Obrigkeitlich verordnete Stille

In Österreich dürfte es nur noch in Kärnten religiös motivierte Veranstaltunsgverbote geben, dort hat seinerzeit Jörg Haider - als er seine FPÖ auf "christlich" umsattelte - entsprechende landesgesetzliche Gebote erlassen.
In Deutschland ist das viel schlimmer, dort breitet sich gesetzlich vorgeschriebener religiöser Gesinnungsterror über mehrere Bundesländer, am 2.4.2015 schrieb Wilfried Müller über die bayrischen Zustände auf diesem Gebiet auf wissenbloggt.de:

Eigentlich müsste dieser Artikel am 1. April kommen, dermaßen daneben sind die Inhalte. Es geht um ein besonders rückständiges bayerisches Gesetz, in dem die Obrigkeit einen Zwang zum katholischen Wohlverhalten durchsetzen möchte.

Auch andere Bundesländer schmücken sich mit rückständigen Regelungen zu den "Stillen Tagen". Das BayFTG (Bayerisches Feiertagsgesetz) verteidigt seine Spitzenposttion mit einer ganzen Latte von katholischen Stillen Tagen für alle:
Art. 3 – Stille Tage
(1) 1 Stille Tage sind:
Aschermittwoch,
Gründonnerstag,
Karfreitag,
Karsamstag,
Allerheiligen,
der zweite Sonntag vor dem ersten Advent als Volkstrauertag,
Totensonntag,
Buß- und Bettag,
Heiliger Abend.
Der Schutz der stillen Tage beginnt um 2.00 Uhr, am Karfreitag und am Karsamstag um 0.00 Uhr und am Heiligen Abend um 14.00 Uhr; er endet jeweils um 24.00 Uhr.

(2) 1 An den stillen Tagen sind öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen nur dann erlaubt, wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist. 2 Sportveranstaltungen sind jedoch erlaubt, ausgenommen am Karfreitag und am Buß- und Bettag. 3 Am Karfreitag sind außerdem in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen jeder Art verboten.
(3) 1 Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr kann aus besonderem Anlaß, der eine Staatstrauer gebietet, weitere Tage durch Verordnung einmalig zu stillen Tagen erklären. 2 In die Verordnung können auch die in Absatz 2 Sätze 2 und 3 vorgesehenen Beschränkungen für Karfreitag aufgenommen werden.

(4) Die Vorschriften des Art. 2 bleiben unberührt.

Der "ernste Charakter" muss gewahrt bleiben, die Religionsfreiheit nicht. Es geht schließlich darum, während der "ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes vermeidbare lärmerzeugende Handlungen" in Kirchennähe zu vermeiden. Die paar Leutchen in der Kirche zählen mehr als die Allgemeinheit. Wenn die dagegen verstößt, bringt das katholische Gesetz schweres Geschütz in Stellung:
Art. 7 – Ordnungswidrigkeiten
Mit Geldbuße bis zu zehntausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1. entgegen Art. 2 Abs. 1 an Sonntagen oder gesetzlichen Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten ausführt, die geeignet sind, die Feiertagsruhe zu beeinträchtigen,
2. entgegen Art. 2 Abs. 2 während der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes vermeidbare lärmerzeugende Handlungen in der Nähe von Kirchen und sonstigen zu gottesdienstlichen Zwecken dienenden Räumen und Gebäuden vornimmt, soweit diese Handlungen geeignet sind, den Gottesdienst zu stören, oder öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen oder Treibjagden durchführt,
3. entgegen Art. 3 Abs. 2

a) an den stillen Tagen öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen, bei denen der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter nicht gewahrt ist, durchführt,
b) am Buß- und Bettag Sportveranstaltungen durchführt,
c) am Karfreitag Sportveranstaltungen durchführt oder in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen erbringt,
4. einer auf Grund Art. 3 Abs. 3 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, sofern sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
5. entgegen Art. 4 Nr. 1 während der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes von 7.00 Uhr bis 11.00 Uhr vermeidbare lärmerzeugende Handlungen in der Nähe von Kirchen und sonstigen zu gottesdienstlichen Zwecken dienenden Räumen und Gebäuden vornimmt, soweit diese Handlungen geeignet sind, den Gottesdienst zu stören,
6. entgegen Art. 6 Abs. 2 an israelitischen Feiertagen während der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes in der Nähe von Synagogen oder sonstigen, der israelitischen Kultusgemeinde zu gottesdienstlichen Zwecken dienenden Räumen vermeidbare lärmerzeugende Handlungen vornimmt, soweit sie geeignet sind, den Gottesdienst zu stören, oder öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel, Auf- oder Umzüge durchführt.


Interessant ist die Aufnahme der zahlenmäßig irrelevanten israelischen Kultusgemeinde, auch die israelitischen Feiertage sind geschützt (sofern sie jemand kennt). Der Gottesdienst darf nicht gestört werden – und niemand fragt nach Lärmschutz gegen das Gebimmel der Kirchenglocken.

Siehe auch Hasenfest 2015 – Tanzverbot abschaffen – Deutschland ist kein Kirchenstaat

Soweit von wissenbloggt - was kann man dazu homepagemäßig machen?
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