Grüß-Gott-Pflicht in Österreich?

Von 1938-1945 gab es auch in Österreich (Pardon, in der "Ostmark") eine bestimmte Art des Grußes, die alle zu gebrauchen hatten. Wer nicht mit "Heil Hitler" grüßte, der konnte damit rechnen, dass ihn zumindest der örtliche Blockwart entsprechend "belehrte". Angeordnete Grußpflichten gibt es heute nimmer, es gibt auch keine katholischen "Grüß-Gott"-Grußwarte. Aber doch Leute, die glauben, sie müssten dem österreichischen Volk diesen katholischen Gruß verpflichtend auferlegen.

Grüß-Gott-Leserbrief in den OÖNachrichten vom 6.9.2014:

Es ist dem Herrn Köpl unbenommen, sich über einen Finanzminister zu freuen, der bei seiner Vereidigung seinen Gott in seinen Eid einbezieht, dass deswegen mit den Staatsschulden, der Einkommensverteilung und der ÖVP ein göttliches Wunder passiert, ist trotzdem eher nicht zu erwarten.

Aber auch der Strengkatholik Köpl wird es überleben, wenn ihm jemand einen "Guten Tag" wünscht. Das häufige, lästige, in der Regel gedankenlos ausgesprochene "Grüß Gott" ist bloß eine dumme österreichische Gewohnheit, ein Überbleibsel der Gegenreformation. Verursacht wurde dies aber wohl auch durch den Umstand, dass man sich bei "Guten Tag" plagen muss, weil man diesen Gruß nicht so recht im Dialekt sagen kann:
"Griaß God", das geht leicht, "Gu' Moagn" und Gua'n Ob'nd" ebenso, aber "Guan' Tog", das spießt sich irgendwie. Und "Tach" sagt man in unseren Breiten eben nicht! "Hawidere" - hochdeutsch: "(ich) habe die Ehre" - ist abgekommen. Eine gute Möglichkeiten ist "Griaß Ihna" oder "Griaß Sie", weil damit ist auch klar, dass der Gegrüßte gegrüßt wird und nicht der katholische Gott. Unter Freunden ist es viel einfacher, da genügt ein österreichisches "Serwas"! Das kommt vom lateinischen "Servus", was Diener oder Sklave heißt, die Dialektform mit -as statt -us kommt in Latein im Wort "servare" (bewahren, schützen) in der 2. Person Einzahl vor und würde "du bewahrst" bedeuten, was aber jedem wurscht sein wird.
Und das immer gebräuchlichere "Hallo" oder "Hello" stammt aus alten Zeiten, damit wurde nach dem Fährmann gerufen (so steht's zumindest im Etymologischen Wörterbuch). Und "Hi" als short for hello, geht auch.

So, jetzt hab ich Euch alles erklärt. Eine "Grüß-Gott"-Pflicht hat es seinerzeit nicht einmal unterm Dollfuß und Schuschnigg gegeben, der Herr Köpl wird so eine Pflicht auch nicht einführen können. Schon dumm genug, wenn die OÖN einen Leserbrief mit so seltsamen strengklerikalen Forderungen abdrucken. Achtet darum darauf, dass Euch nicht vielleicht aus alter Gewohnheit ein "Grüß Gott" herausrutscht, weil Götter, die es nicht gibt, kann man schließlich auch nicht grüßen!

PS: gewarnt werden muss auch vorm deutschen Abschiedsgruß "tschüss". Der kommt nämlich im Umweg übers wallonische "adjuus" (Aussprache: adjüüs)
vom französischen "adieu" und das heißt "mit Gott".