Bundesgleichbehandlungsgesetz - Begriffsbestimmungen
§
2. (..) (4) Vertreterin oder Vertreter des Dienstgebers (Achtung hier ist
im Gesetzestext ein ganz schlimmer frauenfeindlicher Fehler! "der Dienstgeberin"
fehlt!!) im Sinne dieses Bundesgesetzes
ist jede Bundesministerin, jeder Bundesminister, jede Dienststellenleiterin,
jeder Dienststellenleiter, jede und jeder Vorgesetzte sowie jede und jeder Bedienstete,
soweit die betreffende Person auf Seiten des Dienstgebers (und hier noch
einmal: "der Dienstgeberin" fehlt!) maßgebenden
Einfluss auf Personalangelegenheiten oder Regelungen gegenüber den Bediensteten
hat.
Das war ein Beispiel eines vollständig gegenderten Textes,
alle Formen wurden männlich und weiblich angeführt - das ist allerdings
noch längst nicht überall der Fall:
Bundesverfassung Artikel
64. (1) Wenn der Bundespräsident verhindert ist, gehen alle seine Funktionen
zunächst auf den Bundeskanzler über. Ein Aufenthalt in einem anderen
Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt nicht als Verhinderung. Dauert
die Verhinderung jedoch länger als 20 Tage, oder ist der Bundespräsident
gemäß Art. 60 Abs. 6 an der ferneren Ausübung seines Amtes verhindert,
so üben der Präsident, der zweite Präsident und der dritte Präsident
des Nationalrates als Kollegium die Funktionen des Bundespräsidenten aus.
Das Gleiche gilt, wenn die Stelle des Bundespräsidenten dauernd erledigt
ist.
Genderrichtig müsste der Artikel 64 (1) so lauten:
Wenn
der Bundespräsident, die Bundespräsidentin verhindert ist, gehen alle
seine, ihre Funktionen zunächst auf den Bundeskanzler, die Bundeskanzlerin
über. (..) Dauert die Verhinderung jedoch länger als 20 Tage, oder
ist der Bundespräsident, die Bundespräsidentin gemäß Art.
60 Abs. 6 an der ferneren Ausübung seines, ihres Amtes verhindert, so üben
der Präsident, die Präsidentin, der zweite Präsident, die zweite
Präsidentin und der dritte Präsident, die dritte Präsidentin
des Nationalrates als Kollegium die Funktionen des Bundespräsidenten, der
Bundespräsidentin aus. Das Gleiche gilt, wenn die Stelle des Bundespräsidenten,
der Bundespräsidentin dauernd erledigt ist.
Man könnte das
Ganze natürlich um es abzukürzen mit Binnen-I schreiben, aber für
einen Verfassungsartikel wäre das wahrscheinlich unangemessen.
Die
Anführung des weiblichen Geschlechtes, wenn ein Wort männlichen Geschlechtes
als Gattungsbezeichnung gebraucht wird, ist in manchen Bereichen schon lange
Zeit gebräuchlich und vernünftig. Etwa wenn von "Kolleginnen
und Kollegen" oder von "Genossinnen und Genossen" gesprochen
wurde. Aber auch im Bereich der Arbeiterbewegung gingen die Frauen oft unter,
in der deutschen Version des russischen Revolutionsliedes "Brüder
zur Sonne, zur Freiheit, Brüder zum Lichte empor..." kamen keine Schwestern
vor. In der englischen Version war das egal, da heißt es "Comrades
the bugles are calling..." ("Genossen die Signalhörner rufen..."),
weil the comrades sind durch die Geschlechtslosigkeit von "the" sowohl
der Genosse als auch die Genossin und auch "Genossinnen und Genossen"
in einem Wort.
Auf deutsch ist das leider nicht so einfach. Und da
die Frauen immer noch benachteiligt werden, darum müssen in jedem Satz,
in dem sowohl Frauen als auch Männer gemeint sind, die Frauen grammatikalisch
erkennbar angeführt werden. Was bei einer Ansprache an die Kolleginnen
und Kollegen sicherlich kein Problem ist, aber bei konsequenter Ausführung
in Texten deren Lesbarkeit bis ins Lächerliche verzerren kann, siehe oben
den Artikel 64.
Und was bringt das der Emanzipation? Gibt es deswegen
mehr Frauen in leitenden Positionen? Höhere Gehälter in den Frauenbranchen?
Oder bloß mehr Ärger bei den Leuten wegen aufgeblähter Texte
und den Binnen-Is ? Denn laut einer aktuellen Umfrage sind knapp 90 Prozent
der Befragten gegen
dieses durchgehende "Gendern", also das pflichtgemäße Anführen
beider Geschlechter in jeder Äußerung, die beide Geschlechter betreffen
könnte, also etwa, dass die Patientin ihre Ärztin oder ihren Arzt
und der Patient seine Ärztin oder seinen Arzt aufsuchen muss, statt den
Patienten seinen Arzt aufsuchen zu lassen.
