Der Anschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo lockt nun auch die
verständnisvollen Islambeschützer aus ihrer Deckung. Wobei rasch die
Schuld den Opfern zugewiesen wird. Weil Charlie Hebdo erscheint in einer säkularen
Gesellschaft, in der Religion Privatsache ist und nicht als heilig beschützt
wird. Und damit ist die französische Gesellschaft die Ursache!
Laut
kath.press meinte beispielsweise der katholische Dogmatiker Jozef Niewiadomski,
die "realen Ursachen", welche der Nährboden für Radikalisierungen
seien, lägen in der "tristen wirtschaftlichen Situation vieler Migranten,
ihrer mangelhaften Integration und den geringen Chancen, diesem Elend zu entkommen".
Und
daran sind natürlich nicht Migranten schuld, die unter falschen Vorstellungen
und falschen Voraussetzungen ins falsche Land eingewandert sind und die Integration
verweigert haben, sondern schuld ist die französische Gesellschaft, weil
sie eine "radikale Privatisierung von Religion" durchgeführt
habe. Denn diese Religionsprivatisierung sei ein Irrweg, weil deswegen schaffe
es die französische Gesellschaft nicht, "eine Religion wie den Islam
zu integrieren".
Was also heißt: Frankreich muss sich
in die Einwanderergesellschaft integrieren, ihre Werte einer Religion anpassen,
die gemäß den eigenen Angaben von Jozef Niewiadomski im 16. und 17.
Jahrhundert stehen geblieben und gewaltaffin sei. Die "nicht vorhandene
Integration von Migranten oder das Auseinanderklaffen im sozialen Status zwischen
Migranten und Nichtmigranten", könnten nur über eine Kultur,
"die von Achtung und Solidarität" getragen ist, aufgelöst
werden.
Somit hätte das aufgeklärte Frankreich ihren Status
aufzugeben und sich an religiöse Verhältnisse des 16. und 17. Jahrhunderts
anzupassen, also z.B. Zeitschriften wie Charlie Hebdo vorbeugend zu verbieten.
An Migranten Bedingungen zu stellen, wie es etwa die klassischen Einwandererländer
wie USA, Kanada oder Australien machen, wo Sprachkenntnisse, Schul- und Berufsausbildungen
verlangt werden, ist unzulässig. Migranten aus vorvorgestrigen Welten
müssen in ihrer Welt von vorvorgestern bleiben dürfen und die europäischen
Eingeborenen müssen 500 Jahre Unterschied mit Achtung und Solidarität
tragen.
Das wird die sowieso schon längst deutlich erkennbaren Konfliktbereiche
weiter eskalieren lassen. Im hochentwickelten Kapitalismus hat mit dem Konkurs
der Sowjetunion der Klassenkampf mit dem Endsieg der Ausbeuterklasse geendet.
Die Gesellschaft beginnt sich nun in Europa neu zu teilen: in die Teile der
einheimischen arbeitenden Bevölkerung, die etwas zu verlieren haben und
in die Teile, die aus dem Gestern zuwandern und meinen, mit ihrer mittelalterlichen
Ideologie letztlich alles gewinnen zu können.
Es bedarf dabei gar
nicht mehr eines scharfen Rechtsextremismus: Menschen, die nicht bereit
sind, sich in eine zugewanderte Welt von Gestern zu integrieren und gegenüber
Migranten, die selber nicht bereit sind, in den Einwanderungsländern tatsächlich
anzukommen, eine ablehnende Haltung einnehmen, werden zwangsläufig mehr.
All die von pseudolinker Seite kommenden Moralbefehle verlieren zunehmend
an Wirkung, die Masse der arbeitenden Menschen ist längst zur Masse der
Kleinbürger geworden und sie haben was zu verlieren: den gesicherten Sozialstaat,
die errungenen Positionen eines bescheidenen Wohlstandes, den eigenen Status
in der Gesellschaft, das eigene Wertesystem in welchem religiöse Dinge
keine sehr große Bedeutsamkeit mehr haben: Sie haben weder Ketten zu
verlieren, noch eine Welt zu gewinnen, wie es Karl Marx am Schluss des "Kommunistischen
Manifests" dem Proletariat verkündete, aber sie haben ihre Welt zu
verlieren und zu befürchten, ständig neue zusätzliche Ketten
angelegt zu bekommen.
Die europäische Zukunft steht darum an einer
Bruchklippe. Wenn weiterhin von den gerne als "Gutmenschen" titulierten
Kreisen von der Masse der Bevölkerung persönliche Opfer verlangt werden,
also ideologische Anpassung an vorgestrige Religionssysteme, großflächige
Kostenübernahmen für Integrationsprobleme, Verluste bei den gewohnten
Werten und Verhältnissen, Forderungen nach Aufgabe eigener Identitäten,
dann wird sich der jetzt bei den Pegida-Demos ertönte Ruf "wir sind
das Volk" auf immer größere Kreise ausdehnen und das heutige
Europa wird zu einem Europa konservativer Verteidiger des Gewohnten, aber als
bedroht Erscheinenden werden. Die Forderungen, sich selber Ketten anlegen
zu müssen, damit islamische nichtintegrationsfähige Zuwanderer zu
einer europäischen Bereicherung glorifiziert werden können, sind der
Punkt, wo große Teile des Volkes einfach nimmer mitmachen werden und sich
daran erinnern, dass nicht die Regierung das Volk, sondern das Volk die Regierung
wählt.
Wie Karl Marx gesagt hat, wird das Bewusstsein vom Sein
bestimmt und nicht von irgendwelchen Parolen oder moralischen Vorgaben und Wünschen.
Wenn immer mehr Menschen in ihrem Dasein das Gefühl entwickeln, das sei
nicht mehr ihre Welt, dann werden sie bewusst für eine Rückkehr in
diese ihre Welt eintreten.
Dass sich in ganz Europa rechtspopulistische
Gruppierungen vermehren, hat ihre Ursache eben in den Lebenslagen von Menschen:
in ihren Ängsten, Befürchtungen und echten oder vermeintlichen Bedrohungen.
Solange die liberale Mitte und die sogenannte Linke zu dumm bleiben, das
zu begreifen, arbeiten sie an der weiteren Stärkung ihrer Gegner. Und sie
werden es unbeabsichtigt dann wohl erleiden, ein rechtskonservatives Europa
zu bekommen, das mit den Dingen Schluss macht, die heute immer mehr Menschen
als ideologisch aufgedrängte angebliche gesellschaftliche Bereicherungen
nicht mehr akzeptieren, sondern als persönliche Bedrohungen erleben. Was
wohl bis einschließlich eines Bürgerkrieges zwischen Eingeborenen
und nicht integrierbaren Einwanderern gehen kann. Wenn in manchen Städten
(speziell in England schon recht verbreitet) Islampatrouillen durch die Straßen
ziehen, könnten bald antiislamische Freiwillige dagegen aufmarschieren.
Dann haben wir den Scherm auf und die realitätsblinden Moralaposteln
werden immer noch nicht verstehen, warum...