrale im Februar 2012. Kyrill selbst bezeichnete den Schulterschluss als "absichtlich geschaffenen
Mythos", der von Gegnern einer Wiederbelebung des post-sowjetischen Russlands
herrühre. Diese fürchten die Christianisierung der russischen Gesellschaft, so
Kyrill.