Weil er eine Debatte über die Rolle der Religion im saudischen politischen
System fördern wollte und die saudische Religionspolizei kritisierte, wurde
der saudische Blogger und Menschenrechtsaktivist Raif Badawi vor genau zwei
Jahren von den saudischen Behörden inhaftiert. Am 7. Mai 2014 wurde Badawi
wegen angeblicher "Beleidigung des Islam" zu einer zehnjährigen Haftstrafe
sowie zu tausend (!) Peitschenhieben verurteilt. Zusätzlich wurde er zur Zahlung
eines Bußgeldes von umgerechnet knapp 200.000 Euro gezwungen. Unmittelbar nach
seiner Verurteilung wurde auch sein Strafverteidiger und ebenfalls Menschenrechtsaktivist
Waleed Abulkhair wegen "Untreue gegenüber dem Herrscher" und "Gründung
einer nicht genehmigten Organisation" verhaftet.
Während Badawi und zahlreiche weitere Aktivisten, die die Legitimität der
auf dem islamischen Recht beruhenden saudischen Diktatur kritisierten, mit drakonischen
Strafen oder gar mit dem Tod zu rechnen haben, bemüht sich die Republik Österreich,
dank ihrer Beteiligung an dem in Wien ansässigen "König-Abdullah-Zentrum"
(KAICCID), um königliche Imagepflege. Eine Lobgesangsdarbietung für das
KAICIID – und somit auch für den saudischen König als Namensgeber – lieferte
Bundespräsident Dr. Heinz Fischer im Rahmen seiner Rede vor der UNO-Generalversammlung
am 24. September 2013, ohne auch nur mit einem Wort auf die systematische Verfolgung
von Atheisten, Religionskritikern und Menschenrechtsaktivisten in Saudi-Arabien
einzugehen. Auch seitens Außenminister Sebastian Kurz, der sich wie kein anderes
Regierungsmitglied als Förderer des "interreligiösen Dialogs" und
Beschützer weltweit verfolgter Christen präsentiert, war bisher kein Wort
zur Verfolgung der gefährdetsten Gruppe in Saudi-Arabien, nämlich die der
NICHTgläubigen, wahrnehmbar. Auffällig ist aber auch das Schweigen der
Katholischen Kirche, die eine zentrale Rolle bei der Errichtung des KAICIID
gespielt hat und dort einen besonderen Beobachterstatus genießt; die Verfolgung
kirchlicher Interessen dürfte gegenüber der Wahrung der Menschenrechte den
Vorrang genießen. Das kritiklose pro-königliche Dauerengagement der ehemaligen
Justizministerin (!) Claudia Bandion-Ortner, als gut bezahlte jedoch bedeutungslose
Stellvertreterin Faisal Bin Abdulrahman Bin Muaammars, KAICIID-Generalsekretär
und enger Vertrauter des saudischen Despoten, veranschaulicht abschließend
treffend die mit dem KAICIID verbundene Heuchelei und den geringen Stellenwert,
den Menschenrechte in Saudi-Arabien aus österreichischer Perspektive genießen.
Anlässlich des zweiten Jahrestags der Verhaftung Raif Badawis, der andauernden
Verfolgung säkularer Menschenrechtsaktivisten und der jüngsten Verabschiedung
eines königlichen Dekrets, wonach Atheisten in Saudi-Arabien als Terroristen
eingestuft werden, richtete die "Initiative Religion ist Privatsache"
an Außenminister Sebastian Kurz sowie an den Vorsitzenden der Katholischen
Bischofskonferenz Christoph Schönborn einen schriftlichen Appell, endlich klare
Worte zu finden und sich unmissverständlich für die sofortige Freilassung
Raif Badawis einzusetzen. An Außenminister Kurz richtete die Initiative außerdem
die Forderung, den Rücktritt der Republik Österreich gem. Artikel 23 Absatz
4 des Übereinkommens zwischen der Republik Österreich und dem KAICIID über
den Sitz des KAICIID (BGBl. III Nr. 209/2013) sowie den Rücktritt der Republik
Österreich vom Übereinkommen zur Errichtung des KAICIID (BGBl. III Nr. 134/2012)
gem. Art XVIII des Übereinkommens nicht zu tabuisieren.
Anmerkung atheisten-info: Verfolgungshandlungen gegen Raif Badawi wurden
auf folgenden Info-Meldungen behandelt:
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