Ab 1. Januar 2015 werden die
Kreditinstitute (Banken, Bausparkassen, Versicherungen) gehalten sein,
für ihre Kundinnen und Kunden die Kirchensteuer auf Kapitalerträge
direkt ans Finanzamt abzuführen. Dafür müssen sie die
Steueridentifizierungsnummer und die Religionszugehörigkeit ihrer
Kundinnen und Kunden beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abfragen.
Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union e.V. (HU) hält diese
mit ausdrücklichem Einverständnis der Kirchen eingeführte Verpflichtung
der Banken ebenso für grundgesetzwidrig wie überhaupt die
Kirchensteuererhebung durch den Staat.
Seit dem Jahr 2009 führen Banken die Kirchensteuer
für Zinseinnahmen nur ab, wenn Kundinnen und Kunden ihnen die
Zugehörigkeit zu einer Steuer erhebenden Religionsgemeinschaft gemeldet
haben; mochte ein Kunde seine Kirchensteuerpflicht der Bank nicht
mitteilen, konnte er die Kirchensteuer im Rahmen seiner
Einkommensteuerveranlagung abführen. Mit der Neuregelung wird dieses
Wahlrecht ab 1. Januar 2015 nicht mehr bestehen. Zwar ist es jetzt
möglich, der automatisierten Abfrage der Religionszugehörigkeit beim
Bundeszentralamt für Steuern zu widersprechen. Dann wird ein
Sperrvermerk eingetragen mit der Folge, dass das BZSt den
Kreditinstituten die Religionsangehörigkeit nicht mitteilt. In diesem
Fall muss jedoch der/die Steuerpflichtige eine gesonderte
Einkommensteuererklärung nur für die Veranlagung der Kirchensteuer
abgeben. Schon diese zusätzliche Belastung (Jahr für Jahr ist eine
gesonderte Steuererklärung abzugeben) wird den Steuerpflichtigen häufig
davon abhalten, auf der Geheimhaltung seiner Daten über die
Religionszugehörigkeit dauerhaft zu bestehen.
Die Kirchensteuerhebung durch den Staat und seine
Finanzämter ist im Grundgesetz nicht vorgesehen. Sie ist nach Auffassung
der HU ebenso grundgesetzwidrig wie die Beteiligung der Banken am
Einzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge und bei
Lohnsteuerpflichtigen die Beteiligung des jeweiligen Arbeitgebers an der
Ermittlung und Abführung der Kirchensteuer.
Das Grundgesetz (GG)
erklärt ausdrücklich, dass niemand verpflichtet sei, seine religiöse
Einstellung zu offenbaren (Artikel 136 Absatz 3 Weimarer
Reichsverfassung [WRV] in Verbindung mit Art. 140 GG). Ausnahmen
bestehen nur für Behörden, insoweit "als davon Rechte und Pflichten
abhängen" (Art. 136 Abs. 3 Satz 2 WRV). Für die Offenbarung der
Religionszugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit an Banken und Arbeitgeber
besteht eine solche Ausnahme dagegen nicht.
Zudem schreibt das Grundgesetz die institutionelle
Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften vor. Ausnahmen sind nur
möglich, wenn sie ausdrücklich festgelegt sind. Den Kirchen erlaubt das
Grundgesetz zwar "auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe
der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben" (Art. 137 Abs. 6
WRV). Eine über diese "listenmäßige" Mithilfe hinausgehende staatliche
Mitwirkung an der Kirchensteuererhebung, gar die vollständige
Übertragung auf den Staat, ist dort jedoch nicht vorgesehen.
Die HU appelliert an den Bundes- und die
Landesgesetzgeber, endlich die nicht verfassungskonforme Ausgestaltung
der Kirchensteuererhebung zu ändern. Und sie appelliert an die Kirchen,
sich - wozu sie befugt sind - von der staatlichen Abhängigkeit frei zu
machen, indem sie ihre Mitgliederverwaltung und damit verbunden die
Erhebung ihrer Mitgliedsbeiträge selbst in die Hand nehmen. Was andere
Verbände und Vereine für ihre zahlenden Mitglieder bewerkstelligen
müssen und auch können, dürfte auch und erst recht den leistungsstarken
kirchlichen Großorganisationen nicht schwer fallen.
Soweit die Aussendung der Humanistischen Union. In
Österreicoh ist die Lage vergleichsweise nicht so schlimm, die Kirchen
müssen ihre Mitgliedsbeiträge selbst kassieren, eine Kirchensteuer
auf Zinserträge gibt's nicht, der Kirchenbeitrag richtet sich nach dem
Einkommen, aber die Kirchenbeitragsstellen erhalten keine Einsicht in Unterlagen
der Finanzämter. Um Lügen der Kirchenmitglieder beim Einkommen zu
verhindern, pflegen die Kirchenbeitragsstellen oft überhöhte Zahlungen
vorzuschreiben, um Einsicht in Lohnzettel oder Steuerbescheide zu bekommen.
Der Staat
ist in Österreich jedoch ebenfalls amtlich-direkt zweifach an der Einhebung
des Kirchenbeitrags beteiligt:
1. die Kirchen haben Einsicht in die Meldedaten,
auf den amtlichen Meldezetteln ist ein Feld "Religionsbekenntnis".
Zwar können die Behörden eine Eintragung des Bekenntnisses nicht erzwingen
und auch nicht überprüfen, ob die Eintragung wahrheitsgemäß
ist, aber das wissen die Leute nicht und bei einem Umzug nichts oder was Falsches
anzugeben, könnten die Beitragstellen mit einem Abgleich mit der Altadresse beheben. Dass amtliche
Daten an kirchliche Stellen ohne Einveständnis der Betroffenen weitergegeben
werden, ist gesetzlich geregelt und diese Bestimmungen wurden vermutlich
bisher klagsmäßig nicht geprüft.
2. die Kirchen können
bei Erreichung der Volljährigkeit den Kirchenbeitrag vorschreiben, auch
wenn der Kircheneintritt nicht von den Betroffenen, sondern durch Kindstaufe
erfolgte, die Kirchen also überhaupt keine eigenhändigen Beitrittserklärungen
der überwältigenden Zahl ihrer von den Eltern in die Kirche getretenen
Mtglieder haben. Das ist leider ausjudiziert, gemäß oberinstanzlichem
Urteils gilt die von den Eltern verursachte Mitgliedschaft, weil die Kinder
ja ab dem vollendeten 14. Lebensjahr selbstständig austreten könnten.