Aus dem Matthäus-Evangelium, Mt 5,1-12a: Als Jesus die vielen Menschen
sah, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm.
Dann begann er zu reden und lehrte sie. Er sagte: Selig, die arm sind vor
Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie
werden getröstet werden. Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das
Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie
werden satt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.
Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden
stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit
willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn
ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet
werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden
schon vor euch die Propheten verfolgt.
Das obige Evangelium ist jeweils
am 1. November, also zum kirchlichen Feiertag "Allerheiligen" dran.
Darum hier am 2.11.2013 ein Rückblick darauf und auf eine christliche Infamie
der Sonderklasse:
Im obigen Bibeltext haben wir nämlich die unverfrorenste
Verfälschung des Originalbibeltextes wie er in der griechischen Quelle und
später in der lateinischen und der deutschen Übersetzung gewesen war. In der
seit 1980 in Verwendung stehenden Einheitsübersetzung heißt es in Mt 5,3
"Er sagte: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich".
Im
griechischen Originaltext stand (hier in lateinischer Umschrift): "Makarioi
hoi ptochoi to pneumati, hoti auton estin he basileia ton ouranon" und
das heißt "Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich"
und nicht "selig, die arm sind vor Gott...". Denn "makarioi"
heißt "selig", "ptochoi" heißt "arm" und "to pneumati"
heißt nicht "vor Gott" ("vor Gott" heißt "protoú
theós"), sondern "im Geist". Im Originaltext
sind also "selig die Armen im Geiste"!
Was ja eine ganz ausgezeichnete
Beschreibung der religiösen Verhältnisse ist! Nicht umsonst deklarieren die
Kleriker sich als "Hirten" und die Gläubigen als "Schafe".
Es
bedarf eben entweder einer rigorosen kleinkindlichen, den Kindesgeist vernichtenden,
religiösen Konditionierung oder einer Schafsdummheit. Was nicht als Geistesschwäche
zu verstehen ist, sondern als Bildungsferne. Immanuel Kants Aufforderung, sich
des eigenen Verstandes zu bedienen, benötigt klarerweise einen Verstand, der
soweit entwickelt ist, dass der Mensch den Mut aufbringt, sich seines Verstandes
ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Er muss vom hirtengeführten Schafsdasein
emanzipiert sein!
Denn dann kann er nach seiner eigenen Fasson selig
werden, weil jetzt ist er nimmer "arm im Geiste"! Und das größte
Problem für die christlichen Kirchen in den aufgeklärten Ländern ist eindeutig
der Mangel an den "Armen im Geiste", denen seinerzeit das Himmelreich
war. Und dagegen können die christlichen Glaubensgemeinschaften nichts mehr
unternehmen, weil die Überwindung der einstigen gehüteten Schafsdummheit durch
steigende Bildung ist kaum noch umkehrbar.
Dass dieser seinerzeitige
Hauptbestandteil der Gläubigen immer weniger wird, hat man bemerkt und deshalb
bei der Erstellung der neuen Übersetzung die Deklarierung von geistig
Armen als "selig" aus der Bibel entfernt, weil sein traditionelles
Stammpublikum zu beschimpfen, das konnte nicht mehr als sehr sinnvoll angesehen
werden. "Arm vor Gott" zu sein heißt konkret eigentlich gar nichts
und die bibelmäßige Beleidigung der schafsdummen Schafe war durch die Neudichtung
dieses Evangeliumsverses abgeschafft. Oh Ihr Heuchler und Pharisäer, auch das
hilft Euch nichts, weil die seligen armen Schafe werden weiterhin weniger werden.