Katholische Reformer wollen mitreden

Katholische Reformgruppen weltweit fordern Stimmrecht bei Entscheidungsprozessen in ihrer Kirche - Presseaussendung von Hans Peter Hurka für "Wir sind Kirche" vom 25.09.2013

"Wir sind Kirche" schreibt mit über 100 Reformgruppen an den Bischof von Rom und das Kardinalsgremium zur Kurienreform.

In seinem vielbeachteten Interview mit den Jesuiten-Zeitschriften erklärt Papst Franziskus, dass das "Fühlen mit der Kirche" nicht nur heiße, den Anordnungen der Hierarchie zu folgen. "Wenn der Dialog zwischen Gläubigen, den Bischöfen und dem Papst loyal ist, dann hat er den Beistand des heiligen Geistes."

Genau in diesem Sinne haben über 100 kirchliche Organisationen, die über vier Millionen Katholikinnen und Katholiken in aller Welt vertreten, am 20. September 2013 einen Brief an Papst Franziskus und seine Berater bei der Kurienreform gerichtet. Darin bitten sie auch um ein Gespräch, um mit dem Papst über die künftige Leitungsform der römisch-katholischen Kirche zu sprechen. Der Brief wird am 25. September 2013 in mehreren Städten in aller Welt der Öffentlichkeit vorgestellt.

In dem Brief fordern die Reformgruppen den Papst und die Kardinäle auf, Priestern, Ordensleuten und "Laien" eine stärkere Teil habe an den Entscheidungen in der Kirche zuzugestehen, einschließlich der Auswahl der Bischöfe.
Dialog und die Anerkennung von Gewissensentscheidungen sollen autoritäre Herrschaftsausübung ersetzen. Die Kirche müsse sich noch mehr für soziale Gerechtigkeit sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche einsetzen. Bischöfe, die die durch Kleriker ausgeübte sexuelle Gewalt verharmlost oder vertuscht haben, sollen aus dem Amt entfernt werden.

Der von Vertreterinnen und Vertretern der zahlreichen Reformgruppen aus aller Welt gemeinsam formulierte Brief befasst sich mit der aktuellen Kirchenleitungskrise, angefangen von der Finanzpolitik im Vatikan und vom sexuellen Missbrauch bis zu den zerstörerischen Auswirkungen des Klerikalismus und des leitenden zölibatären Männerbundes.

Zu den mehr als 100 Reformgruppen aus allen Kontinenten gehören in den USA unter anderem "Call to Action", "American Catholic Council" und die Vereinigung verheirateter Priester CORPUS. Die seit 1996 bestehende "Internationale Bewegung Wir sind Kirche", auf deren Reformpunkten der Brief wesentlich basiert, wird von mehreren Millionen Katholiken und Katholikinnen in fast 40 Ländern weltweit unterstützt. Die emeritierten Bischöfe Geoffrey Robinson, Bill Morris und Pat Power, die eine Petition mit 117.000 Unterschriften gegen sexuellen Missbrauch in Australien initiierten, tragen diesen Brief voll und ganz mit. Papst Franziskus hat den Klerikalismus kritisiert und das Bischofsamt als Dienstamt, nicht als Herrschaftsamt definiert. In seinem jüngsten Interview, das weltweit für Aufmerksamkeit sorgt, sagte er: "Die Kirche ist das Volk Gottes, die Hirten und das Volk zusammen. Die Kirche ist die Ganzheit des Volkes Gottes." Allerdings sollte der Papst noch erklären, inwieweit er bereit ist, den "Laien" ein wirkliches Mitspracherecht und die vollen Bürger- und Bürgerinnen-Rechte in der Kirche zuzuerkennen.

Der Brief unterstützt die neue Richtung, in die Papst Franziskus allen bisherigen Zeichen und Aussagen nach die Kirche führen will. Für die vom Papst angestrebte Kirchenreform halten die Reformgruppen die vollständige Beteiligung aller getauften Katholikinnen und Katholiken an den kirchlichen Entscheidungen für grundlegend. Dies ergibt sich unzweideutig aus dem Evangelium, aus der kirchlichen Tradition und aus der Vision des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Der Brief fordert auch einen offenen Dialog zwischen allen Gläubigen und richtet an Papst Franziskus den Appell, Theologen und Theologinnen, die in den letzten beiden Pontifikaten zensiert wurden, wieder anzukennen sowie die "ungerechte und ungerechtfertigte" Untersuchung der US-amerikanischen "Leadership Conference of Women Religious" einzustellen.

"Wir hegen die Hoffnung, dass Papst Franziskus eine Delegation der katholischen Reformgruppen im Vatikan empfangen wird", erklärt Rene Reid (USA), eine der Organisatorinnen des Briefes der weltweiten Reformgruppen "CatholicChurchReform". "Franziskus sucht die Annäherung. Er will den Dialog. Wir wollen das auch."