Die Enkel von Sultan Suleyman

Was der türkische Premier Erdogan seinen Anhängern sagte, wurde auszugsweise am 20.6.2014 bekannt. Er hat sich nicht nur gegen die Assimilierung türkischer Einwanderer ausgesprochen, er sieht die Migranten offenbar im Geiste des Osmanischen Reiches, das im 16. und 17. Jahrhundert die Ausbreitung seiner Herrschaft über Europa versuchte und ausgerechnet vor Wien im Jahre 1683 damit scheiterte.

Die Türken in Europa seien die Enkel des Sultans Süleyman des Prächtigen und Kara Mustafas. Unter Süleyman fand die erste Wiener Türkenbelagerung statt, unter dem Kommando von  Kara Mustafa die zweite. Beide Belagerungen blieben für die türkischen Eroberer erfolglos.

Wenn sich nun ein türkischer Regierungschef ausdrücklich auf den Imperialismus des Osmanischen Reiches beruft, in Europa lebende türkische Migranten als "Enkel" dieser Eroberer anspricht und gleichzeitig vor Assimilierung warnt, was will er damit erreichen? Friedliches Zusammenleben? Eine bessere Integration? Eine kulturelle Bereicherung? Oder den angesprochenen Austro-Türken das Bewusstsein einer Art türkisch-islamistisches Herrenmenschentums vermitteln?

1998 war Erdogan in der noch säkular-kemalistischen Türkei wegen des Ausspruches "Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind - die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten" zu einer Haftstrafe wegen Aufstachelung zur Feindschaft auf Grund von Klasse, Rasse, Religion verurteilt worden, heute wird er dafür von seinen Gesinnungsfreunden bejubelt.

Wie auf dieser Site mit Info Nr. 1969 berichtet, war die Homepage von Außenminister Kurz gehackt und mit einem neuen Startbild versehen worden. Auf diesem Bild stand "Wer bist du denn Kleiner! Du kannst nicht entscheiden wie unser Premierminister zu reden hat. Der Premierminister Erdogan ist der Nachkomme der Ahnen, die bis nach Wien hervorgedrungen sind, dem Boden wo du heute arbeitest. Wir sind Akincilar, Wir sind Osmanen, Wir sind die Türkei!"

"Akincilar Derneği" (Verein der Vorkämpfer) war
gemäß Wikipedia eine türkisch-islamistische militante Untergrundorganisation der Nationalen Heilspartei und ist nach den Reitertruppen des Osmanischen Reichs benannt, Erdogan gehörte in seiner Jugend dieser Organisation an. Offenbar glaubt er nun in seinem Größenwahn, er könnte tatsächlich seine emigrierten Landsleute zu einem imperialen Machtfaktor ausbauen.

Im Bericht des Standards war u.a. dieser "Fahnenvergleich" zu sehen:

Die demonstrierenden Erdogan-Gegner deklarieren sich österreichisch, die Erdogan-Anhänger als eine Art Filiale der Türkei.

Die FPÖ hat die Botschaft Erdogans mit Freude aufgenommen, das ist wieder Wasser auf ihre Mühlen, sie können nun problemlos die eingeborenen Österreicher als Enkeln von Prinz Eugen deklarieren, weil dieser 1697 in der Schlacht bei Zenta das osmanische Heer endgültig besiegt hatte. Der Besuch Erdogans in Österreich wird also zwei schädliche Folgen haben: der nationalistisch-islamistische Rechtsextremismus unter türkischen Einwanderern wird davon gestärkt und der österreichische inländische Rechtspopulismus ebenso!

PS: Siehe auch die Stellungnahmen des grünen Bundesrates Efgani Dönmez!