EU-Kommissionspräsident Juncker hat am 10. September 2014 seinen Vorschlag zur Verteilung der Zuständigkeiten in der neuen EU-Kommission vorgelegt. Der für den Posten des EU-Kommissars für Finanzmarktstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmärkte vorgeschlagene Brite Jonathan Hilll wäre demnach für die zentralen Themen der Finanzmarkregulierung wie Bankenabwicklung und Regulierung von Finanzprodukten zuständig.
"Jonathan Hill als EU-Kommissar für Finanzmarktthemen vorzuschlagen
ist eine Provokation, denn damit wäre ein Banken-Lobbyist für die
Finanzmarktregulierung zuständig. Hill ist Mitbegründer der Beratungsfirma
'Quiller Consulting', zu deren Kunden auch Unternehmen aus der Finanzbranche
wie die HSBC gehören.
Ein Brite mit besten Kontakten zur Londoner
City und zur Finanzmarktlobby säße damit an den zentralen Schalthebeln
für die zukünftige Finanzmarktregulierung. Den Bock zum Gärtner
zu machen, ist insbesondere in diesem Bereich unakzeptabel.
Parteiübergreifend
hat sich das Europaparlament in den letzten Jahren für eine schärfere
Finanzmarktregulierung eingesetzt. Der aktuelle Finanzmarktkommissar Michel
Barnier hatte das Parlament oft unterstützt. Den Kandidaten Hill erwartet
daher ein sehr schwieriges Hearing im federführenden Ausschuss für
Wirtschaft und Währung, gerade nachdem die vorige Vorsitzende Sharon Bowles
direkt von ihrem öffentlichen Amt in die Finanzbranche gewechselt ist.
Ebenso
unverständlich ist, ausgerechnet einen rechtskonservativen Briten zum Entscheider
über die Bankenabwicklungsbehörde der Eurozone zu machen. Damit fallen
Macht und Verantwortung auseinander, denn Großbritannien wird sich an
der EU-Bankenabwicklung nicht beteiligen.
Damit milliardenschwere Rettungspakte auf Kosten des Steuerzahlers für
Banken zukünftig überflüssig werden, brauchen wir einen engagierten
zupackenden Kommissar. In dem er Jonathan Hill das Finanzmarktressort zuschustert,
macht Jean-Claude Juncker dem britischen Premierminister David Cameron ein Geschenk.
Mit dieser freundschaftserhaltenden Maßnahme wird der Finanzmarktstablität
möglicherweise ein Bärendienst erwiesen. Es ist sinnvoll, politische
Signale an das Vereinigte Königreich zu senden, um die Mitgliedschaft in
der EU zu erhalten.
Die Stabilität unseres Finanzsystems ist
jedoch keine billige politische Handelsware und darf nicht zur Disposition gestellt
werden. Allein die Zahl der Klagen der britischen Regierung gegen die EU-
Finanzmarktpolitik spricht Bände. Im Vergleich zum Vorgänger Michel
Barnier, ist mit diesem Vorschlag ein Verlust an Profil und Unabhängigkeit
der Kommission in der Finanzmarktregulierung so gut wie sicher."