Davon werden die Lohnunterschiede
sicherlich nicht geringer. Denn schließich ist es gar nicht wahr, dass in irgendeiner Branche
Frauen schlechtere Kollektivvertragslöhne hätten als Männer.
Sondern es ist so, dass die Frauenerwerbstätigkeit in vollem Ausmaß
erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingesetzt hat und zurzeit
wo die Gewerkschaften noch am Klassenkampf teilnahmen und für die arbeitenden
Menschen Rechte durchsetzen konnten, weit überwiegend Berufe mit deutlichem
Männerübergewicht beteiligt waren. Die Metallarbeiter haben im
Laufe der Jahrzehnte eben mehr durchgesetzt als die weitaus weniger gewerkschaftlich
organisierten Handelsangestellten. Und darum gibt es heute noch diese hohen
Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern. Dagegen hilft jedoch kein
Binnen-I, sondern dazu müssten die Kollektivverträge der benachteiligten
Branchen, in denen überwiegend Frauen beschäftigt werden, eben entsprechend
angeglichen werden. Da aber die Gewerkschaften es seit dem Endsieg des Kapitalismus
weitgehend aufgegeben haben, am Klassenkampf noch teilzunehmen und dieser praktisch
nur noch von oben gegen unten geführt wird, darum sind diese gewachsenen
strukturellen Unterschiede heute sehr schwer zu beseitigen.
Im österreichischen Dialekt ist es seit Äonen gebräuchlich,
dem Familiennamen der Frauen eine weibliche Form zu geben. Der
Satz "Die Gruber war schon da, ihr Mann kam später" hieße
im Dialekt: "D'Gruberin woa scho do, ia Moa is späta kumma."
Und in alten Kirchenmatrikeln wo Geburt, Hochzeit und Tod eingetragen wurden,
wurde oft diese umgangssprachliche Form benutzt, da heißt die Verstorbene
eben z.B. Regina Wolfespergerin.
Und
diese Ausdrucksweise gibt es in slawischsprachigen Ländern bis heute auch
in der Schriftsprache und amtlich: die Edita Gruberova kennt ein jeder,
die heißt so, weil ihr Vater "Gruber" hieß und übersetzt
heißt das "Gruberin". Die Frau des seinerzeitigen sowjetischen
Parteichefs Nikita Chrustschow hieß Nina Chrustschowa. Das stand auch
so in den Ausweispapieren!
Wenn man nun das Gendern wirklich völlig
konsequent durchsetzen möchte, dann müsste auch gefordert werden,
dass alle Frauen weibliche Familiennamen erhalten! Also zum Beispiel "Gabriele
Heinisch-Hosekin". Bei Namen fremdsprachlicher Herkunft könnte frau
sich nach den dortigen Formen richten, also wäre auch eine "Gabriele
Heinischin-Hosekowa" möglich.
Aber das ist - bitte schön
- nicht wirklich ernst gemeint. Das Gendern ließe sich auch anders noch
weiter zuspitzen. Ein Bürgermeister ist von der Wortform her der Meister
der Bürger. Und was ist mit den Bürgerinnen? Müsste darum das
genderneutrale Wort für "Bürgermeister" in der Binnen-I-Form
eigentlich nicht "BürgermeisterIn", sondern "BürgerInnenmeisterIn"
heißen? Aber das Gendern erbarmungslos bis in die völlige Absurdität
zu treiben, bringt wohl die Emanzipation nicht sehr viel weiter. Man sollte
daher eine gewisse Mäßigung entwickeln und lieber danach trachten,
Frauennachteile konkret - etwa wie erwähnt durch bessere Branchenkollektivverträge
- bekämpfen. Denn ein Supermarktkassier verdient nicht mehr als eine
Supermarktkassierin, aber die ganze Branche verdient unterdurchschnittlich.
Dort müssten Gewerkschaft und Politik ansetzen! Da dies jedoch die
Wirtschaft nicht zulässt, sollen die niedrigen Löhne in Branchen mit
vielen Frauen vermutlich durch mehr Binnen-Is ausgeglichen werden...
Seit Mitte Juli 2014
gibt es einen offenen Brief an die Bildungs- und Frauenministerin Gabriele
Heinisch-Hosek und an den Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner
mit dem Titel "Sprachliche Gleichbehandlung".
Darinnen fordern mehrere Universitätsprofessoren einen vernünftigen
sprachlichen Umgang in diesem Bereich, der von der Bevölkerung akzeptiert
wird. Etliche hundert Personen, Frauen und Männer, haben bisher die Unterstützung
dieses Briefes erklärt, darunter z.B. Konrad Paul Liessmann und Chris Lohner.
Politisch ist das klarerweise wieder ein Thema, das von der FPÖ aufgegriffen
werden wird, weil dort kann ja genüsslich alles verwertet werden, das als
politisch unkorrekt gilt. Die strikte Beachtung der politischen Korrektheit
fördert somit die politische Rechte und keiner der Korrekten scheint es
zu merken...