Autor: U. Gellermann am 24. März 2014 auf www.rationalgalerie.de
In
Frau Merkels jüngster Regierungserklärung donnerte und blitzte es:
Russland soll raus aus der Gruppe der G8, statt dessen muss die Ukraine jetzt
erst recht Mitglied der EU werden, und dann warf General Merkel noch ein paar
Sanktionsdrohungen hinterher. Nur wie nebenbei tauchte in all dem Gefechtslärm
das EU-Freihandelsabkommen mit den USA , das TTIP auf: "Es muss zu
schaffen sein", forderte die Merkel in Vorbereitung des EU-Gipfels Ende
März. Häh? Was muss denn da zu "schaffen" sein? Eine
Frage, die keine Antwort kennt. Denn die Grundzüge dieses Abkommen sind
völlig geheim. Kaum weiß man wer da verhandelt, geschweige, dass
ein Papier vorläge, das man diskutieren könnte. Zwar betrifft das
Abkommen 800 Millionen Menschen, aber es wurde noch keinem Parlament vorgelegt,
weder den europäischen noch den nationalen Volksvertretungen.
Man muss davon ausgehen, dass sich die Regeln in einem Wort ausdrücken
lassen: Profit. Dafür stehen auch zwei der wenigen bekannten Gesichter
im Kuhhandel um noch mehr Freiheit für die Wirtschaft. Der Chefunterhändler
für die USA ist Ron Kirk. Neben einer mäßigen politischen Karriere
zeichnet ihn seine Partnerschaft in der texanischen Anwaltskanzlei Vinson &
Elkins aus, eine der üblich-üblen amerikanischen Lobby-Läden.
Noch ein wenig übler ist der europäische Chefunterhändler: Karel
De Gucht. Dass der Mann als Minister der belgischen Bundesregierung des Insiderhandels
im Fall der drohenden Insolvenz der Fortis Bank beschuldigt und wegen Steuerhinterziehung
angeklagt wurde, gehört wahrscheinlich zur Grundausstattung des freien
Händlers.
Aus den geleakten europäischen Leitlinien für
das TTIP-Abkommen weiß man, dass die Handelsfreiheit auf "die beiderseitige
Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen" abzielt und
erschauert: Liberalisierung, die Zerschlagung staatlicher Regelung der Wirtschaft
hat unmittelbar zu dem Desaster jener brutalen Finanzkrise geführt, deren
Folgen immer noch nicht beseitigt sind. Und deren Rücknahme Jahr für
Jahr versprochen und gebrochen wird. Jetzt also noch mehr Freiheit für
Banken, Hedge-Fonds, Zocker? An keinem Beispiel der angestrebten Handelslibertinage
ist der irre Charakter des TTIP besser zu erkennen als am "Investitions-Schutz".
"Der
geplante sogenannte Investitionsschutz", so schreibt Wikipedia kühl,
"sieht vor, dass ein ausländischer Investor den Gaststaat wegen 'indirekter
Enteignung' auf Erstattung entgangener (auch künftiger) Gewinne verklagen
kann. Die Klage ist beispielsweise dann möglich, wenn ein Staat neue Umweltauflagen
oder ein Moratorium (etwa für Fracking) beschließt."
(..)
Das TTIP soll so etwas wie eine Wirtschafts-NATO werden. Eine Gewaltnummer,
die von Lori Wallach, der Chefin der größten Verbraucher-Schutzorganisation
der Welt "Public Citizen", als "die große Unterwerfung"
der Teilnehmerstaaten unter die Interessen von Großkonzernen und als "Staatsstreich
in Zeitlupe" bezeichnet wurde. Das ist jene Freiheit, die Frau Merkel
auch für die Ukraine herbeisehnt. Erst ein auch von Frank Walter Steinmeier
orchestrierter Staatsstreich, danach die Aufnahme in die NATO, begleitet von
einer feindlichen Übernahme durch den IWF (Internationalen Währungsfonds),
um dann endgültig durch das TTIP von den Resten der Souveränität
befreit zu werden, weil ja die zur Zeit einzig gültige, hehre, menschenrechtlich
verbriefte Freiheit im Handel liegt. Arme Ukraine. Sie braucht dringend eine
Revolution. Nur orange sollte sie besser nicht sein.