Siehe unten Fortsetzung vom 4. 10. 2014
Am 4.9.2013 meldete religion.ORF:
"Einer der bekanntesten
Comiczeichner Frankreichs muss sich wegen einer Papst-Karikatur vor Gericht
verantworten. Die Zeichnung stellt den damaligen Papst Benedikt XVI. dar, wie
er sich von hinten über ein Kind beugt.
Plantu, wie der Comiczeichner mit
Künstlername heißt, hat die Karikatur im März 2010 unter der Überschrift "Pädophilie:
Der Papst nimmt Stellung" auf seiner Internetseite veröffentlicht. Der Termin
für den Prozess wurde auf den 1. Juli 2014 angesetzt, wie das Strafgericht in
Paris am Dienstag mitteilte.
Die katholische "Organisation gegen Rassismus
und für Respekt der französischen und christlichen Identität" hatte Plantu
wegen Anstiftung zu Hass und religiöser Diskriminierung verklagt. Die Karikatur
wurde kurz nach der Internet-Veröffentlichung in einer der wöchentlichen Beilagen
der Tagezeitung "Le Monde" übernommen. (..)"
Diese kuriose Meldung
wurde nun vorerst für atheisten-info nur für die Septemberausgabe der PDF-Reihe
"Neues aus den Metawelten" vorgemerkt, aber heute am Morgen sah
ich in der Zugriffsstatistik, dass die Info Nr. 755 vom 19.2.2012 gestern ein
paar hundertmal aufgerufen worden war. Die Suchmaschinen waren nach "Plantu"
und nach "Pädophilie" und nach "Papst nimmt Stellung" gefragt
worden. Die Info Nr. 755 mit dem Titel "Klage
gegen Karikaturisten" zeigte die anzeigte Karikatur.
Hier der
diesbezügliche Inhalt der Info 755:
Klage gegen Karikaturisten
... überraschenderweise in Frankreich und wegen einer Papstkarikatur, die
2010 während des Höhepunktes des katholischen Missbrauchsskandals
erschien:
die Überschrift
lautet: Pädophilie: Der Papst nimmt Stellung -
der Junge sagt: "Hört auf
euch ficken zu lassen, geht lieber am Sonntag wählen!
(es
waren damals Regionalwahlen angesetzt)
Ein Verein mit dem Namen "Generalallianz gegen Rassismus und für Respekt vor
der französischen und christlichen Identität" brachte die Klage gegen Jean
Plantureux ein, unter dem Kürzel "Plantu" ist dieser einer der bekanntesten
französischen Karikaturisten, für Le Monde liefert er täglich eine
Zeichnung. Die Kläger sehen in der obigen Karikatur eine "Anstiftung zur
Diskriminierung". (..)
Soweit der Auszug aus der Info Nr. 755. Der
Bericht vom Februar 2012 bezog sich also bereits auf eine zwei Jahre alte Karikatur
und nach vier Jahren soll nun tatsächlich im säkularen Frankreich, wo es keinen
Blasphemie-Paragrafen gibt, ein Prozess wegen "Anstiftung zu Hass und religiöser
Diskriminierung" ablaufen.
In Deutschland hatten katholische
Kreise wegen einer ähnlichen Karikatur in der Satire-Zeitschrift "Titanic"
versucht, beim Presserat entsprechende Beschwerden einzubringen und nach dem
Staatsanwalt gerufen:
Vergeblich,
den Staatsanwalt interessierte das nicht und der Presserat entschied, die Karikatur
sei eine zugespitzte Darstellung eines gesellschaftlichen Missstandes innerhalb
der Institution Kirche und daher wäre keine Religion geschmäht worden. Die Karikatur
sei provozierend, genau deshalb rüttelte sie auf und veranlasste Leser, über
die Missstände in der Kirche nachzudenken. Es werde das Verhalten christlicher
Würdenträger kritisiert, die sich gegenüber ihren Schutzbefohlenen falsch verhalten
hätten. Eine Kirche, die dies decke oder nicht ausreichend zur Aufklärung beitrage,
müsse mit dieser Kritik leben (siehe Info Nr. 193).
Was
anderes zeigte auch die Karikatur von Plantu nicht: sie deckte Missstände in
der Kirche auf. Das wird doch hoffentlich die französische Justiz ab 1.7.2014
auch den katholischen Verein für die christliche Identität wissen lassen.
Wobei dieser Verein zusätzlich auch noch ein religiöses Problem hat, weil
er auf eklatante Weise Anordnungen des Christengottes missachtet,
weil der hatte schließlich gepredigt: "Ich aber sage euch: Leistet dem,
der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die
rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin" (Mt 5,39).
Wobei noch anzumerken ist, dass jemand, der die klerikanischen Kinderschändungen
kritisiert, der katholischen Kirche in letzter Konsequenz was Gutes und nichts
Böses tut.
Man
hätte also keineswegs klagen dürfen, sondern bei Plantu eine weitere einschlägige
Karikatur bestellen müssen! Aber das ist natürlich eine gänzlich übertriebene
Forderung, weil die katholische Kirche hat ja selber als Institution diesem Jesuswort
in ihrer ganzen Geschichte noch niemals Folge geleistet, das ist bloß eine
Bibelstelle fürs sonntägliche Predigtgeheuchel. Amen.
Fortsetzung
am 4.10.2014: Freispruch für Plantu