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Andreas Leitner - Quelle: Religion
ist Privatsache
Anders als die jetzige Regierung, die die bestehenden flächendeckenden
Verbote jeglicher Form der Sterbehilfe mittels einer Verfassungsbestimmung dem
politischen Diskurs entziehen und somit verewigen will, sieht sich die
"Initiative Religion ist Privatsache" einem lebendigen und ergebnisoffenen
Diskurs verpflichtet. Aus diesem Grund veranstaltete die Initiative an 26.2.2014
in der Aula am Campus der Uni Wien ein Podiumsgespräch zwischen drei Akteuren,
die sich in ihrer Meinung zum Thema kaum hätten mehr unterscheiden können.
Während Ludwig A. Minelli, als langjähriger Kämpfer für Menschenrechte
im Allgemeinen und für das Recht auf einen selbstbestimmten Tod im Speziellen,
stets vom Selbstbestimmungsrecht ausgehend, eine klare Stellung für die
Legalisierung des assistierten Suizids bezog, lehnte ÖVP-Behindertensprecher
Franz-Josef Huainigg jegliche Form der Sterbehilfe ab und versuchte
abermals, seine Argumente mit den eigenen Erfahrungen als Schwerbehinderter zu
untermauern. "Kein Leben ist nicht lebenswert" lautete, zusammengefasst,
Huainiggs Kernargument. Kein Verständnis für das Vorhaben der Regierung,
ausgerechnet den Menschenwürdebegriff in die österreichische Verfassung zu
schreiben, hatte wiederum Verfassungsjurist Heinz Mayer, der zudem auch
keinen Anlass sah, in die Verfassung einzelne strafrechtliche Bestimmungen,
redundant und von keinem Sanktionsmechanismus begleitet, aufzunehmen.
Die Gegenüberstellung Grundrechte vs. Gesetzeslage wurde von den drei
Mitdiskutanten sehr unterschiedlich bewertet: Huainigg zeigte sich mit der
derzeitigen gesetzlichen Lage grundsätzlich zufrieden, da nach seiner Ansicht
das Patientenverfügungsgesetz ohnehin jedem Betroffenen die Möglichkeit gibt,
ärztliche Behandlung abzulehnen. Einen "Zwang zu leben" gebe es somit nicht.
Minelli hingegen vertrat den Standpunkt, dass ein Verbot der Beihilfe zum Suizid
die Verletzung eines Grundrechts darstellt und zudem weitreichende
gesellschaftspolitische Folgen hat. Nach Minellis Ansicht dürfe sich zudem auch
der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner jüngsten
Rechtssprechung zunehmend der Anerkennung eines Rechts auf Suizidbeihilfe
nähern. Mayers Einschätzung dieser Frage fiel hingegen wesentlich
differenzierter aus: für ihn lässt sich von den Grundrechten lediglich ein
uneingeschränktes Selbstbestimmungsrecht bezüglich des eigenen Lebensendes
ableiten.
Die zahlreichen Fragen bzw. Wortmeldungen, die anschließend an die Diskussion
vom Publikum entgegengebracht wurden, veranschaulichten die tiefe ideologische
Spaltung auch außerhalb des Podiums. Der ja schon fast obligatorische
Nazivergleich einer Zuhörerin wurde von Heinz Mayer aufs Schärfste
zurückgewiesen.
Insgesamt hat sich gezeigt, dass zwischen den Gegnern und Befürwortern der
Sterbehilfe eine tiefe Kluft liegt, die kaum überbrückbar scheint. Während die
ersten einen Sterbewillen tendenziell auf eine verzweifelte jedoch grundsätzlich
lösbare Lage zurückführen, haben die anderen kein Verständnis für den Eingriff
des Gesetzgebers in die höchstpersönliche Entscheidung einer Person,
selbstbestimmend aus dem Leben zu scheiden. Selbst die geringste Annäherung der
Positionen ließ sich, zumindest an diesem Abend, der von Julia Herrnböck
(DER STANDARD) gekonnt moderiert wurde, nicht erkennen; also ein nicht allzu
gutes Omen für den weiteren Verlauf der Debatte.
(Gegen Mitte März 2014 wird der Videomitschnitts dieses Abends im Rahmen der
Sendung "Es werde Licht" ausgestrahlt werden - danach wird auch der
diesbezügliche YouTube-Beitrag auf dieser Site onlin gestellt werden)