Die EKD und die Armut

OTS aus dem Newsroom der "Stuttgarter Zeitung" vom 13.11.2013

Stuttgart (ots) - Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) distanziert sich vom Leitbild einer armen Kirche, das Papst Franziskus propagiert. "Wir müssen als Kirche nicht verarmen, um an der Seite der Armen zu stehen", sagte Nikolaus Schneider im Interview mit der Stuttgarter Zeitung (Mittwochausgabe). Die Frage, auf Besitz zu verzichten, stehe für die EKD derzeit nicht an. "Wir horten keine Schätze, sondern wir setzen das uns anvertraute Geld ein: für die Verkündigung, für die Bildung, für die Diakonie, für die weltweite Ökumene."
Der 66-Jährige beklagte zudem Unfairness in der Debatte über die Kirchenfinanzen. Der Fall des Limburger Bischofs sei genutzt worden, um dieses ganz andere Thema aufzugreifen. Schneider zeigte sich besonders aufgebracht über die Forderung, die Leistungen des Staates an die Kirche zu beenden: "Die Kirchen sind einmal enteignet worden. Wenn jetzt diese Staatsleistungen einfach gestrichen würden, würden die Kirchen ein zweites Mal enteignet", sagte Schneider. Nach einer aktuellen Übersicht der EKD belaufen sich die Ausgaben der Evangelischen Kirche jährlich auf rund zehn Milliarden Euro. Rund die Hälfte davon wird durch die Kirchensteuer erbracht.

Eine Stellungnahme von echt herzerfrischender christlicher Unverschämtheit!

In Deutschland wird seit einiger Zeit darüber debattiert, ob nicht endlich Schluss damit sein müsse, den Kirchen jedes Jahr hunderte Millionen Euro dafür zu zahlen, weil vor rund 200 Jahren einige kirchliche Besitztümer enteignet und anderen Feudalherrn übergeben wurden. Um das Geld, das seither bezahlt wurde, hätte der Staat sicherlich diese enteigneten Besitztümer schon dutzende Male kaufen können, außerdem waren die damals vereinbarten Entschädigungen nur für die Lebensdauer der enteigneten Kirchenfürsten vorgesehen gewesen, siehe dazu Info Nr. 1646.

Aber der Herr Ratsvorsitzende wähnt sich offenbar in einem ewigen Kirchenfeudalismus. Alleine der EKD-Grundbesitz wird auf mindestens 432.000 Hektar geschätzt, das andere Vermögen der EKD dürfte im Bereich von um die 200 Milliarden Euro liegen. Alles keine Schätze, nur ein bisschen Kleingeld für den Kirchenbetrieb? In den o.a. zehn Milliarden sind die Ausgaben und Einnahmen der Diakonie (Krankenhäuser, Altenheime etc.) nicht enthalten, weil das wird ja zur Gänze aus öffentlichen Mitteln und Nutzerbeiträgen finanziert.

Hier zu den 10 Milliarden ein Blick in die offizielle EKD-Statistik für 2013 :
Kirchensteuer: 4,770.000.000
Spenden: 310.000.000
Nutzerentgelte: 1,260.000.000
Vermögenseinnahmen: 750.000.000
Fördermittel und Zuschüsse von Dritten: 2,000.000.000
Staatsleistungen: 260.000.000
Darlehen und Rücklagen: 580.000.000

Bei den Ausgaben findet sich kein einziger Punkt, der auch nur entfernt darauf hindeuten würde, die EKD würde irgendwas für Bedürftige auslassen.
Die Liste der Ausgabenpunkte:
Pfarrdienst und Religionsunterricht / Allgemeine Gemeindearbeit und übergemeindliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen / Besondere kirchliche Dienste / Kindertagesstätten / Gemeindediakonische Arbeiten / Friedhofswesen / Ökumene und Weltmission / Öffentlichkeitsarbeit / Bildungswesen und Wissenschaft / Leitung und Verwaltung / Substanzerhaltungsrücklagen, Darlehen, Vermögensverwaltung / Unterhaltung und Pflege der Gebäude / Kosten der Kirchensteuerverwaltung / Versorgung / Sonstige Ausgaben (u.a. Zins und Tilgung, Rücklagen)

Man tut also gar nichts im Kirchenbudget finanziell Erkennbares für Bedürftige und jammert, weil es im Gespräch ist, dass die christlichen Kirchen was für Bedürftige tun sollten?

Früher zurzeit des Feudalismus und des Zehent hatte es in der katholischen Kirche das Prinzip gegeben:
von den diözesanen Einnahmen ging ein Drittel für den Bischof und seinen Hofstaat auf, ein Drittel für die Pfarrer und ein Drittel für die Armen, Witwen und Waisen. Da es ja damals keinerlei staatliches Sozialwesen gab, musste die Kirche sozusagen eine Mindestsicherung auf erbärmlichsten Niveau bieten. Was der Bischof für sich und seine Residenz verprassen konnte, war gleich viel wie die elenden Almosen für die viele Köpfe zählende unterste Gesellschaftsschicht.

Heute wird dieser Bevölkerungsteil vom Sozialstaat vergleichsweise zu den christlichen Zeiten geradezu himmlisch versorgt, die deutschen Protestanten brauchen daher aus ihren Schätzen nichts mehr dafür aufwenden. Aber sie schreien schon Feuer, wenn auch nur die Rede davon ist. Und Papst Franz redet derweilen ja auch nur von Almosen, Kirchenschätze zu verkaufen, hat auch er nicht vor ...