Wahlkampfkuschen vor den Kirchen

Auf religion.ORF hatte es am 10.9. geheißen: Kirchenkritik schadet im Wahlkampf - (..) Doch auch andere Parteien versuchen, in diesem Teich zu fischen. Eine offene Opposition zur katholischen Kirche kann sich in Wahlkampfzeiten offenbar keine Partei leisten -nicht einmal NEOS, das mit Niko Alm einen der Initiatoren des gescheiterten "Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien" an prominentem Listenplatz führt. "Das Volksbegehren hat gezeigt, dass bei aller Säkularisierung Kritik in dieser Schärfe nach wie vor zurückgewiesen wird", so Plasser dazu. Zumindest bei den beiden Großparteien sei von einer gewissen "wahlpolitischen Rücksichtnahme" auf die Kirchen auszugehen. Hofer sieht das ähnlich: "Wenn überhaupt, dann hätte man Kirchenkritik zeitnah zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche zum Thema machen können. Für eine Partei, die eine gewisse Breite anstrebt, ist Kritik an den Kirchen nicht anzuraten", so Hofer.

Soweit die ORF-Religion. In Österreich gibt's um die zwei Millionen Konfessionslose, die sind merkwürdigerweise auch wahlberechtigt. Aber die traut man sich nicht anzusprechen, weil man den katholischen Ungeist fürchtet. Sogar die NEOS führten sich entsprechend auf. Zwar sind sie als neoliberale Partei für einen alten Achtundsechziger wie mich sowie genauso unwählbar wie die ÖVP, aber trotz des Kandidaten Niko Alm war dieser Tage in der beginnenden Wahlkampf-Endphase den Medien folgende NEOS-Stellungnahme zu den Kirchen zu entnehmen:
"Es ist gut, dass Staat und Kirche/Religionen in Österreich getrennt sind, aber in wichtigen Bereichen kooperieren. Wir begrüßen dies ausdrücklich, hier wird Großartiges geleistet.
Wir NEOS stehen darüber hinaus für die Bekämpfung jedweder Form von Ungleichbehandlung und Diskriminierung. Wir sehen daher in verschiedenen Bereichen doch auch historisch begründete Privilegien, die wir ablehnen."

Dass in Österreich tatsächlich eine Trennung von Staat und Kirche bestünde, ist eine überraschende Information einer Partei, für die einer kandidiert, der das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien mitinitiiert hat. Und erst recht, dass die Niko-Alm-Partei die Kooperation Staat-Kirche als großartige Leistung begrüßt.
Das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien hatte diese Kooperation sogar mit größter Vehemenz verurteilt und die Zahlungen des Staates an kirchliche Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialdienstbereich scharf kritisiert, man rechnete nämlich die staatlichen Ausgabe für den Kirchenbereich mit 3,8 Milliarden Euro inklusive dieser Zahlungen den Kirchen als "Privileg" vor. Was dann sehr mithalf, das Volksbegehren kläglich scheitern zu lassen, weil die Kirche kein Problem hatten, zu sagen, mit den staatlichen Geldern machten die Kirchen ja lauter nützliche Sachen für die Allgemeinheit. Dadurch war dann in der Unterzeichnungswoche gar keine Rede mehr von den wirklichen Kirchenprivilegien.

Und jetzt kriecht die neoliberale (Sozialsystem entrümpeln, private Pensionsvorsorge, Steuersenkungen für alle) NEOS-Partei vor den staatlich-kirchlichen Verbandelungen auch noch wortreich zu Kreuze! Der Haselsteiner und der Schönborn segne Euch!