Vier heilige Päpste

Das vergangene Wochenende hatte einen sehr intensiven Anstrich. Die Medien gestatten einen Blick in eine ferne Vergangenheit. Nämlich zurück in die Zeit, in der es eine Alltagsaufgabe der Medien war, die Hofberichterstattung zu pflegen. Diesmal ging es nicht um einen kaiserlichen Schnupfen und einen Jagdsausflug des Thronfolgers, nicht um Empfänge am Kaiserhof, sondern um die Heiligsprechung von zwei älteren und toten Päpsten durch zwei neuere und noch lebende Päpste.

Aber die Art der Berichterstattung war in den meisten Medien sehr ähnlich: devotes schwulstiges Geschleime ohne jeden Versuch auch nur ein bisschen realistisch oder gar kritisch zu sein. Besonders der ORF tat sich dabei wieder extrem hervor, mit dem in der Direktübertragung der Heiligsprechungen im Fernsehen verströmten Schleim hätte man den ganzen Petersplatz einseifen können. Von 9h05 bis 13h wurde bis zum Bersten gepapstet. Was nicht überrascht, die ORF-Korrespondentin in Rom, Mathilde Schwabeneder, war früher bei Radio Vatikan tätig und sie hat danach offenbar nichts dazugelernt.


Anlässlich der Schwabeneder-Bestellung hatte Karl Krammer, Vorsitzender des SPÖ-Freundeskreises im ORF-Stiftungsrat, gesagt: "Ich halte es für falsch, eine ausgewiesene Vatikanistin als Leiterin des Büros Rom mit der Berichterstattung über Italien quasi mitzubetrauen. Wenn man unbedingt ein politisches Signal an die katholische Kirche senden will, hätte es sicher auch andere Wege gegeben, die nicht zu ungunsten Italiens bzw. der italienischen Politik gegangen wären (..)".


Auf kath.net wurden am 16.4. noch erwartete Pilgerzahlen von drei bis sieben Millionen angegeben. Offiziell war nachher von einer Million Teilnehmer an den Heiligsprechungen die Rede, wobei da wohl alle diese Woche anwesenden Romtouristen mitgezählt wurden. In anderen Medien hieß es, 500.000 hätten sich am und um den Petersplatz aufgehalten, 300.000 auf anderen Plätzen mit Videowänden. Der Petersplatz war jedenfalls voll. Aber dort haben auch dichtest gedrängt kaum 150.000 Leute Platz. Da Rom 2,7 Millionen Einwohner hat, scheinen die Römer nicht in Massen daran teilgenommen zu haben. Und auf der strengkatholischen Site kath.net wurden am 24.4. österreichischen Pilgern noch freie Plätze angeboten.


Papst Franz trifft seinen schon recht klapprig gewordenen Vorgänger Ratzinger, ob das die nächsten zwei heiligen Päpste sein werden?


Papst Franz bei der Verlesung des lateinischen Zauberspruches mit dem aus zwei toten Päpsten zwei heilige Päpste werden.


Mit dabei natürlich auch der ÖVP-Spindi. Er ist einer der Repräsentanten der christlichen Politik, der für die Verwirklichung der Anschauungen des neuen Papstes politisch vorsorgen wird, indem er sicherstellt, dass es für Klostersuppe und Almosen auch in Zukunft Bedarf geben wird, weil sich die Klassenunterschiede verstärken werden und die Einrichtungen des Sozialstaates geschwächt. Papst Franz wird auch hinkünftig genug Arme haben, die er lieben kann!

Das ORF-Schleimen bewegte nicht viel. Die TV-Übertragung brachte eine Höchstzuschauerzahl von 196.000, beim päpstlichen Ostersegen eine Woche vorher waren es um 80.000 mehr gewesen. Lustig dazu, dass gemäß eines Berichtes der OÖN vom 28.4. in Italien die Meldung verbreitet wurde, weltweit hätten zwei Milliarden Katholiken die Heiligsprechung auf TV und im Internet verfolgt. Was allein schon deswegen ein kleines Problem ist, weil es nur etwas mehr als 1,2 Milliarden Katholiken gibt. Hätte vermutlich heißen sollen, zwei Milliarden Menschen hätten die Möglichkeit gehabt, zuzuschauen.


In Österreich haben gut drei Prozent der Katholiken zugeschaut, in der BRD sahen beim ZDF 1,52 Millionen zu, bei der parallel laufenden Übertragung des Bayrischen Rundfunks 250.000, also in Summe 1,77 Millionen, das sind etwa sieben Prozent der Kirchenmitglieder, beim BR waren es nur knapp vier Prozent. Hier kam noch dazu, dass laut Altersschichtung nur 10.000 der 250.000 unter 50 Jahre alt waren. Das spiegelt exzellent die heutige Bedeutung der katholischen Kirche bei der heutigen Jugend in einem katholischen Land wieder.

Zu Heiligsprechungen passend ein Screenshot einer ARD-Meldungen vom 25.4.:


Die beiden neuen Heiligen wurden wegen ihrer Verdienste hochgelobt, der eine, Johannes XXIII., weil er katholische Reformen einleitete, die dann der andere möglichst wieder abzuschaffen trachtete. Der wurde dafür gelobt, dass er durch die ganze Welt gereist war und dass in seiner Regierungszeit die Sowjetunion in Konkurs ging. Aber deswegen hätte man nicht den Wojtyla heilig sprechen müssen, das hätte sich der Gorbatschow viel eher verdient gehabt.

Beide heilige Päpste waren übrigens als Kinderschänderschützer tätig, Johannes XXIII. erließ eine Anordnung an die Bischöfe, bei Sexualmissbräuchen allen (auch den Opfern!) eine strenge Schweigepflicht mit Drohung der Exkommunikation aufzuerlegen, diese päpstliche Anweisung wurde erst 2003 durch die britische Zeitung Observer öffentlich bekannt. Und auch Papst Johannes Paul II. sorgte vor, dass über die katholischen Kinderschändungen nichts an die Öffentlichkeit drang, er fungierte schon zu Lebzeiten als Schänderschutzpatron. Siehe dazu Profil vom 24.4.2010. Jetzt als Heiliger könnte man ihm diese Funktion offiziell zuweisen.

hier wieder das berühmte Zeitdokument: Papst Wojtyla segnet 2004 den erfolgreichsten katholischen Kinderschänder, Pater Maciel, der sich - wohl um immer genug Frischfleich vorzufinden - für seine Verbrechen einen eigenen Laienorden, die "Legionäre Christi" gegründet hatte. Seine Verbrechen sind übrigens dem Vatikan schon zu den Zeiten von Johannes XXIII. bekanntgewesen.