Keine katholischen Karnickel?

Jedenfalls soll es nach der Meinung von Papst Franz keine katholischen Karnickel mehr geben. Auf dem Rückflug von den Philippinen am 19.1.2015 sagte er, "manche Menschen glauben - entschuldigen Sie den Ausdruck -, dass sich gute Katholiken wie Karnickel vermehren müssen". Es sollte das Prinzip der "verantwortungsbewussten Elternschaft" gelten, Eltern könnten die Zahl ihrer Kinder planen.

Screenshot aus der Zeit im Bild 1 vom 20.1.2015

Der vatikanische Franz hatte natürlich in der 3. Welt die Beobachtung gemacht, dass dort die Geburtenrate weitaus höher ist als in unseren Breiten. Was wohl eher mit archaischen Traditionen zusammenhängt, viele Nachkommen dienten als Daseinsicherung. Heute ist die Kindersterblichkeit viel geringer und darum ist der Kinderreichtum in vielen Gegenden längst von einem Segen zu einer Gefahr geworden, weil mehr Esser auch mehr Ressourcen brauchen, die oft nicht da sind. Mit der katholischen Lehre vom Verbot "künstlicher" Verhütungsmittel hat das wohl eher erst in zweiter Linie zu tun. Aber der Nachwuchs sollte nun auch nach Papstansicht geplant werden.

In meiner Familiengeschichte gab es einstens auch solche katholische Karnickeltraditionen. Der Vater meiner Mutter zeugte 18 Kinder. Nicht als Altersversorgung, sondern weil er "der Sache freien Lauf" ließ, weil er "sein Gewissen nicht belasten" wollte, wie eine Aussage von ihm innerfamiliär überliefert wurde. Die wirklich gute Sache davon war, dass meine Mutter das 18. und letzte von ihm gezeugte Kind war und meine Existenz somit auch vom Sündenfürchten meines Großvaters verursacht wurde. Hätte er wie die Großeltern väterlicherseits nach drei Kindern die Fortpflanzung eingestellt, eine Menge Leute lebten dann nicht, einschließlich meinereiner. Aber ich wüsste ja nichts von meinem Nichtleben und könnte mich auf dieser Homepage auch nicht deswegen beklagen!

Früher galt es auch als Sünde, dem biblischen Onan zu folgen. Zitat dazu: 1. Buch Mose, Kapitel 38, 8-10: "Da sprach Juda zu Onan: Gehe zu deines Bruders Weib und nimm sie zur Ehe, dass du deinem Bruder Samen erweckest. Aber da Onan wusste, dass der Same nicht sein eigen sein sollte, wenn er einging zu seines Bruders Weib, ließ er's auf die Erde fallen und verderbte es, auf dass er seinem Bruder nicht Samen gäbe. Da gefiel dem HErrn übel, was er tat, und er tötete ihn auch."

Den Bruder hatte der HErr wegen irgendwelcher Sünden bereits vorher getötet, damals war es jedoch eine soziale Pflicht, dass die Brüder für einen ohne Nachkommen verstorbenen Bruder mit dessen Witwe Kinder zeugen müssten, die dann als Nachkommen des Toten galten. Onan lebt heute hauptsächlich im Wort "onanieren" weiter, obwohl er ja gar nicht gewichst hatte, sondern einen Coitus Interruptus ausführte. Darum galt in katholischen Kreisen nicht nur das Wichsen (genannt "Selbstbefleckung") als Sünde, sondern auch der Samenerguss außerhalb der Scheide. Mein Großvater vermied diese Sünde.

Heute scheint es so zu sein, dass Onans Vergehen katholisch nimmer als Sünde gilt.
Schließlich muss ja heute auch kein Bruder mehr die Witwe eines verstorbenen Bruders befruchten. Onan hatte eine Sünde der damaligen Zeiten begangen, er hatte seinem Bruder die Zeugung legitimer Nachkommen verweigert. Heute dürfen Katholiken nicht nur die weiblichen Empfängniszeiten vermeiden, sie dürfen sogar auch den Coitus interrupen.

Die Karnickel-Aussagen des Papstes ließen jedoch sofort Vermutungen auftauchen, er wolle die berüchtigte Enzyklika "Humanae Vitae" vom Pillen-Papst Paul VI. abschaffen und den Katholiken Präservative, Antibabypillen etc. gestatten.
Was sicherlich bei hiesigen Katholiken keine Rolle spielen wird, weil schließlich wurde in Österreich und Deutschland (und auch in anderen Ländern) das Pillenverbot bereits kurz nach dessen Verhängung 1968 von den Bischofskonferenzen abgeschafft, weil sie die Verwendung von Verhütungsmittel dem "Gewissen" der Katholiken unterstellten, also sündenfrei machten (Mariatroster und Königsteiner Erklärung).

Aber heute ist es in Europa sowieso knapp 100 % der Katholiken egal, was die Kirche diesbezüglich lehrt. Im Oktober 2015 gibt es den zweiten Teil der katholischen Bischofsynode in Sachen Familie und Sexualität, nachdem Papst Franz auf der Synode 2014 praktisch gar keine Veränderungen durchgebracht hatte, will er möglicherweise heuer die Sache auch öffentlich besser vorbereiten. Im Oktober werden wir's sehen.

Aus Deutschland gibt es übrigens zur Papstaussage sogar einen Protest vom Kaninchenzüchterverband, dessen Präsident Erwin Leowsky seine Kaninchen verunglimpft sah und darum sagte, "er sollte vielleicht mal darüber nachdenken, solche Redensarten gehen zu lassen und dafür die Verhütung freigeben. Das wäre meiner Meinung nach eher angebracht, als solche dummen Sprüche loszulassen".